Wassernixe: Unterdeck

Tatjana fühlte ihre Beine nicht mehr, dafür aber die fragenden Blicke der Jungs auf ihr ruhen. DumeineGüte! schoss ihr durch den Kopf, doch sie kämpfte gegen die Nervosität an.

Für Teddy.

„Nicht nötig. Ich brauche nicht lange.“ Um nichts in der Welt wollte sie wirklich allein mit Anjun sein. Sie brauchte Zeugen, falls er sie mit einem Fluch töten wollte oder so etwas. Was würde ihm einfallen, wenn er seine Drogengeschäfte in Gefahr sah? Nein, Zeugen waren definitiv nötig! Dann musste sie halt leiser sprechen.

Mit steifer Miene, geballten Fäusten und abgehakten Schritten ging sie in eine Ecke des Raumes; möglichst weit weg von anderen Schülern. In einer Ecke streckte sie eine Hand aus und hielt sich an der Wand fest. Irgendwie fühlte sich die Wand massiver an, als ihre Knie, trotz dem Seegang. Einen winzigen Moment lehnte sie sich an die Wand und wappnete sich.

Für Teddy.

Sie drehte sich um und wartete auf Anjun. Unbemerkt schluckte sie. Er war nicht nur älter, er war auch etwa einen Kopf größer als sie – und als er sich ihr näherte fühlte es sich nach mehr an. Nein, sie würde nicht daran denken, dass sie jünger war, keine Ahnung von der Schule hatte, ja nicht einmal Freunde hier hatte! Der einzige Gedanke galt Teddy.

Tethys kam nicht dazu etwas über magische Pinguine zu erzählen und auch nicht, sich um Tatjanas deutlich blasse Gesichtsfarbe Sorgen zu machen. Um sie herum war schon wieder ein Gezeter wie auf dem Odenwälder Bauernmarkt. Warum um alles in der Welt mussten die anderen immer gleich so herumzetern? Tethys konnte das nicht nachvollziehen. Und was war jetzt in Tatjana gefahren? "Hm", meinte sie nachdenklich. "Ich hatte eigentlich eher das Gefühl, das ist eine Schüchterne. Aber guckt Euch mal an, wie die da vor Anjun steht... oh und jetzt?" Die beiden wandten sich zum Gehen. Zusammen. "Was geht denn da ab?" Tethys machte große Augen.

//Das Mädchen sieht blaß aus.//, überlegte Anjun, während er mit Tatjana an das andere Ende des Raumes ging. Und die roten Flecken an ihrem Hals und im Gesicht sahen alles andere als gesund aus. Sie war die neue Schülerin der achten Klasse, so viel war ihm klar, aber was war mit ihr und warum war sie so außer sich?

Er versuchte sich zu erinnern, ob er ihren Namen schon mal gehört hatte, doch außer dass er sie eilig zum Klo hatte laufen sehen, konnte er mit ihr nichts verbinden. War sie etwa auch seekrank?

Als sie sich anlehnen mußte und ihre Knie weich zu werden schien, fasste er sie am Arm, um sie zu stützen. „Alles klar mit Dir? Macht dir der Seegang zu schaffen?“ Seine Hand tastete in seine Hosentasche. "Brauchst Du auch etwas?"

//„Was ist?“//

Irritiert runzelt Aaltje die Stirn. "Sag, gehen die Hormone mit dir durch? Was hast du denn für Stimmungsschwankungen! Die beiden werden sicherlich gleich wieder kommen, keine Sorge", spöttelte sie hinterher. Aaltje interessierte das Ganze nun wahrlich nicht. Die Fremde hat sich nicht einmal bei ihr vorgestellt..

//"Sag, gehen die Hormone mit dir durch? Was hast du denn für Stimmungsschwankungen! Die beiden werden sicherlich gleich wieder kommen, keine Sorge"//

Vermutlich hatte sie recht. Bestimmt würde Tatjana gleich wieder kommen und sagen, dass sie nur eine Auskunft von Anjun hatte haben wollen. Doch nun meldete sich auch noch Tethys zu Wort:

//"Hm", meinte sie nachdenklich. "Ich hatte eigentlich eher das Gefühl, das ist eine Schüchterne. Aber guckt Euch mal an, wie die da vor Anjun steht... oh und jetzt?" Die beiden wandten sich zum Gehen. Zusammen. "Was geht denn da ab?"//

Also eben doch! Ziphins Kopf zuckte sofort herum. Wo waren sie? Wo?! Er brauchte eine Weile, bis er sie entdeckt hatte. Da, hinten, in der Ecke. Und – was war das? Anjun. Fasste. Sie. An.

