Hauptgebäude: Speisesaal

Dominic hatte sich in Seite zwei vergraben mit einem endlos langen Kommentar zum aktuellen Geschehen im Zaubereiministerium, wo ein Abteilungsleiter nach dem Anderen zurückzutreten schien und was das für die Zaubererschaft wohl in nächster Zeit zu bedeuten hatte, als sich jemand ihm gegenüber setzte. Es gab nicht viele Personen, die sich das getrauten und Dominic seufzte leise, wenn er daran dachte, dass wohl gleich Högnis grinsende Fratze hinter der Zeitung lauern würde oder etwas ähnlich erschreckendes. Langsam ließ er die Zeitung ein Stück weit sinken, aber er erkannte wider Erwarten einen lilanen Haarschopf. Der Neuling? 'Womit habe ich denn das verdient?' Dominic hob die Zeitung wieder, bevor er sie erneut ein Stück herabließ, um den Haarschopf einer eingehenderen Musterung zu unterziehen. Er war in der Tat lila. Nein, nicht ausschließlich, es waren auch noch grüne Strähnen darin. Dominic senkte die Zeitung komplett, betrachtete den Neuling für einen Augenblick eingehend, goss sich eine Tasse Tee ein, bestrich ein Brötchen mit Blutwurst und murmelte möglichst neutral "Guten Morgen", da er sogar einigermaßen guter Laune war. Dann trank er einen Schluck Tee und senkte den Blick wieder auf seine Zeitung und las die Überschrift des nächsten Artikels, während er abwartete, ob es eine Antwort geben würde.

Clue seufzte erleichtert, als der Junge, der ihm gegenüber saß, ihn nicht anbrüllte, ihn nicht fragte, was er von ihm wolle und ihn schon gar nicht vor der ganzen Schule blamierte. "Guten Morgen," erwiderte er lächelnd. Natürlich hatte Clue nicht vor, hier jetzt stundenlange Gespräche zu führen, die Hauptsache war doch nur, von kleinen, anstrengenden Mädchen wegzukommen, die seinen Namen nicht kannten und die zu viele Fragen stellten. Es würde schwer werden, wenn sie anfangen würden, Fragen zu stellen. Sicher - Clue hatte sich seine perfekten Antworten schon längst im Kopf zusammengelegt. Er hatte die idealen Ausreden für all die Dinge, die in seinem Leben passierten und doch war er eigentlich kein guter Lügner.

Einen kurzen Moment zögerte Clue. Sollte er es wagen, sich vorzustellen? Doch was würde passieren, wenn der Junge seinen Namen ebenfalls nicht kannte? Dann konnte er nicht aufstehen und abhauen. Vielleicht sollte er es einfach beim Vornamen belassen, wie es die anderen Kinder hier auch taten? "Ich bin Clue," murmelte er leise. Er wusste nicht, ob der Schüler ihn gehört hatte oder ob er zu vertieft in seine Zeitung war. Das wichtigste war jedoch, dass Meo und Jenna ihn nicht hörten. Denn warum sollte er auf jemanden warten, der nicht mal seinen Namen kannte? Ein Grinsen erschien auf Clues Gesicht. Dieser Junge war seine Rettung. Das durfte er jetzt bloß nicht versauen!

"Clue." erwiderte Dominic, hob den Blick und blickte wieder zu dem lilafarbenen Haarschopf mit den grünen Strähnen. Komische Frisur, komischer Name, was kam als nächstes? Wahrscheinlich auch noch umstürzlerischer Vegetarier mit schlechtem Musikgeschmack. Dominic strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und die Zeitung glatt. Er überlegte einen Moment, was er jetzt tun sollte. Er hatte heute den ganzen Tag Zeit, die Zeitungslektüre war also nicht zwingend notwendig. Das Aussehen dieses Jungen erschütterte ihn dennoch.
"Dominic." Er entschied sich dafür, sich erst einmal vorzustellen und dann abzuwarten, was der Kerl von ihm wollte. Schließlich war er zu ihm herübergekommen und hatte sich ihm gegenüber hingesetzt. Dominic blickte in die Richtung, aus der Clue gekommen war. Furchtbar nervtötende Truppe, er konnte verstehen, dass Clue da keinen Bock drauf hatte, auch wenn der Junge irgendwie nicht danach aussah. Das war unnötig kompliziert für eine nähere Betrachtung schon während des Frühstücks und so entschied er, den Neuling anzugucken, seiner Meinung nach erwartungsvoll, um herauszufinden, was er wohl wollte.

