Wassernixe: Unterdeck

// "Schrei mich nicht so an du Trollverschnitt, ich kann dich auch so gut genug hören! Du benimmst dich total trottelig! Ich bin hier ja die Ruhe in Person, du hast die Faust geballt und wolltest dich halb auf sie stürzen! Hast du halbe Portion überhaupt schonmal wen geschlagen?"//

„Habe ich sehr wohl und-“ Doch in dem Moment war Sevda aufgestanden und ging zu Tatjana und Anjun hinüber. Mit großen Augen und offenem Mund betrachtete Ziphin die Aktion. War das wirklich Sevda? Bisher hatte er all die Jahre kaum Notiz von ihr genommen, weil sie eben ... kaum aufgefallen war. Und jetzt das? Und gleich darauf verschwand auch noch Tethys und legte ihre Hand auf Sevdas Schulter, die wiederum ihre Hand auf die Schulter von Tatjana gelegt hatte, die aussah, als würde sie bald weinen. Was zum Kuckuck ging da vor? Hatte sie sich in Anjun verliebt, ihm ihre Liebe gestanden und er hatte sie abgewiesen? Aber das passte auch nicht ganz.

Aber wenn die anderen durften, dann er wohl auch. Er ließ Aaltjes Handgelenke los, lief an ihr vorbei ebenfalls auf die immer größer werdende Gruppe zu. Ja, aus der Nähe sah Tatjana tatsächlich aus, als würde sie gleich anfangen zu weinen! Und gerade als er ankam, hatte sich auch noch Simon dazu gesellt. Ausgerechnet der Schönling aus der Zehnten!

// "Alles okay bei Euch?", wollte Simon wissen. "Bekommt Ihr die Sache ohne Flüche und Prügeleien geregelt oder soll ich lieber mal unsere gute Magister holen?//

„Wenn Baccaracus Tatjana zum heulen bringt kann ich das nicht garantieren!“, knurrte er und funkelte die beiden älteren Jungs an.

[OOC: Oh je, da hat Sevda ja noch mehr Chaos gestiftet als zuvor...^^ Also ich fände es glaube ich am besten, wenn es jetzt die Limo gäbe. Sonst lässt Tatjana sich doch nie überzeugen.]

//„Aber… Aber… ich hab es gesehen… der Heinzel…und… und… Teddy."//

Sevda hatte einen riesigen Kloß im Hals. Was tat sie da nur? Aber plötzlich spürte sie selbst eine Hand auf ihrer eigenen Schulter, blickte sich um und sah Tethys. Morgana sei dank, sie war nicht mehr allein in diesem Schlamassel.

"Warum auch immer denkt Tatjana, dass Anjun Drogen verkaufen würde", flüsterte sie Tethys zu und wandte sich dann wieder zu Tatjana. Ein wenig streichelte sie mit dem Daumen beruhigende Kreise an Tatjanas Schulter, in der Hoffnung, das Mädchen würde so ein bisschen weniger hysterisch werden. "Okay, wir können das klären. Eins nach dem anderen: Was genau hast du gesehen, was dich denken lässt, hier würde Drogenhandel passieren. Und wer ist - Teddy...?"

Das letzte Wort blieb Sevda beinahe in der Kehle stecken, als sie sah, dass plötzlich Simon sich zu ihnen gesellt hatte. Sevda zog scharf die Luft ein und musste sich zwingen, ihren Blick von ihm abzuwenden, um nicht zu starren. Stattdessen fixierte sie mit ihrem Blick fast krampfhaft ihren Daumen, der weiter kleine Kreise auf Tatjanas Rücken zog. Na toll, jetzt würde sie kein Wort mehr hervorbekommen. Und was sagte er da von der Magister? Würden sie nicht alle Ärger bekommen, wenn man sie mit ins Spiel holte?

Dass dann auch noch Ziphin dazukam, machte das Chaos komplett, denn aus irgendeinem Grund drohte er Anjun, und warum auch immer er es tat, es tat der zum Zerreißen angespannten Stimmung hier sicher nicht gut.
Hätte sie sich doch bloß nie eingemischt... das sollte ihr eine Lehre sein in Zukunft.

Aaltje konnte nichts machen als Ziphin sich von ihr löste und auf das Chaos zuschritt. Oh nein, oh nein. Das kann nicht gut gehen! Kurz überlegte das Mädchen was sie tun sollte, Magister Greifenklau holen? Neeeeein, viel zu langweilig! Lieber mitmachen! Grinsend folgte Aaltje Ziphin und stellte sich neben den Schüler.