„Das gibt’s doch nicht!“, platzte es lautstark aus ihm heraus. Dann fügte er leiser und ungläubig hinzu: „Das darf nicht wahr sein ... Sie kennt ihn doch kaum und – hey, was soll an dem Typen so besonders sein, hä? Reinblüter? Das bin ich auch! Und seine roten Haare sehen ja mal oberdoof aus. Ich hab den eh noch nie leiden können! Boah ey dieser ... dieser ... Narr!“

Ziphin und Aaltje gifteten sich weiter an, aber Sevda war froh, als sie bemerkte, dass Ziphin wohl auch die Geschehnisse zwischen Tatjana und Anjun spannender fand und allmählich kaum noch konterte.
Trotz des ungünstigen Winkels bemühte Sevda sich nun selbst, alles zu sehen, was zwischen der Neuen und dem Tutor vor sich ging.

//"Ich hatte eigentlich eher das Gefühl, das ist eine Schüchterne. Aber guckt Euch mal an, wie die da vor Anjun steht... oh und jetzt?Was geht denn da ab?"//

Sevda nickte. Genau das gleiche hatte sie auch von Tatjana erwartet. Deswegen war diese ganze Geschichte ja auch so seltsam. Wenn Tatjana wirklich seekrank gewesen wäre, dann hätte sie doch das Mittel von Ziphin angenommen, oder? Und wenn sie was von Anjun wollte, warum war sie dann vorher abgehauen? Und überhaupt, sie kannte ihn doch noch gar nicht!

Wie gebannt verfolgte sie jede Bewegung zwischen Tatjana und Anjun. Um irgendetwas zu hören, was die beiden sagten, dafür standen sie nun leider wirklich zu weit weg, aber vielleicht konnte man ja irgendetwas aus ihren Gesten ablesen?

Er fasste sie an! Wie ein Stromschlag jagte es durch ihren Körper, noch ehe sie begriff, was passierte. Er fasste sie an!

„Lass die Finger von mir!“ zischte sie und riss sich los. Mit großen Augen und einem wilden Blick giftete sie Anjun an. „Komm mir nicht zu nahe!“

Ihr Atem ging heftig und jetzt erst merkte sie, dass sie ihren Zauberstab kampfbereit in einer Hand hielt. Etwas unschlüssig stand sie da. Wie war das denn passiert? Und was sollte sie jetzt damit machen?

Sie riß sich los und hatte plötzlich einen Zauberstab in der Hand. Ihr Blick war wild und angriffslustig wie der eines in die Enge getriebenen Tieres. Sie würde nicht zögern von ihrer Magie Gebrauch zu machen, da war er sich bei dem Blick in ihre aufgerissenen Augen sicher.

Er ließ sie los, trat einen Schritt zurück und hob langsam seine Hände, um seine friedliche Absichten zu bekundigen. Das Mädchen erschien ihm vollkommen irre und daher unberechenbar. Vielleicht würde er sich mit alter Magie schützen können, aber das war nichts, was er öffentlich anwenden wollte.

„Was ist los?“, wiederholte er noch einmal und gab seiner Stimme einen ruhigen, beherrschten Ton.

//„Das gibt’s doch nicht!“ „Das darf nicht wahr sein ... Sie kennt ihn doch kaum und – hey, was soll an dem Typen so besonders sein, hä? Reinblüter? Das bin ich auch! Und seine roten Haare sehen ja mal oberdoof aus. Ich hab den eh noch nie leiden können! Boah ey dieser ... dieser ... Narr!“//

"Eh, Ziphin du Troll, komm mal wieder runter. Das ist ihre Sache! Du benimmst dich fast so als ob du eifersüchtig wärst!" Aaltje knuffte ihn leicht in die Seite. Was ist heute nur los? Liegt es an der Seeluft? Sonst konnte er sich auch besser Konzentrieren wenn sie sich gezankt hatten!