"Genau. Klingt komisch, ist aber so," meinte Clue grinsend und zuckte mit den Schultern. Er erwiderte Dominics Blick und fragte sich, was er wohl dachte. Eigentlich war er Dominic eine Erklärung schuldig. Doch als er Dominics Blick folgte, der in die Richtung der Mädchen ging, vermutete er, dass Dominic verstanden hatte, wieso er hier war. Trotzdem hielt er es für besser, es ihm noch einmal zu sagen. Wer weiß, auf was für Ideen die Schüler hier kamen. Clue nickte mit dem Kopf in Richtung Meo. Keine Schuhe! schoss ihm durch den Kopf. Das Mädchen hatte ernsthaft keine Schuhe an! "Ich hab ihnen erzählt, ich würde dich kennen und hätte nur auf dich gewartet," sagte er mit einem erneuten Schulternzucken. Schließlich war das die Wahrheit. Besser Dominic wusste gleich Bescheid. Bevor Jenna und Meo ihm auch noch hierhin folgten. Hoffentlich waren die beiden Mädchen nicht in seiner Klasse!

"Ah." Dominic zog die Brauen hoch. Er musste zugeben, dass das an und für sich eine gute Ausrede war, bezweifelte aber, dass die Mädchen das in genau diesem konkreten Fall glauben würden. Dementsprechend skeptisch sah er auch aus. Er war schließlich nicht für ausufernde Sozialkontakte bekannt. Im Gegensatz zu den Reinblütern hier an der Schule hatte er keine Verwandtschaft an der Schule, die schulpflichtige Verwandtschaft war an anderen Schulen untergebracht.
"Da wirst du ihnen wohl was überzeugendes auftischen müssen, damit sie dir das auch wirklich abkaufen werden." Dominic biss von seinem Blutwurstbrötchen ab. "Normalerweise verlaufen sich kontaktsuchende Schüler nämlich eher zu ihnen als zu mir." Er überlegte einen Moment, was die Mädchen jetzt wohl denken mochten und verdrehte dann seufzend die Augen, weil er einen Gedanken hatte, der ihm überhaupt nicht gefiel. "Oder sie denken sonstwas." murmelte er mehr für sich selbst.

Clue seufzte. Das klang nicht so gut. "Oh. Also keine Chance, dass sie mir trotzdem glauben?" Zögernd drehte er sich zu den Mädchen um. Das war ja wieder mal ein Glückstreffer gewesen! Auch wenn Clue gar nicht verstand, wieso Dominic scheinbar so wenig mit Kontaktfreudigkeit in Verbindung gebracht wurde. Er war eigentlich doch richtig nett und das wichtigste war - er stellte keine nervenden Fragen. Mit dem falschen Fuß aufgestanden! Über was sich kleine Mädchen so alles Sorgen machten. Dann hörte er auf, als Dominic etwas vor sich hinmurmelte. "Was meinst du damit?" fragte er interessiert. Was sollten sie denn denken? Reichte es denn nicht, wenn sie wussten, dass Clue sich den Falschen ausgesucht hatte? Wenn ihnen klar war, dass Clue niemals auf Dominic gewartet hatte?