// „Wenn Baccaracus Tatjana zum heulen bringt kann ich das nicht garantieren!“//

„Eh, lass mal Ziphin, ich kann das besser!“ Sie hatte in der vergangenen Schulzeit schon die ein oder andere Rauferei erfolgreich hinter sich gebracht.

„Was genau ist eigentlich passiert?“, wollte Aaltje wissen.

Noch ehe jemand antworten konnte, sah Tatjana Tethys, die sich hinter Sevda stellte. Noch eine, die ihr den Rücken stärkte, auch wenn es eher einer seltsamen Art einer Polonäse glich. Und sie wollte wissen, was los war.

Dann kam der braunhaarige Junge von vorhin dazu; Simon. Und auch er wollte wissen, was los war. Tatjanas Atem ging schneller, sodass sie fast hyperventilierte. Was sollte das?

Ziphin kam herüber und murmelte irgendwas, doch seltsamerweise fühlte sie sich für den Bruchteil einer Sekunde erleichtert. Dann kam das neue Mädchen, mit dem sich Ziphin vorhin noch zankte. Was wollten die alle hier?

Obwohl sie ihre Hände zu Fäusten geballt hatte, spürte sie, wie sie zu zittern begann. Warum waren die alle hier? Was wollten die denn alle? Verwirrt über die vielen Leute schüttelte sie den Kopf und zog die Schultern zusammen. Das sollte doch eine Unterhaltung für Zwei sein!
Sie betrachtete den rothaarigen Jungen vor sich, seine abwehrende Haltung. Und doch war er nicht weggegangen. Hatte er etwas zu verbergen oder nicht?

Sie schluckte den Kloß im Hals weg und musste sich beherrschen, damit ihre Stimme nicht brach. Sie bebte trotzdem, als sie sprach. „Ich habe gesehen, wie du etwas von einem Heinzel entgegen nahmst. Und ich habe gehört, dass du den Jungs in der Toilette was gegeben hast. Und als Teddy rauskam war er anders. Ganz anders. Er sprach davon, was du in der Toilette gemacht hast. Und ich will wissen, was das war. Ich will wissen, was du mit ihm und dem anderen Fünftklässler gemacht hast. Er war noch nie seekrank.“

Sie schluckte. Jetzt war es auch egal, es hielten sie sowieso alle schon für verrückt. Sie hatte nicht wirklich damit gerechnet, Freunde zu finden. „Und wenn du als Tutor“ wieder betonte sie das Wort abfällig, „irgendetwas mit den Kleinen machst…“ sie wusste nicht  mehr, was sie sagen sollte. Es hörten viel zu viele Leute zu. Stattdessen konnte sie das Zittern wirklich nicht mehr unterdrücken.

Mittlerweile hatte sich ein richtiger Menschenauflauf gebildet. Die Stimmung war gereizt. Alle redeten durcheinander. Wie sehr in die Unterstellungen auch ärgerten, Anjun wußte, dass er jetzt die richtigen Worte sagen mußte, wenn er nicht wollte, dass alles explodierte.

„Tatjana.“, sprach er das aufgeregte Mädchen direkt und mit Namen an. Immerhin wußte er dank Sevda jetzt zumindest wie sie hieß. Seine Stimme war distanziert und kühl. „Bis vor kurzem kannte ich Deinen Namen nicht einmal. Geschweige denn, dass ich gewußt hätte wer von den beiden Dein Bruder ist. Der, der seekrank geworden ist, ist ein sehr schmächtiger Fünftklässler mit kurz geschorenen braunen Haaren. Der andere war kräftiger und hatte längere Haare. Welcher ist Dein Bruder? - Was hälst Du davon, wenn Du die beiden Jungs, den Heinzel und Simon und Leonard befragst, was ich ihnen gegeben habe. Du kannst auch gerne den Rest des Medikamentes untersuchen. Selbst mit dem Wissen der achten Klasse in Zaubertränke solltest Du dann erkennen können, dass dies keine Droge ist.“ Er hielt ihr das Tütchen mit den Pillen gegen Seekrankheit hin. Er haßte es vor den anderen dumm da zu stehen und sich rechtfertigen zu müssen. Das war demütigend und passte ganz und gar nicht zum Stolz eines Baccaracus, aber mittlerweile war die Situation so verfahren, dass es die einzige Möglichkeit war. Sein Groll mußte warten. Und er würde warten...