Unsicher stand Tatjana da. Sie musste ja auf alle Anderen wie eine Irre wirken mit dem Zauberstab in der Hand, wie sie den wesentlich größeren Jungen angiftete. Langsam, damit Anjun keine weitere Provokation hinein interpretierte, steckte sie den Zauberstab wieder zurück in die hintere Hosentasche. Doch ihre Miene änderte sich nicht.

Sie schloss kurz die Augen. Mach es richtig, dachte sie; für Teddy.

Sie fixierte Anjun und trat noch einen Schritt näher, damit sie leiser sprechen konnte. Ihre Knie mussten da durch, genau, wie ihr hämmerndes Herz. Sie ballte die Hände zu Fäusten.
Für Teddy.

„Ich weiß, was du hier abziehst. Ich habe das in den Toiletten mitbekommen. Ich habe euch gehört.“ Sie schluckte und ließ ihm keine Möglichkeit zu antworten. „Und dir als Tutor“ sie spie das Wort aus wie einen ekligen Bissen vergammelten Kürbisses „möchte ich sagen: lass die Fünftklässler in Ruhe! Wenn du an meinen Bruder Teddy oder seinen Freunden heranwillst, dann musst du an mir vorbei!“

Sie hob das Kinn und plötzlich war ihr der Größenunterschied überhaupt nicht mehr wichtig.

// "Eh, Ziphin du Troll, komm mal wieder runter. Das ist ihre Sache! Du benimmst dich fast so als ob du eifersüchtig wärst!"//

„Wer ist hier eifer- ey, was macht sie denn da?“ Er hatte gerade beobachtet, wie sie sich losgerissen und ihren Zauberstab gezückt hatte. „Sie will das gar nicht! Er bedrängt sie! Dieser ... dem wird ich sowas von ... aber – was ist jetzt los?“ Nun hatte er sich mit gehobenen Händen entfernt und sie hatte den Zauberstab wieder zurück gesteckt. Sie ging einen Schritt auf ihn zu. Sie redete mit ihm. Unbewusst hatte Ziphin bereits die Hand zur Faust geballt. „Der soll es nur wagen und ihr ein Haar krümmen, ich wird den verprügeln bis er Sterne sieht – Reinblüter hin oder her!“

Das zornige Mädchen sprach, doch Anjun wurde aus ihrer Erklärung nicht schlauer. „Einer der beiden Jungen ist Dein Bruder?“, fragte er vorsichtig, um sie nicht noch weiter zu provozieren. Er versuchte sich die Gesichter der beiden noch einmal vorzustellen. Eine gewisse Ähnlichkeit gab es, aber warum sie sich so aufregte, verstand er immer noch nicht. „Und was meinst Du mit „abziehen“? Dein Bruder war seekrank und ich habe ihm ein Medikament dagegen gebracht.“

Ein Medikament gegen Seekrankheit? Teddy war noch nie seekrank! Wollte er sie etwa veralbern? Ein Medikament? Seinen Dealerslang konnte er jedenfalls für sich behalten!

„Du kannst mir nichts vormachen! Ich habe dich vorhin mit dem Heinzel gesehen! Und was du mit den Jungs aus der Zehnten so treibst, was du ihnen gibst oder nicht, ist mir egal!“
Sie hob einen Zeigefinger und streckte ihn Anjun drohend entgegen. Wo der Mut für herkam, wusste sie nicht und in dem Moment war es ihr auch egal. Sie dachte nur an Teddy. „Lass nur die Kleinen in Ruhe!“

//„Der soll es nur wagen und ihr ein Haar krümmen, ich wird den verprügeln bis er Sterne sieht – Reinblüter hin oder her!“//

"Ziphin!", rief Aaltje erschrocken aus, als sie seine Faust sieht. "He!" Irgendwas musste sie unternehmen bevor er noch ausflippte und etwas dummes anstellte. Das ist normalerweise ihre Aufgabe. Ohne grossartig nachzudenken stellte sie sich auf die Zehnspitzen und klatschte ihre Hände auf Ziphins Wangen. "Aufwachen, Trollnase. Du weisst garnicht um was es gerade dort geht. Sollen wir nachschauen gehen damit du dich beruhigst?"

