NP - Rungholt: Der Strand

Inzwischen hatte sich Marlon stur auf einen Stein gesetzt, in der Bereitschaft, jeden, der ihm irgendwie zu nahe kam, eine Reinzuhauen oder wenn nötig auch zu verhexen. Klar, ausgebildete Heiler hätten Marlon eventuel etwas helfen können, doch er ertrug lieber ein paar Schmerzen, als das, was seine Familie wohl mit ihm tun würde, wenn bekannt wurde, dass er vor der Öffentlichkeit alte Magie eingesetzt und sich dabei erwischen lassen hatte. Immerhin waren die rechtlichen Folgen für den Einsatz verbotener Magie sehr schlimm und würden seiner Familie wohl sehr viel Einfluss kosten und Marlon wusste, was das für ihn bedeutete.

Durch seinen Stammbaum zog sich seit Jahrhundeten eine Blutige Linie. Eine Linie aus dem Blut all derer, die es gewagt hatten, den Namen Mondgold zu verraten, in den Dreck zu ziehen oder mit Schande zu besudeln. Auf keinen Fall würde Marlons Blut bald dazu gehören. ''Jetzt verschwindet endlich! Kann mir mal bitte jemand hier helfen? Die sind ja wie Geier! Relaschio!'' ein magischer Schlag half Marlon, den Heiler von sich losreißen zu können, der soeben die Decke nehmen wollte, doch die anderen dachten nich daran, ruhe zu geben. ''Es reicht! Ich will meine Eltern sprechen! Keinen Schritt mehr! Hilf mir mal bitte wer hier?!''

Marlon wurde von immer mehr Heilern umzingelt. Auf Norah kam nur ein junger Mann zu.
"Geht es dir gut Kleines? Brauchst du Hilfe oder eine Decke, irgendwas?" Norah lächelte den Mann an. "Das ist sehr lieb von Ihnen, aber danke, nein. Mir geht es gut." Das Mädchen unterlegte ihre Antwort noch mit einem frechen Zwinkern und ging Richtung Marlon, der sich auf einen Stein gesetzt hatte. Dank ihrer geringen Körpermaße gelang es Norah, sich unter den Armen der diskutierenden Heiler durchzuschlängeln.
"Ich würde mich bereiterklären Marlon zum Krankenzimmer zu begleiten. Ich glaube, dort ist er besser aufgehoben, als hier in diesem ganzen Stress." Die Heiler und Heilerinnen starrten sie perplex an und konnten so schnell nicht handeln, wie Norah sich in Marlon einhakte und mit ihm von dannen schritt.
Sie zwinkerte ihm zu und fragte grinsend: "So wo will der Herr denn hin, wenn er offensichtlich nicht medizinisch behandelt werden will?"

Coco nahm dankend ihren Zauberstab an, den Armin ihr aus dem Wasser geholt hatte und gab sich empört: „Ein Tollpatsch? Aber nein. Aller höchstens ein Schussel.“ Sie wischte den nassen Zauberstab an ihrer Hose trocken uns steckte ihn wieder ein. Dann schaute sie sich neugierig am Strand um. Einige Schüler waren inzwischen zum Heiler gebracht wurden, andere saßen in kleinen Grüppchen zusammen oder liefen ein wenig ziellos umher. Was für eine Aufregung das gewesen war. Mehrfach hatte Coco sich gedacht, dass sie die restlichen Tage vor den Ferien doch zu Hause hätte verbringen sollen. Letztendlich war es aber eine gute Erfahrung gewesen.
Auf Leonards Worte hin nickte sie nur, ehe dieser wieder davon zog. Coco zog die Jacke fester um sich und wartete darauf, dass einer der Lehrer sich endlich bei den Schülern meldete.

''Vai a cagare, idiota! Ich hetzt meinen Großvater auf euch also lasst mich in Ruh....'' plötzlich zerrte etwas - jemand - an ihm und ehe er sich versah, war er endlich diese lästigen Heiler los. Ein kurzer Blick genügte, um diesen Jemand als das Mädchen zu entlarven, das bereits mit ihm und Domi auf dem Irrlichterschiff gewesen war. ''Mille grazie! Ich hab schon gedacht ich werd die nie mehr los! Das die einfach nicht verstehen, dass ich.....ehem..völlig in Ordnung bin!'' er versuchte trotz des Schmerzes ein Lächeln über die Lippen zu bringen.