Simon schüttelte ungläubig den Kopf. Wie konnte man denn auf so eine Idee kommen? So etwas abwegiges. Aus was für einem Elternhaus musste dieses arme Mädchen stammen, dass es auf solche Gedanken kam? Ob sie eine Muggelgeborene aus dem Drogenmilieu war? Wobei, dann wäre es unlogisch, dass sie so eine Panik davor hatte, dass Anjun ihrem Bruder Drogen untergeschoben hätte. Vielleicht wohnte sie in der Nähe eines Kiffertreffpunkts. Simon kannte sich in der Muggelwelt gut genug aus, um die Junkies am Hauptbahnhof in Hamburg bemerkt zu haben. Wobei die inzwischen umgezogen waren. Er hatte Muggel etwas von Wilhelmsburg und sozialem Brennpunkt murmeln gehört.

[OOC: Simon zieht sich zurück, sobald Tatjana darauf eingeht. Ich finde, wir sollten das ein bisschen entwirren von der Anzahl der Spieler. Tethys würde ich dann auch wieder abziehen. Vielleicht wären Anjun und Tatjana besser vor die Tür gegangen, =^.^=. Wir haben sehr engagierte Charas hier...]

Er war sauer. Auch wenn sie nicht so zittern würde, ihre Hände weniger schmerzen würden, erkannte sie, dass Anjun sauer war. Kein Wunder, schienen sie doch gerade so etwas wie eine Attraktion zu sein!

Tatjana schluckte einen weiteren Kloß im Hals hinunter. Konnte das wahr sein? Konnte sie sich tatsächlich irren? Nach den besorgten Gesichtern der Anderen zufolge, war Anjun kein Dealer. Und wenn er sich wirklich nur Sorgen um die Kleinen gemacht hatte?

Er hielt ihr das Päckchen mit Pillen hin, das er ihr vorhin noch anbot und sie starrte darauf. Zum ersten Mal sah sie sie wirklich an. Die Form… sie erkannte sie aus dem Pillensortiment ihrer Tante Margarete. Harmlos. Wirklich harmlos. Sagte er auch mit dem Rest die Wahrheit? Unsicher blinzelte sie und Sevdas Hand auf ihrer Schulter schien tonnenschwer.

Hatte sie sich geirrt?

Aber warum war Teddy dann so seltsam zu ihr gewesen?

Du weißt warum, schoss ihr durch den Kopf und Tränen stiegen in ihre Augen. Nein, nicht hier!

Sie versuchte die die Tränen weg zu blinzeln, aber ohne viel Erfolg und war sich peinlich der Anwesenheit der restlichen Achtklässler bewusst. Und des Zehntklässler. Zu spät, sie hatten bereits ihre Meinung über Tatjana gebildet. Und wenn sie sich schon zum Affen machte, dann wusste sie wenigstens, wieso: für Teddy.

Besorgt, zitternd, mit bebender Stimme und nicht ganz sicher, ob sie es schaffen würde, blickte sie Anjun an. „Du hast ihm nichts gegeben? Es geht ihm gut?“

„Es geht beiden Jungen ausgezeichnet.“, versicherte Anjun. Das Mädchen zitterte immer heftiger und schien den Tränen nahe. Die allgemeine Aufmerksamkeit macht es nicht besser. Er überlegte was er tun sollte. Sein erster Tag als Tutor und er fing damit an, dass ein in Tränen aufgelöstes Mädchen ihn des Drogenhandels beschuldigte. //Du bist ein Baccaracus//, dachte er. //Du bist von dem alten Geschlecht.//

„Wir können Deinen Bruder suchen, damit Du dich vergewissern kannst, dass es ihm gut geht. Oder auch nur Du und Sevda. Dann bleibe ich hier.“

Ziphin lauschte Anjuns Worten und bekam eine vage Vorstellung davon, um was es hier ging. Jedenfalls nicht darum, dass Anjun was von Tatjana wollte, oder umgekehrt. Das war schon mal gut. Moment – warum gut? Rasch schüttelte er den Gedanken ab. Er verstand immer noch nicht ganz, worum es hier ging. Jedenfalls schien Tatjana immer noch den Tränen nahe. Etwas war mit ihrem Bruder? Sie schien sich Sorgen um ihn zu machen. Teddy hieß er. Er erinnerte sich vage an den Jungen auf dem Landungssteg mit der Drachenbrosche. Nun gut, das Problem konnte doch ganz einfach gelöst werden.