Diese Unterhaltung, die Ziphin da zwischen Tatjana und Anjun beobachtete, schien immer skurriler zu werden. Nun sah es so aus, als drohe sie ihm. Irgendwie wurde er nicht schlau draus.

//"Ziphin!", rief Aaltje erschrocken aus, als sie seine Faust sieht. "He!"//

Ziphin zuckte zusammen und guckte zu Aaltje runter, gerade als diese die Hände hob und ihm an die Wangen klatschte.

//"Aufwachen, Trollnase. Du weisst garnicht um was es gerade dort geht. Sollen wir nachschauen gehen damit du dich beruhigst?"//

„GEHT’S NOCH?!“, bellte Ziphin und ergriff ihre Handgelenke, um sie am weiterschlagen zu hindern. „Bist du noch ganz bei Trost, Aalgetier? Boa hey lass dich testen du flügelamputierter Thestral! Wenn sich einer beruhigen muss dann bist das du!“

Langsam wurde es ihm zu bunt. Sein Mund zog sich zu einem schmalen Strich zusammen und er sagte kühl und energisch. „Ich verstehe leider nicht, was ich Deinem Bruder getan haben soll, noch warum Du dich so aufregst. Ich möchte Dich bitten mir zu erläutern was Dein Auftritt zu bedeuten hat, ansonsten muß ich dies mit Dir vor Magistra Greifenklau klären.“

//"GEHT’S NOCH?!“, „Bist du noch ganz bei Trost, Aalgetier? Boa hey lass dich testen du flügelamputierter Thestral! Wenn sich einer beruhigen muss dann bist das du!“//

Aaltje musste tatsächlich inne halten, sie war von der Kreativität Ziphins ernsthaft überrascht. Die Beleidigungen geben etwas her, respekt! "Schrei mich nicht so an du Trollverschnitt, ich kann dich auch so gut genug hören! Du benimmst dich total trottelig! Ich bin hier ja die Ruhe in Person, du hast die Faust geballt und wolltest dich halb auf sie stürzen! Hast du halbe Portion überhaupt schonmal wen geschlagen?" Halbe Portion mag es nicht ganz treffen bei dem Grössenunterschied, doch wen kümmert das schon?

Tatty glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Was wollte er?

„Schön. Wenn du wie ein kleiner Feigling zu dem Magister rennen willst, bin ich gern dabei. Dann erzähl ich ihr alles von deinem kleinen Drogengeschäft, dass du Heinzel und mindestens die Zehntklässler involvierst. Und dass du Fünftklässler beeinflusst!“

Ohne es aufhalten zu können, traten Tränen in ihre Augen und sie ballte ihre Hände fester zu Fäusten; sodass es wehtat. Der Magister würde sicher helfen. Auch wenn sie selbst dann wohl inoffiziell zur Zielscheibe der Drogenabhängigen wurde, wenn das Geschäft ihretwegen versiegen sollte.
Was soll´s. Es ging um Teddy.

„Du nimmst mir meinen Bruder nicht!“ zischte sie und schluckte verzweifelt den Frosch in ihrem Hals hinunter.

Sevda war in eine Art Schockstarre verfallen, als sie gesehen hatte, wie Tatjana ihren Zauberstab zog. Neben ihr zeterten Ziphin und Aaltje wieder, als gäbe es nichts wichtigeres als ihre bescheuerte Fehde, und Sevda wagte es währenddessen nicht einmal zu blinzeln. Was passierte dort auf der anderen Seite des Raumes nur? War Tatjana verrückt?

Und warum unternahm denn niemand etwas? Zumindest von Tethys oder Fine hatte Sevda erwartet, dass sie gar nicht anders konnten, als sich einzumischen, aber beide saßen wie sie nur da und unternahmen nichts.