''Übrigens, dass ich Marlon bin, scheinst du ja aus irgendeinem Grund schon zu wissen, aber wie heisst du eigentlich?''eindringlich betrachtete er das Mädchen vor sich noch einmal. Sie schien ihm ziemlich dunkel, wahrscheinlich war sie, wie er auch, eigentlich aus Südlicheren Ländern. Doch sie schien ebenfalls auf Rungholt zu sein. Eigentlich müssten sie auch Unterricht miteinander haben, doch im Moment wollte es Marlon einfach nich einfallen.

"Ja, Dominic hatte dich so definiert", lachte die Kleine, "Ich bin Norah." Die Brünette hielt kurz an und reichte dem Jungen scherzhaft ihre Hand. Sie lächelte schief und schaute Marlon tief in die Augen.
Dann verschwand ihr Lächeln, sie schaute nach unten und strich sich ihren Pony aus dem Gesicht. "Ich weiß, du willst aus irgendeinem Grund deinen Arm nicht den Heilern zeigen, aber ich hab ihn gesehen und das sah echt schlimm aus", sie seufzte, "Ich will eigentlich nur sichergehen, dass du weißt was du tust und nicht auf einmal neben mir umkippst. Ich will dich nicht wieder durch die Gegend schweben, das hab ich heut schon genug."
Sie untermalte letzteres mit einem Zwinkern und schaute dennoch besorgt zu Marlon, in der Erwartung, dass er jeden Moment zusammenklappte.

Schreck huschte über Marlons Gesicht, als Norah bemerkte, seinen Arm gesehen zu haben. ''äh....der Arm?!...ehem....ach das ist absolut gar nichts....hab ich öfters Mal, ist wirklich nichts Weltbewegendes....nur...äh...naja ein wenig unangenehm, wenn das jemand sieht, weisst du?....aber egal jetzt...'' ich schätze mal, das geht so durch....hoffentlich hakt die nicht nach...dan brauch ich ne gute Erklärung...

''Ähm....sag mal Norah....was ist eigentlich genau auf dem Schiff passiert? Ich kann mich nicht an wirklich viel erinnern, weisst du....hab ich irgendwas ungewöhnliches gemacht, oder nur rumgeelegen? Und war da noch etwas, abgesehen von deen Irrlichtern?'' der Blonde konnte sich nicht daran erinnern, den Parasitenfluch eingesetzt zu haben. Er musste die Umstände erfahren! Nervös musterte er das Mädchen vor ihm.

Marlon stotterte herum und seine Ausführungen waren offensichtlich gelogen, aber Norah hakte nicht nach. Irgendwie wollte sie nicht wissen, was mit seinem Arm war, dennoch fühlte sie sich irgendwie verantwortlich. Deshalb beantwortete das Mädchen Marlons Fragen wahrheitsgemäß.
"Naja, ich war in der Zelle neben Dominic und hab mich zu ihm hinüber gesprengt. Dann sind wir gemeinsam unter Deck rumgelaufen und haben nach dem Ausgang gesucht. Dann hat uns plötzlich etwas angegriffen. Wir dachten es wären Irrlichter und feuerten zurück. Naja irgendwann hatten wir unseren Gegner ausgeschaltet, also sind wir hingegangen. Und Dominic hat dich erkannt. Wir hatten uns also mit dir duelliert. Dann haben wir dich an Deck genommen und sind durch den Nebel, dann hab ich bei dir... " , Norah verstummte und errötete leicht, was ihr Teint etwas verbarg, "ääh, den rest weißt du sicherlich."

Innerlich begann er zu zittern. Er hatte sie angegriffen? Deshalb hatte er den Parasitenfluch eingesetzt? Ein richtig schlechtes Gewissen überfiel den Blonden. Wenn er an die Visionen dachte, die er gehabt hatte, dann wollte er gar nicht wissen, was er ihnen noch für schwarzmagische Albträume an den Hals gehetzt hatte. Bei solchen Trugbildern würde es ihn nichtmal wundern, wenn er mit den Unverzeilichen Flüchen um sich geworfen hätte. Grauenhaft! Und was, wenn das rauskam? Von der Schule fliegn würde er auf jeden Fall! "Ich....ich hoffe euch ist nichts passiert....ich hab doch nicht mit schlimmen Flüchen um mich geworfen, oder? Wurde einer von euch verletzt?"