Er steckte die Hände tief in die Taschen seines Sommermantels, warf Tatjana noch einen kurzen Blick zu und stapfte davon, nicht ohne Aaltje "zufällig" noch kurz und leicht anzurempeln. Er sah sich um, doch hier schienen keine Fünftklässler zu sein. Vielleicht auf dem Oberdeck? Oder im Stauraum? Nachschauen konnte nichts schaden.

Aaltje zuckte kurz mit den Schultern, wenn es ihr keiner erklären mochte, auch ok. Gerade als sie sich Ziphin wieder zuwenden wollte, rempelte dieser sie an. „He du Troll, hast du keine Augen im Kopf oder was?“ Er ging einfach weiter. „Heeee, warte!“ Sie drehte sich ohne sich von den anderen zu verabschieden um und folgte ihm. „Wo willst du jetzt überhaupt hin?“

Ziphin seufzte auf. Oh Gott, jetzt kam ihm diese Zimtzicke auch noch nach! Er rollte genervt mit den Augen und schritt weiter zur Türe. Er antwortete, ohne sich zu ihr umzudrehen: „Ich such ihren Bruder.“ Er nickte zu Tatjana rüber. „Teddy. Dann hat der Tumult hier endlich ein Ende, der geht mir auf die Nerven. Fast so sehr wie du. Und jetzt lass mich in Ruhe, Aalgetier.“

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren oder gar eine Antwort abzuwarten stieß er die Türe auf und verschwand Richtung Oberdeck.

Tbc: Oberdeck

Aalgetier? Aalgetier!! Oh, wie konnte er nur, das wird er noch bereuen! "Na warte, du wirst noch Schnecken spucken bevor wir in Rungholt sind." Aaltje folgte Ziphin vom Unterdeck aus durch die Türe, fast wäre sie ihr ins Gesicht geknallt. Aber nur fast.

Tbc: Oberdeck

Teddy suchen? Das war keine gute Idee! Er würde es nicht besser machen, ganz im Gegenteil. Wenn Teddy herausbekommen würde, was hier seinetwegen lief, würde er einen riesengroßen Aufstand proben und ihr – Tatjana – die Schuld in die Schuhe schieben. Und damit hätte er zur Abwechslung mal Recht.

Tatjana lief rot an und schüttelte den Kopf, weil ihre Stimme wohl versagen würde. Was hatte sie nur angerichtet? Sie hatte den Tutor beschuldigt? Oh, Mann! Das war ja mal ein Start in die neue Schule! Da konnte sie auch gleich wieder zurück ins Internat gehen! In Sachen Freundlichkeit würden die Schüler hier sich in nichts von den Schülerinnen dort unterscheiden!

Sie schluckte schwer und ihr wurde übel. Was sollte sie sagen? Hatte sie sich wirklich so idiotisch verhalten? Alle Blicke ruhten auf ihr und sie wünschte, im Boden zu versinken.

Aber Anjun wollte sie mit Sevda wegschicken und hier bleiben. Klar, er hatte sicher genug von ihr und wollte sie so schnell wie möglich loswerden. Sie machte ihm da keinen Vorwurf. Sie hatte sich einfach unmöglich verhalten!

Noch einmal blickte sie in die ernsten Gesichter der Anderen; Sevda und Tethys und dann Simon auf der anderen Seite. Sie hatten besorgte, aber ernste Mienen. Also hatte sie tatsächlich Unrecht; Anjun schien unschuldig.

Wie sollte sie sich auch nur noch einen winzigen Moment in der Nähe von auch nur einen von ihnen aufhalten?

„Es… es tut mir leid, ich…“ sie keuchte fast und bunte Flecken tanzten vor ihren Augen. Was hatte sie nur angerichtet? „Das… das tut mir leid, ich…“ was sollte sie nur sagen? Sie blinzelte, blickte zur Seite und versuchte, ihren schweren Atem zu beruhigen. Und stehen zu bleiben.
Ihr Magen drehte sich um; sie könnte jetzt auch etwas von dem Mittelchen gebrauchen. Oder etwas Stärkeres. Aber Anjun würde sie nicht darum bitten. Sie hatte sich völlig blamiert!