//"GEHT'S NOCH?!"//, fuhr Ziphin gerade Aaltje an, da ging es plötzlich mit Sevda einfach durch - sie hielt die Anspannung nicht mehr aus, sprang auf und rief: "Warum tut denn niemand was, verdammt!" Und noch ehe sie selbst überhaupt begriff, was sie da tat, durchquerte sie den Raum, blieb in einigen Metern sicherer Entfernung von Tatjana und Anjun stehen und rief mit gequälter Stimme: "Tatjana!"

Dann stand sie da, zutiefst erschrocken über sich selbst, und wusste nicht vor noch zurück. Was hatte sie da nur getan? Sie mischte sich nicht ein, sowas tat sie einfach nicht, und sie schrie nicht einfach los und zog Aufmerksamkeit auf sich! Und doch stand sie jetzt hier, hatte all das getan, und wofür? Sie hatte nur einen Namen gerufen, na toll. Und jetzt? In jedem anderen Fall würde sie einen Tutor holen, aber da gab es ein kleines Problem...

"Wie kommst du darauf, dass ich mit Drogen handeln würde?", brachte Anjun verblüfft hervor. Er hatte das Mädchen beim Klo heute das erste Mal gesehen. Warum unterstellte sie ihm ohne jeden Grund nur die bösesten Absichten? //Rabenherr, dunkle Brut. Nichts was vom Bann kommt ist gut.//, wisperten Stimmen alter Erinnerungen in seinem Kopf. //Natürlich, sie glaubt das.//

Ihre Tränen zeigten echte Verzweiflung und sie schien außer sich vor Sorge, um ihren Bruder. Das war mehr als alter Hass und Vorurteil. Tiefe Verunsicherung, die ihm leid tat.

Dann war plötzlich eine andere Achtklässlerin neben ihnen. Anjun kannte sie vom sehen, hatte aber bislang nicht viel mit ihr zu tun gehabt. Eine schüchterne Muggelgeborene, von der er nicht erwartet hätte sich einzumischen.  - Und wenn überhaupt, dann nur um in die Tirade gegen ihn einzustimmen. Das war doch das was Muggelgeborne eigentlich tun würden, oder? - Doch sie versuchte die neue Achtklässlerin zu beruhigen. Tatjana, hieß sie, erfuhr Anjun dadurch.

Sevdas Eingreifen gab ihm die Zeit das Stechen der alten Schmerzen zurück zu drängen und das Bild in seinem Kopf vollständig zusammen zu setzen.

"Du hast vorhin gesehen, wie ich heimlich mit dem Heinzel sprach und glaubst wir würden illegale Geschäfte tätigen?“, fragte er und bemühte sich beruhigend und sachlich zu sprechen.

„Ja, wir haben miteinander geflüstert. Aber nur weil ich eine Freilimonade für alle Schüler bestellt habe und wollte, dass sie später als Überraschung serviert wird. Außerdem habe ich ein Mittel gegen Seekrankheit gekauft, weil ich auf dem Weg hierher bemerkt habe, dass einem Fünftklässler schlecht geworden ist. Er tat mir leid. Zudem bin ich Tutor und kümmere mich daher um die Neuen.

Also habe ich Simon Geld gegeben, damit er mir eine Limonade kauft. Ich musste ja den Schein wahren nichts von der Überraschung zu wissen. Dann bin ich mit dem Mittel gegen Seekrankheit herunter gegangen, um es den Kleinen zu geben. Dort hast du uns wahrscheinlich gehört. Theodor war es so peinlich, dass ihm schlecht war, dass ich mit den beiden Jungs überein kam so zu tun, als sei dies nie geschehen. Das hat dich wahrscheinlich in Deinen falschen Schlüssen bestätigt."

Wie vom Donner gerührt stand Tatjana da und hatte Mühe zu atmen.

Anjun schien tatsächlich bestürzt, ganz so, als meinte er es ernst. Doch darauf würde sie nicht hereinfallen! Er konnte ihr vielleicht etwas vorspielen, um seine Geschäfte zu verheimlichen, aber er konnte sein nicht hereinlegen!

Plötzlich stand Sevda neben ihr und rief ihren Namen. Ein Blick in Sevdas Augen und wie aus einer blutroten Wolke dümpelten ihre Sinne wieder an die Oberfläche. Sie hörte den Lärm der Schüler um sich herum, spürte den Wellengang unter ihren Füßen; und hörte Anjuns Erklärungen.