Doch bereits kurz auf seine Sorge folgte ein lächeln, als er hörte was Norah weiter erzählte und als er ihren verschämten Gesichtsausdruck sah. Ein breites grinsen huschte über sein Gesicht. "Ja daran kann ich mich noch ganz gut erinnern. Schätze mal sowas vergisst man nicht...."

"Nein, nein, uns ist nichts passiert. Wir... oder eigentlich eher ich hatte eher ein schlechtes Gewissen wegen Dir. Schließlich warst du bewusstlos.", versuchte Norah den Blonden mit einem Lächeln zu beruhigen. "Ich weiß gar nicht genau, was du gezaubert hast. Vor allem Schockzauber, denke ich, aber ist ja auch egal..."

Die Brünette strich sich leicht peinlich berührt die Haare aus dem Gesicht. "Naja, wenigstens hat es funktioniert, nicht wahr?... Und sag mal, bist du Südländer? Du sprichst ja ständig in einer anderen Sprache."
Norah schaute ihn an "Was heißt Angelo?"

Schockzauber...Auch wenn Marlon das nicht ganz glauben wollte, es war gut zu wissen, das niemand verletzt worden war. Wie hätte er das auch verantworten können? "Ja es hat funktionier. Definitiv." Marlon grinste weiter. "Naja meine MUtter stammt aus Italien und da hab ich auch bis vor ein paar Monaten noch gelebt. Ich hab zwar von klein auf von meinem Vater Deutsch gelernt bekommen, aber wenn alle anderen um einen herum nur Italienisch sprechen, gewöhnt man sich an diese Sprache wohl eher. Deshalb bring ich auch ab und an die Sprachen ein wenig durcheinander und spreche mit Akzent..."

"Kann das sein, dass du auch irgendwie aus Italien, Spanien oder irgendwo von da kommst? Du siehst zumindest so aus." kurz lächelte Marlon ein wenig verschämt, dann faste er sich mit der rechten Hand in den Nacken und sah nach oben in den Himmel, ehe ihm ein Grinsen über das Gesicht schlich. "Angelo bedeutet Engel....." Noch immer grinste er den Himmel an. Er wusste ganz genau, wieso sie das fragte. Wann er es gesagt hatte.

Norah lachte. "Nein, das denken viele, aber ich habe eigentlich keine nahen Verwandtn aus dem Süden. Außer vielleicht ein paar von den Veela-Cousinen weiß Gott wie vielten Grades aus Südfrankreich. Meine Eltern sehen auch ganz 'normal' aus,", sie deutete mit ihren Händen zwei Gänsefüßchen an, "aber mein Bruder und ich sehen komischerweise aus wie Südländer. Warum weiß ich nicht."

Das Mädchen beobachtete Marlon kurz bevor er antwortete. Als er sich verlegen in den Nacken griff, spannten sich dort die Muskeln an. Da der Junge gen Himmel schaute, konnte sie ihn weiter beobachten. Die Art wie er grinste und dabei ein paar spitze Eckzähne entblößte, seine Bewegungen, das alles gefiel Norah. Als er dann antwortete lächelte sie über das kleine Kompliment, welches der haluzinierende Marlon ihr vorhin gemacht hatte.
Normalerweise würde ihr so etwas nichts bedeuten. Kleines, Süße, Engel, Mäuschen so wurde sie oft betitelt. Und die meisten Komplimente überhörte die Kleine mittlerweile. Aber bei Marlon war das irgendwie anders und das faszinierte sie.
Norah blickte ihm ins Gesicht und suchte seinen Blick.

Der Blonde drehte sich wieder zu Norah um. Ihm war nicht entgangen, dass sie ihn die ganze Zeit angestarrt hatte. Auch er sah ihr nun genau in die Augen. Fließende Schockolade. Marlon war gar nicht bewusst, dass 'gewöhnliche' braune Augen so faszinierend aussehen konnten. "Das klingt jetzt komisch, aber hat dir schonmal wer gesagt, dass du wunderschöne Augen hast?" //Madonna mia, war das jetzt kitschig!// wie verloren starrte er weiter in ihre Augen. Als hätten sie etwas hypnotisierendes an sich. MArlon fühlte sich fast schon wieder wie bei dem Irrlichterangriff, doch das war anders....es war angenehm...es gab ihm Ruhe und Marlon wollte gar nicht aus dieser Ruhe herauskommen. Verträumt sah er Norah immer weiter an.