„Welcher…“ sie räusperte sich und kratzte den letzten Rest Mut zusammen, als sie Anjun wieder ansah. Jetzt würden sie sie loswerden. Sie tat ihnen allen einen Gefallen. „Welcher Heinzel war es?“

Das Mädchen sah fast aus, als würde sie im nächsten Moment in Ohnmacht fallen, so sehr schwankte sie. Sie stammelte Entschuldigungen und schien begriffen zu haben, dass er unschuldig war.

Wie blaß sie war. - Anjuns Zorn verrauchte angesichts ihres erschütternden Zustandes. „Ich denke die Hitze macht uns alle etwas überspannt.“, sagte er milder gestimmt. „Wir sollten uns wieder setzen und etwas kaltes trinken.“ Er warf Sevda und Tethys einen bittenden Blick zu. Hoffentlich würden sie ihre Freundin überzeugen sich zu setzen, bevor sie das Bewußtsein verlor.

„Der Heinzel war Heinten Glasbläser.“Anjun schaute auf seine Uhr. „Und wenn er sich an die Verabredung hält, dann müßte er in zwei Minuten hier mit mehreren Tablett Eislimonade erscheinen. Die können wir alle sicher gut gebrauchen.“

pp: Spieleinstieg Heinzel Heinten Glasbläser

Schnaufend hievte der Heinzel das schwere Tablett mit Limonadengläsern vom Tresen der Bar um sie, wie von einem anonymen Spender angeordnet, jedem der Schüler auf dem Unterdeck, zu verteilen. Tänzelnd und gekonnt balancierend verteilt er hier und da ein Glässchen, bis er schlussendlich bei der letzten Gruppe ankam. „Ich bitte um eine kurze Unterbrechung, ja, ich bringe Ihnen Limonade, ja, einmal für Sie werte Dame..“, ein Glas schwebte zu Tatjana, „und Ihnen“, ein weiteres zu Sevda und Tethys, „und natürlich auch die Herren.“ Auch Simon und Anjun erhalten Limonade. Damit verbeugte der Heinzel sich und schickte sich an mit dem hinter ihm herschwebenden Tablett zu verschwinden, ohne von den Schülern weitere Notiz zu nehmen, es gab ja schließlich noch mehr Arbeit hier auf dem Schiff!

Heinten Glasbläser. Was für ein seltsamer Name. In Tatjana hallte er jedoch nach, wie in einer dunklen Grotte. Er dribbelte mit Limonade zu ihnen herüber. Mit frischer, gelblicher Limonade. Direkt auf sie zu. Mit Limonade, die von Anjun kam. Weil er allen Schülern etwas Gutes tun wollte.

Plötzlich wurde ihr speiübel und sie hielt sich den Magen. Sie schüttelte den Kopf und wagte kaum, den Mund zu öffnen. Sie hatte verspielt! Für immer und alle Zeit! Was für eine idiotische Ziege sie doch war!

„Tut… tut mir leid…“ Freundlich, aber bestimmt, riss sie sich von Sevda los und traute sich nicht, auch nur einen der Umstehenden anzusehen. Sie hatte verspielt. Und irgendwie schien der Raum zu schrumpfen. „Tut mir leid, ich…“ Sie musste sich mit einer Hand an der Wand festhalten, der Kampf gegen den Kloß in ihrem Hals schien verloren und Tränen traten in ihre Augen. Sie hatte verspielt.

Der Heinzel kam herüber und plötzlich schwebte ein Glas vor ihrer Nase! Der Geruch stieg ihr in die Nase und ihr Magen rebellierte. Bunte Sterne stiegen wieder auf und die Geräusche um sie herum schienen seltsam dumpf.
Sie hatte verspielt!

Weder einen der Anwesenden, noch ihr Bruder würden ihr jemals verzeihen, was sie getan hatte. Aber diesmal trug sie tatsächlich Schuld! „Tut mir Leid... ich…“ Konnte sie noch etwas anders sagen? Sie konnte Anjun nicht danken, sie konnte ihn nicht einmal ansehen, als alles in ihr aufschrie und sie die Tränen nicht aufhalten konnte. Aus reiner Verzweiflung, um den Mageninhalt und ihre Sinne beieinander zu halten, schlug sie sich eine Hand vor den Mund.