Dorian sah zu jenna als sie zurück kam. "Was habt ihr mit dem besprochen?" fragte er. "Der ist in meiner Klassenstufe." Er sah Jenna an und sie sah aus als hätte sie ein Problem mit deisem Jungen hatte. Aber warum? Er überlegte kurz und wartete darauf das sie ihm alles erklären würde

"Mhm? Schon gut." erwiderte Dominic kopfschüttelnd. Das würde ihm irgendjemand schon früh genug stecken, im Zweifelsfall Anaximander, auch wenn Dominic darüber nachdachte, ob Anaximander wohl Menschen mit so auffällig gefärbten Haaren wahrnahm. Wenn er das nicht tat, wäre das aber eventuell sogar eine Überlegung wert, es selbst auch einmal zu versuchen, auch wenn es bestimmt genau so furchtbar aussah wie bei Clue. Aber er hätte immerhin seine Ruhe vor Anaximander. Eine grandiose Vorstellung.
Dominic entschied, dass es besser war, das Thema zu wechseln. Gut, er hatte kein Problem mehr damit, dass er schwul war (zumindest war er mittlerweile einigermaßen davon überzeugt, dass dem so war), aber er musste es dem Neuen ja nicht gleich selbst auf die Nase binden. Das ging ihn ja letztlich nichts an und für etwaige Gedanken der Mädels konnte er auch nichts. "Keine Ahnung. Wenn dir was einfällt, vielleicht schon. Du hast dir doch bestimmt was dabei gedacht, was du noch als Grund angeben kannst." Dominic zuckte mit den Schultern. "Ich bin nicht für Probleme verantwortlich, die du dir durch Lügen selbst eingebrockt hast." 'Och, sei doch nicht immer so selbstgerecht. Sei wenigstens mal ein wenig nett, Hohensayn. Pass mal auf, ich zeig dir, wie das geht:' "Aber vielleicht kann ich dir helfen, die Idee passend zu machen." 'Schau an, du hörst auf mich. Verrückte Welt. Ich finde seine Frisur übrigens schick.'

Clue zuckte mit den Schultern. Was auch immer Dominic damit gemeint hatte. Clue würde es sicher noch erfahren, wenn es denn etwas Wichtiges gewesen wäre. Irgendjemand würde es ihm bestimmt erzählen.

Nein, eigentlich hatte Clue sich überhaupt nichts dabei gedacht. Wann hatte er überhaupt zum letzten Mal irgendetwas gedacht? Wäre er doch nur in Berlin geblieben. Dann müsste er sich jetzt nicht mit irgendwelchen Zauberern rumärgern und vor kleinen Mädchen flüchten. Clue seufzte leise, als Dominic plötzlich etwas sagte, womit Clue nicht gerechnet hätte. "Du willst mir helfen?" fragte er erstaunt. Das passte gar nicht zu den Sätzen, die er zuvor gesagt hatte, aber Clue war froh über diesen Stimmungswechsel und lächelte Dominic an. "Naja, ehrlich gesagt.. ich habe mir keine großen Gedanken darüber gemacht. Ich habe einfach all meine Hoffnung in dich gesteckt, dass du mir aus dieser Situation helfen wirst." Ein schiefes Lächeln umspielte seine Lippen. Wieso war er denn auf einmal so gut gelaunt? Vor ein paar Minuten hätte er am liebsten noch jedem in dieser verdammten Schule geschlagen und jetzt? Jetzt saß er hier gegenüber von einem ihm fremden Jungen und bekam gute Laune.