Marlon drehte sich zu ihr um und schaute ihr direkt in die Augen. "Das klingt jetzt komisch, aber hat dir schonmal wer gesagt, dass du wunderschöne Augen hast?", fragte der Blonde.
Norah war positiv peinlich berührt, was ihr noch nie untergekommen war. Sie wollte weggucken, weil sie erneut spürte wie ihr die Wärme ins Gesicht schoss, aber es lag eine Spannung in Marlons Blick, dass es ihr nicht möglich war. Und allerdings, das hatten ihr schon so viele Menschen gesagt, dass Norah sie nicht an einer Hand hätte abzählen können. Dennoch hatte sie das Gefühl, dass es keiner so ernst gemeint hatte wie Marlon. Um den Jungen nicht zu kränken, das wollte sie auf keinen Fall, sagte sie jedoch:
"Vielleicht, aber nicht so süß wie du", sie lächelte verlegen, "und ich kann das nur erwidern. Deine Augen sind auch faszinierend. So blau wie das Meer..." Gegen Ende des Satzes wurde das Mädchen leiser und schaute kurz auf ihre Hände. " Ich sollte aufhören diese schnulzigen Romane zu lesen... Blau wie das Meer... tzz"
Sie schaute wieder auf, um zu gucken, ob sie sich nun vollkommen blamiert hatte.

Norah bemerkte, dass sie und Marlon nun schon ein ganzes Stück gegangen waren. "Öhm... wo wollen wir denn nun hin?", fragte sie lachend und wollte damit auch die ungewohnte Spannung aus der Luft nehmen.

"Oh...äh....ja gute Frage, wo wollen wir denn nun hin?" Jetzt wurde es tatsächlich unangenehm. Mitten im flirten, lenkte Norah vollkommen ab, was wohl zu bedeuten hatten, dass es ihr ebenfalls unangenehm sein musste. Marlon ging gleich wieder auf etwas mehr Abstand. "Also ich...um ehrlich zu sein, möchte ich einfach nur noch ins Bett. ein schönes und vor allem warmes Bad nehmen oder kochend heiss duschen und dann nicht mehr aufstehen, bis die mich morgen auf die Fähre schleifen." Bei der möglichkeit konnte er dann auch endlich mal gehörig in sein Kissen schreien, was er tortz der höllischen schmerzen seines Armes bis jetzt unterdrückt hatte. Sonst schmerzte es nie so. Aber bis jetzt waren auch jedes Mal, wenn er den Fluch trainiert hatte, andere Mondgolds in der Nähe, die genau wussten, wie man mit dem Preis für den Fluch umzugehen hatte.

Das hob die wirkung zwar nicht auf, doch es linderte die scmerzen, bis der Fluch nach Wochen abgezogen war. Aber selbst wenn die Heiler etwas hätten tun können, er hätte nicht zu ihnen gehen können und auch zuhause würde er schlecht jemandem sagen können, dass er diesen Fluch angewandt hatte. Vielleicht würde er einfach eine Salbe oder so von seiner Tante klauen oder eben Jerome fragen, egal ob dieser ein hinterlistiges Arschloch war. "Also....hier ist mein Haus....schätze mal, wir sehen uns morgen auf der Fähre, oder? Wenn du magst, können wir ja auch in den Ferien schreiben. Würde mich zumindest freuen....also bouna notte." er zwinkerte Norah noch einmal zu, ehe er in das Haus der Nachtkrabs verschwand.

Als die zwei am Haus der Nachtkrabs angekommen waren, verabschiedeten sie sich von einander.
"Ja, wir sehen uns bestimmt... " Norah strich Marlon am Arm entlang die Hand runter als sie sich aushakte. "Ja, schreib mir, ich würde mich auch freuen.", zwinkerte das Mädchen zurück als er schon auf dem Weg zum Eingang war. "Ähm... Gute Nacht", rief sie ihm noch hinterher in der Vermutung, dass der Blonde das gesagt hatte. Sie winkte kurz und drehte sich tatsächlich etwas verlassen herum und ging zu ihrem eigenen Haus.