Verwirrt schüttelte Tatjana leicht den Kopf. Die Erklärungen schienen nicht zu passen… was sollte das? Kein Schüler hatte soviel Geld übrig, jedem auf dem Schiff eine Limonade auszugeben! Auch kein 11. Klässler. Und Teddy war nicht seekrank; war er noch nie. Unwillkürlich blickte sie zu den Jungs von vorhin - der eine hieß Simon - und erinnerte sich an den Unhöflichen, mit dem sie vorhin zusammen gestoßen war - Flo. Alles Unschuldsengel? Das schien auch nicht zu passen.

Anjuns Erklärung war so aalglatt bis ins kleinste Detail… irgendwie seltsam.
Teddy selbst sah vorhin auch nicht krank aus; eher aufgeregt…

Schnell blickte Tatjana zu Sevda. Sie sah besorgt aus. War ihre eigene Erscheinung so angsteinflößend? Hatte sie übertrieben? Sie ballte noch immer die Hände zu Fäusten; wahrscheinlich wäre sie sonst einfach umgefallen.

„Deine Geschichte weist Lücken auf.“ Ihre Stimme bebte, obwohl sie sich alle Mühe gab, sie stark klingen zu lassen. „Teddy war noch nie seekrank.“ War das das Einzige, was ihr einfiel?

Sevda war noch immer ganz bestürzt über sich selbst. Was war nur in sie gefahren, und das für ein Mädchen, das sie noch nicht mal kannte, und gegenüber einem Tutor, den sie respektierte? Sie konnte es gar nicht fassen. Und ja, das beantwortete ihre an sich selbst gestellte Frage von vorher: Heute waren wirklich alle verrückt geworden.

Aber nun stand sie schon hier, zwar immer noch einige Meter von Tatjana und Anjun entfernt, aber nahe genug, um alles hören zu können - und Tatjana hatte ihren Zauberstab weggesteckt, also das war ein gutes Zeichen. Und was hörte sie da? Dachte Tatjana wirklich, Anjun würde mit Drogen handeln? Das war doch ausgemachter Blödsinn, wie kam sie nur darauf?
Vorsichtig kam Sevda noch einige Schritte näher, immer im Auge behaltend, wie Tatjana sich verhielt und ob sie wieder zum Zauberstab greifen würde. Schließlich war sie ganz bei dem Mädchen angekommen und mit einigem Zögern beschloss sie, eine Hand auf Tatjanas Schulter zu legen.

"Wie kommst du denn darauf, dass Anjun mit Drogen handeln würde?", raunte sie der neuen Mitschülerin zu, "Er ist verantwortungsbewusst und nett und alles, aber sicher kein Dealer!" Zugegeben, Sevda kannte Anjun nicht besonders gut, aber gut genug, um das mit Sicherheit sagen zu können. Ein Blick auf Anjun bestärkte das umso mehr. Er sah aufgewühlt aus, vielleicht sogar ein wenig verletzt, aber nicht wie einer, der gerade auf frischer Tat ertappt worden war.

Nun etwas lauter, damit auch Anjun es deutlich hören konnte, sagte Sevda: "Das alles muss ein riesiges Missverständnis sein. Tut mir leid." Die Entschuldigung ging an keine bestimmte Person, aber Sevda hatte einfach das Gefühl, sie müsste sich für ihre Einmischung entschuldigen. Ja, irgendwer hatte etwas unternehmen müssen, aber das hieß trotzdem nicht, dass ihr Eingreifen richtig war. Eigentlich ging das alles hier sie gar nichts an.

Sevda stand noch da, doch Tatjana starrte noch immer Anjun an. Das Blut rauschte in ihren Ohren, sodass sie fast nicht mitbekam, dass Sevda ein paar Schritte näher kam. Bis zaghaft eine Hand auf ihrer Schulter lag.

Tatjana zuckte zusammen, aber es war nur Sevda. Und das fühlte sich fast tröstlich an. Tatjana blinzelt; am liebsten wäre sie Sevda um den Hals gefallen. Dieser Rückhalt… das hatte sie nicht erwartet.