Haltlos, ohne auf die Limonade, die anderen Schüler und die allgemeine gute Laune aufgrund der unverhofften Erfrischung, zu achten, rannte Tatjana los. Wacklig stieß sie gegen andere Schüler und merkte es kaum, bis sie an der Treppe war und über die erste Stufe stürzte.  Sie hatte sowieso verspielt. Niemand würde sich mehr mit ihr unterhalten wollen.
Mit letzter Kraft stand sie auf und eilte die Treppe entlang.

Tbc: Wassernixe: Oberdeck

Tethys wollte aus einem ersten Impuls heraus Tatjana trösten, doch dann fing sie Anjuns Blick auf und ihr wurde klar, dass es jetzt vielleicht besser wäre, wenn das gaffende Publikum sich auflösen würde. Und dazu gehörte sie irgendwie ja auch, denn alles schien sich in Wohlgefallen aufzulösen. Tatjana musste sich wohl erst einmal beruhigen und Tethys sollte sich jetzt besser ihre Limonade nehmen und den Rückzug antreten.

Doch zu spät. Tatjana stotterte eine Entschuldigung und rannte davon - zum Oberdeck. "Och ne, jetzt..." Tethys stellte ihr Glas auf den nächstbesten Tisch und zog Sevda am Ärmel. "Komm, hinterher." Immerhin war Tatjana in ihrer Klasse und ihr Problem war somit auch das von Tethys und Sevda (sowie das der anderen Achtklässlern). "Wir kümmern uns schon um sie", rief sie zu Anjun und Simon zurück. Nicht, dass die jetzt auch noch hinterher rannten. Tutor zu sein schien echt anstrengend zu sein.

tbc: Wassernixe: Oberdeck

Na also, damit wäre doch alles geklärt und Limonade gab es auch noch. Doch halt, so einfach war es dann doch nicht. Simon hatte gerade sein Glas genommen und wollte sich bei Anjun für die nette Überraschung bedanken, da geriet die neue Achtklässlerin in Panik, stammelte etwas vor sich hin und rannte davon und ihre Klassenkameradinnen gleich hinterher. Simon entschied sich, das tatsächlich dem Squibmädchen und der kleinen Türkin zu überlassen. Die Mädchen würden das unter sich bestimmt besser klären als wenn er noch daneben stehen würde. Immerhin kannte er sie doch auch überhaupt nicht. "Was für ein Chaos", stellte er daher nur kopfschüttelnd fest und nippte an seinem Glas.

Zephin und Aaltje suchten die kleinen Jungs und Tethys und Sevda kümmerten sich um die aufgelöste Tatjana. - Anjun atmete einmal tief durch. Gut so. Die Mädchen würden das in Ordnung bringen und das letzte was er jetzt wollte, war das Gör wegen Hitzschlags oder so zu behandeln.

Er gesellte sich wieder zu Simon und nahm einen tiefen Schluck Limonade: „Noch zehn Minuten länger dieses Chaos und ich hätte Kopfschmerzen bekommen. - Diese Hitze kann einen echt schaffen. Und ich habe noch nicht einmal Lara richtig gesprochen. - Und wir schaffen es wohl auch nicht mehr als zwei Minuten beieinander zu sitzen.“, setze er hinzu. Schließlich war er, kaum hatte er sich zu seinen Jungs gesetzt, ständig wieder aufgesprungen.

"Na, hoffen wir mal, dass es nur am Wetter liegt." Simon hatte seine Limonade abgestellt und rührte in seinem Ingwer-Tee. "Denn wenn das ganze Schuljahr so wird wie diese Anreise, dann gebe ich meiner Mutter nach und nehme wieder Hausunterricht." Wobei Simon das nicht wirklich Ernst meinte. Er war froh, nach Rungholt gehen zu dürfen. Vielleicht gerade weil das Leben dort quirliger und irgendwie lebendiger war als bei ihm zu Hause. Seine Mutter war die Übervorsicht in Person, seine Tante war eine langweilige alte Jungfer und seine Großmutter war... nun jedenfalls nicht quirlig.

Er nahm einen Schluck Tee. Nichts half so gut gegen Hitze wie ein heißer Tee - auch wenn dieser jetzt nicht mehr ganz so heiß war. "Dabei waren die bisherigen Anreisen eher ruhig", sagte er dann. "Ich meine, was hatten wir denn an aufregenden Vorfällen die letzten Jahre?" Da musste er selbst nachdenken. "Letztes Jahr hat einer aus der Sechsten Frau Liebbrot seinen Kakao übergekippt." Das war zwar ein Unfall gewesen, hatte aber für einiges an Aufsehen unter Deck gesorgt. "Und dann war da der Fünftklässler, der meinte er müsse seine erste Flugstunde auf dem Oberdeck machen..." Was nicht gut für ihn ausgegangen war und für den Besen.