Dominic war selbst nicht weniger erstaunt als Clue, dass er dem seltsamen Fremdling angeboten hatte, ihm irgendwie behilflich zu sein. Normalerweise versuchte er, sich aus jeder Art von Obligation herauszuhalten, wenn es nicht gerade darum ging, mit seinem Wissen anzugeben oder Fragen nachzugehen, die auch ihn interessierten. Aber Dominic gelang es auch, sein Erstaunen zumindest mimisch im Zaum zu halten. Er versuchte, möglichst trocken zu klingen, als er sagte:
"Das habe ich wohl."
Dann legte er den Kopf schief. Clue lächelte ihn an. Dominic fand das Gefühl, bei jemandem positive Gefühle hervorzurufen, die nicht darauf basierten, dass sich die Person über ihn lustig machte, irgendwie beunruhigend. Er rutschte ein wenig auf seinem Stuhl herum, zwang sich dann aber dazu, still zu sitzen und einfach das Beste aus dieser Situation zu machen. Er konnte erstaunlicherweise nicht einmal abstreiten, dass es ihm missfiel. Es war nur unangenehm. Und das ärgerte ihn irgendwie. Er konnte diese ständige Nettigkeit doch eigentlich überhaupt nicht ausstehen. Er biss in sein Brötchen und brummelte. Irgendwie musste man die Situation doch retten können. Vielleicht mit ein wenig Sarkasmus?
"Naja, du wirst doch normalerweise irgendwelche Gründe haben, um dich zu irgendwelchen anderen Leuten zu setzen, die du bereits von irgendwoher kennst. Ich bin kein Hellseher, ich scheitere in dem Fach regelmäßig..." 'Hab ich das grad wirklich gesagt?!' Dominic biss sich auf die Zunge. Schwächen zuzugeben war nicht seine Stärke. Er fuhr entsprechend missmutig fort, weil er unvorsichtig gewesen war. "Jedenfalls kann ich ja nicht sagen, was du sonst so machst. Dein Friseur bin ich nämlich gaaanz bestimmt nicht." Hah! Das musste doch gesessen haben.

Auch Yana war an der Begegnung von Meo und Jenna mit dem neuen Jungen interessiert.
"Sieht eher wie ein Durchgeknallter der Stufe 8 aus. Anzeichen: bunte Haarpracht, die an die Mütze eines Gauklers erinnert und eine Unterhaltung mit Dominic", sagte sie mit einem Seitenblick, der auf den Jungen gerichtet war.
Natürlich konnte sie sich auch täuschen, denn allein das Aussehen war nicht wirklich ein eindeutiges Indiz für Verrücktheit.
"Hoffentlich denken die anderen nicht, dass ich derart oberflächlich bin."

"Mmh.. ja.. die Frage ist dann bloß.. woher könnten wir uns kennen?" fragte Clue grinsend. Da fiel ihm wirklich keine Antwort darauf ein. Dominic sah nicht so aus, wie seine Freunde in Berlin aussahen und selbst wenn er ein Reinblütler wäre - Clue kannte keinen einzigen von ihnen. Die Sache wäre so viel einfacher gewesen, wenn Sven ihm einige Jahre früher gesteckt hätte, dass er zaubern konnte. Dann wäre Clue seit der 5. Klasse hier gewesen und hätte, zumindest in den ersten Jahren, noch Sven als Unterstützung dabei gehabt. Vielleicht hätte er dann sofort einfach die Wahrheit sagen können - dass Sven nicht sein Bruder, sondern sein Cousin war. Doch so einfach war sein Leben nunmal nicht.
"Ach, ich glaube als Hellseher bin ich auch nicht so gut.. ich habs zwar noch nie probiert aber ich glaube..," Clue zuckte mit den Schultern. Hatte er da gerade etwas Falsches gesagt? Noch nie probiert - sollte ein Zauberer das nicht wenigstens schon einmal probiert haben? Doch als Dominic weitersprach, wurde Clue wieder abgelenkt. Er musste lachen! Zum ersten Mal an diesem Tag, dass Clue wirklich lachen musste. "Schade, schade. Das wäre richtig praktisch, wenn ich hier auf dieser Schule meinen Friseur treffen würde." Vor allem wenn er daran dachte, dass die grünen Strähnen von Sternchen stammten. Sie war die letzte gewesen, die seine Haare gefärbt hatte. Das Lila in seinen Haaren stammte von Sturmfeuer, doch auch der würde nie im Leben hier auftauchen. Darüber hatte er sich noch gar keine Gedanken gemacht! Jetzt musste er sich seine Haare wohl oder übel selbst färben. Aber hey - wofür war er Zauberer? Eigentlich war es jetzt sogar einfacher als zuvor. Clue musste nur von irgendjemandem oder irgendwo einen Zauberspruch finden, mit dem man sich die Haare in allen möglichen Farben färben konnte.
Kurz drehte Clue seinen Kopf zu dem Tisch, wo er zuvor gesessen hatte. Ein Mädchen sah gerade zu ihm rüber. Scheinbar sprachen sie also über ihn. Über ihn und Dominic. Vielleicht würden sie es ja trotzdem glauben. Schließlich sah er auch nicht gerade aus wie ein normaler Junge. Und wenn sie ihn für verrückt hielten und Dominic ebenso - dann passte das doch geradezu perfekt.