>>"Wie kommst du denn darauf, dass Anjun mit Drogen handeln würde?", raunte sie der neuen Mitschülerin zu, "Er ist verantwortungsbewusst und nett und alles, aber sicher kein Dealer!"<<

Bestürzt blickte sie Sevda an. Was? Vorhin klang das aber noch anders, da sagte Sevda, sie kenne Anjun gar nicht! Oder hatte sie da schon nicht richtig zugehört?

>> "Das alles muss ein riesiges Missverständnis sein. Tut mir leid."<<

Ein Missverständnis? Es tat Sevda leid? Ein Missverständnis? Was tat Sevda leid? Ein Missverständnis? Aber… es passte noch immer nicht…

„Aber…“ Tatjana stammelte und war sich bewusst, dass es nicht besonders eloquent klang. „Aber… ich hab es gesehen… der Heinzel…und… und…“ wieder der Kloß in ihrem Hals und ihre Augen brannten. „Teddy.“

Was auch immer dort drüben los war, irgendwie steigerten sich gerade alle in etwas hinein. So viel war Tethys dann doch klar. Gut, dass Aaltje Ziphin zurückhielt. Blöd nur, dass niemand dasselbe mit Sevda tat. Was bitte glaubte sie denn, das da gerade vor sich ging? Das sah ihr sehr privat aus. Vielleicht kannten sich die beiden doch und hatten noch etwas zu bereden.

Sich bei einem Streit zwischen zwei Zauberer zu stellen, war meist eine dumme und vor allem gefährliche Idee. Vor allem, wenn man wie Tethys ein Squib war. Klar könnte sie Anjun eine verpassen, so wie Ziphin sich das vorgestellt hatte, aber Tethys kannte sich mit Raufereien aus und Anjun würde sie nur als Gegner wählen, wenn es gar nicht anders gehen würde.

Da sich Sevda jetzt aber einmischte und sie das Mädchen als ihre Freundin betrachtete, war das hier wohl so ein Fall. Sie holte tief Luft. "Na toll..." Sie stand auf und rannte Sevda hinterher. Versichernd legte sie ihr die Hand auf die Schulter. Sie würde natürlich nicht viel machen können, aber manchmal half es schon, wenn man wusste, dass jemand hinter einem stand. Im wahrsten Sinne des Wortes. "Was ist los?", wollte sie leise von der kleinen Türkin wissen.

[OOC: Wäre es kontraproduktiv, wenn jetzt ein Heinzel beginnt, kostenlose Limonade zu verteilen? ^^]

Simon hatte keine Ahnung, was zwischen Anjun und der Neuen aus der Achten vor sich ging, aber jetzt kam noch die kleine Türkin dazu. Sevda, hieß sie, wie Simon wusste. Und gleich darauf kam das Squibmädchen angerannt. Auf Anjun hatten die Mädchen offenkundig eine andere Wirkung als auf Simon. Das sah beinahe bedrohlich aus. Simon wusste natürlich, dass selbst drei von den "Kleinen" seinem Freund nicht gewachsen waren, aber irgendwie sah das gerade so aus als würden gleich ein paar Leute auf einander losgehen. Die Neue sah komplett aufgelöst aus. "Was bei Merlins Bart..?" Simon erhob sich. "Die ticken heute doch alle nicht mehr ganz richtig."

Ohne allzu viel Eile gesellte er sich zu der Gruppe, um bereits beim Näherkommen zu hören, worum es hier ungefährt ging. Der gesamte Sachverhalt erschloss sich ihm zwar nicht, aber anscheinend beschuldigte das Mädchen Anjun irgendwelcher krummer Geschäfte. Wie konnte man denn auf so etwas Abartiges kommen? "Alles okay bei Euch?", wollte er wissen. "Bekommt Ihr die Sache ohne Flüche und Prügeleien geregelt oder soll ich lieber mal unsere gute Magister holen?" Die Worte waren bewusst flappsig gewählt, um niemanden unnötig zu provozieren. Sein ernster Blick streifte allerdings fragend Anjun. Er war es, von dem er eigentlich eine Antwort hören wollte.

[OOC: Ich könnte natürlich auch Magister Greifenklau vorbeischieben, wenn das besser passt.]