„Es ist heute fast so heiß, wie letzten Mittsommernacht. Dreißig Grad um Mitternacht... das hat man auch nicht alle Tage.“ Anjun nippte abwechselnd an seiner Limonade und dem Drachenfruchtsaft. „Ich weiß noch, wie sie schließlich das traditionelle Feuer so verzaubert haben, dass es mit blauen Flammen kühlt und nicht brennt. Dafür war unsere Flugvorführung wirklich super. Was wir beide uns ausgedacht haben, das hat doch den einen oder anderen beeindruckt.“

"Ja, das war schon genial", stimmte Simon Anjun zu. "Mit einem Besen kann man viel mehr machen, als so mancher denkt. Aber wenn ich daran denke, wie lange wir das vorher geprobt haben..." Er leerte seinen Tee und lehnte sich zurück. "Kunstfliegen sieht immer so leicht aus, aber es steckt harte Arbeit dahinter. Übrigens" - er grinste vor sich hin - "habe ich die Ferien an ein paar neuen Tricks gearbeitet, die als Synchronflug sicher ein echter Blickfang wären." Wenn er es später einmal im Leben zu gar nichts bringen würde, würde er immer noch Besenartist werden können. Dafür legte er sich zurzeit doch schon eine ganz gute Grundlage zu.

Was das alles für ein heilloses Chaos gewesen war! Und die arme Tatjana war inzwischen vollkommen aufgelöst, und Anjun sah auch sehr mitgenommen aus. Sevda konnte beide sehr gut verstehen: Es konnte sicher keinen Spaß machen, unschuldigerweise als Drogendealer für Fünftklässler abgestempelt zu werden. Aber auch Tatjana tat ihr leid, die ja offensichtlich nur besorgt gewesen war um ihren Bruder und sich nun selbst noch vor ihrem ersten Schultag vollkommen bloßgestellt hatte.
Sevda hatte Mitleid mit beiden.

Aber jetzt galt es tatsächlich erst einmal, Tatjana wiederherzustellen. So eilig, wie sie davongestürmt war, hatte das sicher nichts Gutes zu bedeuten, und sie hatte niemanden sonst hier, der sich um sie kümmerte. Anjun hatte erst einmal Simon, auf den er sich verlassen konnte...

Ihre Freilimonade vollkommen unbeachtet lassend eilte Sevda den anderen hinterher hinauf zum Oberdeck.

tbc: Wassernixe: Oberdeck

„Toll! Die mußt Du mir auf Rungholt zeigen. Dann können wir sie zum nächsten fest üben.“ Anjun war froh, dass Simon ihn mit einem ihrer Lieblingsthemen unterhielt. Das signalisierte so etwas wie Normalität. Es waren viel zu viele ihrer Mitschüler anwesend, um darüber zu sprechen, was Anjun von den Beschuldigungen hielt. Wenn sie jetzt darüber sprachen, würden alle es hören und die Sache noch weiter aufbauschen. Außerdem konnte Anjun davon ausgehen, dass Simon und Leonard wußten was er dachte. Sie kannten sich immerhin lange genug. „Ich bin gespannt wohin Rungholt dieses Semester verlegt wird. Ich habe etwas vom ewigen Eis munkeln hören. Dann wäre es mit ausgedehnten Besenflügen allerdings so eine Sache....“

"Die Antarktis", sagte Simon. "Das habe ich auch gehört und im Augenblick hätte ich gegen eine solche Abkühlung auch nichts einzuwänden. Aber dort Besenfliegen... Nun, auf alle Fälle sollten wir uns dann eine entsprechende Winterausrüstung zulegen. Vielleicht hätte ich die fellgefütterten Quidditchhandschuhe im Saus und Braus doch mitnehmen sollen", spielte Simon auf ihre Einkaufstour im Bogenfleet an. "Aber die Aussicht bei so einem Flug über die Eisberge muss gigantisch sein." Davon konnte er jetzt nur träumen. Selbst auf dem Unterdeck war es noch recht warm, trotz eines Raumklimazaubers. "War es nicht die Antarktis, in der es ein Yeti-Auswilderungsprojekt gab?", wollte er wissen. Das wäre bestimmt ganz interessant.