Jenna lächelte Yana zu. "Ja da hast du wohl Recht. Frag mich warum Dominic ihn noch nicht an geschrien hat." grinsend wand sie sich an Meo. "Also was steht alles an für heute? Was wollen wir unternehmen?" Die Frage war sowohl an Dorian als auch an Meo gerichtet.

"Ich brauch noch Federkiele. Also müsste ich zu einem Laden, aber du kannst auch gerne den ganzen Tag mit Dorian verbringen." grinnste Meo. Yana war auch dazu gestoßen und Meo sagte, als sie sich hinsetzte, zu ihr: "Hallo. Ich werde heute nicht so viel sprechen wie gesten. Es sein denn du willst das." Sie grinnste Yana an. Selbst sie fand das sie an dem Tag zu viel gequatscht hatte.

Dominic zuckte erneut mit den Schultern. "Den Friseur, der das Malheur angerichtet hat, würde ich ja nicht an meine Haare lassen." erwiderte Dominic schulterzuckend und versuchte, sich solch eine Frisur auf seinem Kopf vorzustellen - es würde grauenvoll aussehen. "Sieht aus wie eine ansteckende Krankheit." Dominic legte den Kopf schief. "Verwandtschaft? Gleicher Wohnort? Urlaubsbekanntschaft? Du musst schon ein wenig erzählen, wenn ich schon helfen soll." Dominic klang ein wenig mürrisch. Er hatte sich das zwar selbst eingebrockt, aber genau das war irgendwie das Problem, denn so konnte er sich nicht einfach aus der Affäre ziehen und einfach ausfallend werden.

"Findest dus so schlimm?" fragte Clue, immer noch grinsend. "Dann sollte ich wohl lieber aufhören mit Haare färben?" Er zwinkerte Dominic zu. Dann würde sich auch das Problem mit dem passenden Zauberspruch lösen. Und vermutlich hatten reinblütige Zauberer keine buntgefärbten Haare. Der Junge zuckte mit den Schultern. "Ich komm aus Berlin. Und in Urlaub war ich das letzte Mal als kleines Kind. Na gut, das muss ja keiner wissen." Jetzt war die Gelegenheit, seine perfekt ausgedachte Lüge auszupacken. Jetzt oder nie. "Verwandschaft.. naja. Vielleicht könnten wir uns ja auch über meinen Bruder kennen. Sven Zandor." Ehrlich gesagt hatte Clue keine Ahnung, wie bekannt sein Bruder bei Zauberern war, aber er hoffte einfach, dass dieser Name Dominic etwas sagen würden. "Er war früher auch hier," fügte er vorsichtshalber noch hinzu.

Dominic nickte. "Wenn du dich nicht total zum Affen machen willst, wäre es wohl besser." Dominic fragte sich auch, wie man überhaupt auf die Idee kommen konnte, sich die Haare lila zu färben und dann auch noch grüne Strähnen da hineinzusetzen. Zugegeben, er hatte das bei sich daheim auch schon gesehen, aber auch da hatte er das schon nicht verstanden. Er goss sich Tee nach, während er kurz nachdachte, ob der Name Sven Zandor ihm irgendetwas sagte.
"Kenne ich nicht. Zandor... Ist das nicht auch so'n Reinblütertrüppchen?" Dominic verzog kurz das Gesicht. In letzter Zeit hatten ihn die meisten meisten Reinblüter an der Schule nur genervt. Gobs, Baccaracus, DeLorenzo... Und Shouky und Högni nervten auch auf ihre jeweils eigene Art. "Dann wird das nichts mit der Verwandtschaft, fürchte ich. Wüsste nicht, wann sich bei uns zuletzt jemand mit nem Reinblüter eingelassen hat." Dominic zuckte mit den Schultern. "Hast du Heiler in der Verwandtschaft?"

"Danke für den Tipp. Dann werd ich damit aufhören," meinte Clue nachdenklich. Dabei war es eigentlich vielleicht praktisch, sich zum Affen zu machen. Dann wollte schließlich wenigstens keiner etwas mit ihm zu tun haben. "Aber erstmal warte ich noch ab - schreckt vielleicht ein paar nervige Leute ab." Er grinste und warf schnell wieder einen Tisch in Richtung Meo. Bei ihr hatten die Haare wohl nicht viel geholfen.
Zögernd nickte Clue. 'Ist das nicht auch so'n Reinblütertrüppchen?' Das klang natürlich nicht so gut. Zumindest würde es bedeuten, dass Dominic kein Reinblüter war. Aber war das denn wirklich so wichtig? Er seufzte leise. Eigentlich spielte es für Clue überhaupt keine Rolle. Er akzeptierte normalerweise jede Art von Menschen. Ob es Ausländer waren, Arme, Reiche, Homosexuelle, Behinderte, Dumme, Schlaue - Toleranz war das Wichtigste überhaupt. Das hatte Clue schon als kleiner Junge gelernt und auch der Rest der Asphaltengel teilten seine Meinung. Was würde es ihm bringen, hier jetzt den Reinblüter heraushängen zu lassen, der er nicht einmal war? Nein, Dominic wollte ihm helfen. Da konnte er jetzt nicht wieder abhauen und eine riesen Szene machen. Sicher würde Clue nicht mit jedem hier etwas zu tun haben wollen - schon gar nicht mit kleinen nervenden Mädchen - aber er wollte nicht zur Reinblüter-Mannschaft gehören.
Fast hätte er sich verplappert, als Dominic nach Heilern in der Verwandschaft fragte, doch im letzten Moment bekam er die Kurve. "Ja, meine Eltern. Meine Mutter ist Heilerin und mein Vater ist Medimagier." Ein schiefes Lächeln erschien auf Clues Gesicht und er hoffte, dass Dominic ihm seine wahren Gedanken nicht ansah.

Dominic legte den Kopf schief und musterte Clue skeptisch. 'Du weißt doch, dass nicht alle Reinblüter fiese Möppe sind. Also konstruier dir jetzt bloß kein Vorurteil, Hohensayn. Außerdem wollen wir dem armen Kerl doch helfen, schon vergessen? Der ist schließlich neu hier, kennt keinen und ist ein paar Schreckschrauben in die Hände gefallen und deshalb bei dir gelandet. Betrachte das doch einfach mal als Zeichen, dass du vielleicht doch kein so übler Kerl bist. Auch wenn das zweifellos allein an mir liegen kann.' 'Was bist du heute eigentlich so eklig gut gelaunt?' 'Heut ist halt ein schöner Tag.' 'Auch wieder wahr.' Dominic seufzte innerlich und rang sich dann ein Lächeln ab.
"Gut, also Heiler. Dann ist die Ausrede eben, dass meine Mutter und deine Eltern Kollegen sind und wir uns von irgendeiner Feier oder von irgend so einer dämlichen Medizinerveranstaltung her kennen. Klingt das plausibel?"

Erleichtert seufzte Clue. "Klingt super," antwortete er grinsend. Sein Rungholt-Leben war bereits jetzt von so vielen Lügen beherrscht, da kam es auf eine mehr oder weniger auch nicht an. Vielleicht würde er in Dominic ja sogar einen Freund finden. Zumindest war es bis jetzt der sympathischste Mensch, den er hier getroffen hatte. Und im Gegensatz zu Dominics eigener Meinung hatte er noch keinen Punkt gefunden, der gegen den Jungen sprach. Noch nicht.. "Aber vielleicht trauen die Kleinen sich ja gar nicht, mich nochmal anzusprechen." Clue lachte. Das wäre immer noch die beste Lösung. Dann müsste er nämlich nicht weiter lügen - zumindest nicht so viel. "Wie ist das hier eigentlich? Da mit den Häusern und so. Wo bin ich nochmal.. Woltinger oder sowas?!" Clue zuckte mit den Schultern. Er hatte sich ehrlich gesagt nicht länger damit beschäftigt.

Dominic nickte zufrieden mit sich selbst. Das hatte er doch großartig gelöst. wer weiß, vielleicht kannte er diesen wunderlichen Clue sogar wirklich irgendwoher. Seine Mutter stand ja auf gemütliche Abendessen mit der Familie und den Familien der Kollegen. Und er wurde natürlich immer wieder dazu gezwungen, dabei anwesend zu sein und den lieben, braven, wohlerzogenen Zweitgeborenen zu spielen. Er hasste es, weshalb er solche Veranstaltungen so weit möglich schnell wieder verdrängte.
"Damit wäre zumindest das Problem gelöst." Dominic griff sich noch ein Brötchen und überlegte, bevor er es mit Hagebuttenmarmelade bestrich. Er war mit seinen Tutoraufgaben alles andere als glücklich und jetzt musste er doch einem Neuling noch Rungholt erklären. Er verzog kurz das Gesicht. "Wolpertinger. Das mit den Häusern ist eigentlich total panne. Es gibt halt drei Häuser, Wolpertinger, Elwetritschen und Nachtkrabs. In den Häusern schläft und lebt man, jedes Haus hat ne Quidditchmannschaft, aber eigentlich interessiert sich da keiner groß für. Die Häuser gibt es wahrscheinlich nur aus Organisationsgründen. Jedem Haus entspricht einem der Langhäuser. Die hast du wahrscheinlich schon gesehen. Das freie Bett im Jungenschlafsaal wird dann deins sein."

Clue nickte. Wolpertinger. Genau. Hatte er doch gesagt - fast zumindest. "Ehrlich gesagt habe ich noch so gut wie gar nichts gesehen. Quidditch.." Clue zögerte einen kurzen Moment. Was war Quidditch gleich nochmal? Plötzlich fiel es ihm wieder ein. Wie Fußball, nur ein bisschen anders. "Naja, nee. Quidditch ist glaub ich eh nicht so mein Ding. Also spielt das auch keine Rolle." Das bedeutete dann, dass die Häuser eigentlich für gar nichts gut waren? Kein Quidditch - nicht wichtig, in welchem Haus man ist. "Man ist dann also nur mit Leuten aus seinem Haus in einer Klasse oder so?" Meine Güte. Das war ja richtig kompliziert hier! Wenn es in normalen Schulen auch verschiedene Häuser geben würde! Jungenschlafsaal. Clue seufzte. Er würde hier also wohl nie seine Ruhe haben. "In welchem Haus bist du?" fragte er vorsichtshalber noch einmal nach. Wenn Dominic auch bei den Wolpertingern wäre, dann wäre es vielleicht noch erträglich. Vielleicht wären sie ja sogar in einer Klasse und wenn Clue viel Zeit mit Dominic verbrachte, würden die anderen ihn einfach in Ruhe lassen und für verrückt erklären. Doch darüber konnte er sich später immer noch Gedanken machen. Jetzt musste er erstmal seinen ersten Tag hier überleben.

"Ich bin bei den Elwetritschen." erwiderte Dominic. Dass Clue offenbar kein Quidditch mochte, machte ihn irgendwie sogar sympathisch. Dass jemand kein Quidditch mochte, war schließlich ausgesprochen selten. Selbst bei den Muggelgeborenen gab es große Begeisterung für diesen Sport und er kannte nur wenige Leute, die sich so wie er überhaupt nichts aus dem Rumgehampel auf Besen machten. Er biss von seinem Brötchen ab, kaute, schluckte und setzte dann zu weiteren Erläuterungen über Rungholt ab und fragte sich, wieso er so wenig wusste. Informierte man sich nicht vorher über die Schule, auf die man gehen wollte?
"Aber an dieser Schule werden alle Schüler aus allen Häusern und Altersstufen gemeinsam unterrichtet. Du teilst dir mit den Leuten aus deinem Haus also nur den Schlafsaal... und die Duschen." Um sich davon abzulenken, dass er bei diesem Thema nervös wurde, blätterte er lieber die Zeitung um. "Ansonsten hast du die ganze Insel für dich. Es gibt auch Orte ohne Nervensägen."

Bei den Elwetritschen also. Das hieß, er wäre im Schlafsaal auf sich selbst gestellt. Aber noch war ja noch gar nichts sicher. Er würde sicher noch ein paar tolle Leute kennenlernen. Zumindest wenn er es überhaupt zuließ. Eigentlich hatte er sich geschworen, niemanden hier an sich ranzulassen und mit niemandem überhaupt zu sprechen. "Oh, das klingt gut." Clue lächelte wieder. Irgendwann würde er sich sicher an der Schule hier auskennen. Schließlich hatte er ein paar Jahre vor sich, wenn er - wie Sven - einmal studieren wollte. Vielleicht sollte er auch Heiler werden, dann würde man ihm noch eher glauben, dass Claire seine Mutter sei. Sven hatte ihm besonders vom Strand vorgeschwärmt. Sobald er die Gelegenheit dazu hatte, würde er sich dort wohl mal umschauen. "Einen Ort ohne Nervensägen habe ich hier ja schon mal gefunden," sagte er grinsend. Zumindest waren keine Nervensägen in Reichweite. Klar, der Speisesaal war sicher kein geeigneter Ort um vor Nervensägen geschützt zu sein, aber Dominics Nähe scheinbar schon. "Du bist jedenfalls ganz und gar keine Nervensäge."

'Was war'n das?' 'Das, Hohensayn, nennt man ein Kompliment. Das ist in etwa genau so wie wenn ich dich einen neurotischen, verklemmten Feigling nenne, nur dass ich die Wahrheit sage und es darum geht, dir eine reinzuwürgen. Komplimente sind gelogen, vor allem wenn es heißt, du seiest keine Nervensäge, aber sie sind eine nette Geste und man freut sich meist drüber. Also los... Freuen!' Dominic spürte, wie seine Ohren rot wurden, als er das Kompliment vernahm. Das war höchst unangenehm. Er hasste es, wenn er rot wurde, egal ob vor Scham oder wie jetzt aus Verlegenheit, deshalb vermied er es normalerweise, in solche Situationen zu geraten. Er hüstelte und suchte nach seiner Contenance.
"Danke." antwortete er möglichst nüchtern und gelassen, obwohl er sich eigentlich darüber freute, was Clue gesagt hatte. Dann begann er wieder zu brummeln. "Aber wenn sich demnächst rumspricht, dass ich nicht jeden auffresse, der sich in meine Nähe traut, könnte es damit vorbei sein. Also kein Wort davon, sonst fress ich dich wirklich. Oder ich jag dir zumindest nen ekligen Fluch auf den Hals. Mit Pickeln und so."