U1 Mittagessen - Hauptgebäude: Bibliothek (1. OG)

"So könnte man es auch ausdrücken. Vielleicht wollte die Dinkelsack aber auch nur ihre miese Laune an uns auslassen, weil Sina und Ben ihre Aufgabe so gut gelöst haben und sie sich nicht darüber aufregen kann.Aber was soll's." Dominic zuckte schwach mit den Schultern. "So ist sie eben und sich darüber aufzuregen bringt nichts, es kostet nur wertvolle Zeit, die man lieber in ihre Aufgaben stecken sollte. Ist ja nicht so, dass sie nicht noch eine unheimlich lange Hausaufgabe gestellt hat, die auch noch erledigt werden will. Hast du irgend einen Plan von dem Thema?" Dominic ging davon aus. So jemand wie Anjun hielt sich dunkle Kreaturen bestimmt als Kuscheltiere. "Was den Hinkeschmidt angeht hat der sich offenbar irgendwo versteckt, er stand zumindest nicht an seinem Platz. Ebensowenig der Scamander. Da ich allerdings noch keinen Plan habe, wollte ich auch nicht wahllos irgendwelchen Büchern hinterherjagen sondern erst einmal das nehmen, was ich kriegen kann, um mich einzulesen."

„Accio Gero Hinkeschmidts 'Dunke Taten, Dunkle Wesen'“ Anjun schwang den Zauberstab und wartete mit ausgestreckter Hand, dass das Buch einfach in seine Hände schwebte. Als nichts geschah, presste er die Lippen aufeinander. „Wäre wohl zu einfach. - Plan von Seeirrlichtern...? Hmmm...“ Der rothaarige Nachtkrabs setzte sich und schlug die Beine übereinander. „Ich habe eine gewisse Vorstellung, doch Meereswesen spielten bei meiner bisherigen Ausbildung keine allzu große Rolle. Es gibt nun mal kein Meer in Rheinland-Pfalz.“ Er streckte seine schlanke Hand nach einem der Bücher aus und schlug es auf. „Es soll sich aber um ähnliche Wesen handeln, die auch Flüsse heimsuchen. Erscheinungen von untergegangenen Booten und Schiffen. Wie das Geisterschiff von der Elbe, das alle hundert Jahre auftaucht.“

Dominic zuckte erneut mit den Schultern und seine Stimme klang ein wenig spöttisch. "Wenn es so einfach wäre, dann würde man hier nicht alle Nase lang den halben Nachmittag damit verbringen, ein ganz bestimmtes Buch durch die Regalreihen zu verfolgen, weil der Kesselflicker mit anderen Dingen beschäftigt ist." Er rückte den Bücherstapel wieder zurecht, nachdem Anjun sich das Buch genommen hatte. Er musste es zwar nicht viel korrigieren, aber die Kanten lagen nicht mehr ganz bündig. Danach verschob Dominic den Bücherstapel in die andere Ecke seines Tisches, damit Anjun mehr Platz hatte. Es dauerte einen Augenblick, bis er sie richtig ausgerichtet hatte, aber er musste sowieso erst einmal dem Nachtkrab zuhören.
"Du meinst sowas wie den fliegenden Holländer? Der hat es ja sogar bis in die Muggelmythen geschafft. Aber sind das nicht eher Gespenster?" Dominic legte die Stirn in Falten. "Diese blöden dunklen Kreaturen machen einem das Auseinanderhalten nicht einfach. Der Gnomenmurmler..." Dominic klopfte auf das Lexikon der Dunklen Kreaturen, das von Jadislaw Gnomenmurmler herausgegeben ward. "...referiert alle möglichen Klassifikationstheorien bzgl. der nachtschwarzen Kreaturen." Er schüttelte den Kopf. "Miese kleine Dinger. Einfangen und wegsperren wäre wohl geboten." Er blätterte um. "Hier steht auch nichts. Das wird spaßig." Dominic kräuselte die Stirn und machte sich ein paar Notizen.

Anjun zog ein wenig spöttisch die Brauen hoch. „Natürlich ähneln sie einander, weil sie einen ähnlichen Ursprung haben. Die Kreaturen entstehen ja nicht zufällig.“ Er beobachtete sie Dominic die Bücher wieder exakt an der Kante ausrichtete und sorgfältig übereinander stapelte. „Meines Wissens ist der fliegende Holländer kein Gespenst. Gespenster sind fast wie normale Leute. Sie sind einfach Menschen, die nicht in die jenseitige Welt gegangen sind. Dies Schiff lockt aber andere in den Untergang. Und das ganze Schiff ist verflucht. Gespenster sind alleine und haben nur sich selber. - Der fliegende Holländern könnte ein Seeirrlicht sein, der Schatten eines gescheiterten Schiffes, der Rest einer bösen Tat.“ Er wühlte in dem Buch in der Hoffnung einen Hinweis zu finden. „Letztlich gehen alle dunklen Kreaturen auf böse Gedanken oder Taten zurück. So sehe ich das jedenfalls.“

"Naja, so verschieden die Menschen sind, so verschieden sind doch auch die Geister. Und wenn der Fliegende Holländer einfach Spaß daran hat, auf Erden umherzustreifen und weiterhin Leute zu plündern und sie zu Tode zu erschrecken, wer weiß es? Vielleicht ist er ja ein zufriedenes Gespenst. Ich denke, man kann sich über die Jahrhunderte durchaus mit solch einer Existenz arrangieren." Er legte den Kopf schief und versank in nachdenkliches Schweigen, aus dem er erst nach einigen Augenblicken wieder 'erwachte'.
"Und letztlich entspringen alle nicht-dunklen magischen Kreaturen der reinen Magie. Dennoch hat man sich da mit der Klassifikation Mühe gegeben und ein anständiges System geschaffen. Man sollte nicht meinen, dass manche Forscher so unfähig sind. Du kannst doch nicht sagen, dass ein Irrwicht das Gleiche ist wie ein Grindeloh..."

"Was?! Ja natürlich stehe ich auf sie! Was auch sonst?" Rief der junge sarkastisch auf. "Wie kommst du denn darauf? Tzzzz....Als würde ich was von Lara wollen.... Schon vergessen? Sie hat mich bloßgestellt! Außerdem.... Bei ihr hätte ich doch wohl eh keine Chance, selbst wenn es so wäre. Also denk dir nicht solchen Quatsch aus." Quatsch war das ja eigentlich wirklich nicht. Immerhin war an Abels Theorie wirklich was dran. Doch 1. würde Lara sicher nicht mit dem Sohn eines Blutsverräters etwas anfangen, wie er sie einschätzte, 2. wäre da immernoch ihr Cousin und die von Hess, bei denen sie lebte und die würden sicher ausrasten, was übrigens auch Anjun tuen würde, der 3. für Marlon völlig offenschtlich etwas mit Lara zu haben schien. Sowas konnten sie vor Marlon sicher nicht geheim halten, hatte er doch ziemlich gute Menschenkenntniss und war bei Lara noch besonders hellhörig.

Ein wenig verblüfft hörte der Blonde dann Abels Geschichte zu. Wie kam er auf die Idee, jetzt ein Märchen vorzutragen? Seltsam.... aber irgendwie kam ihm das ganze bekannt vor..... "Hmm wie heisst denn das Märchen? Irgendwo her kenn ich das...... glaub ich zumindest......." schaute er Abel verwirrt an und legte den Kopf leicht schief. Dass sich die Geschichte auf ihn und Lara bezog, ahnte der naive kleine Blonde nicht. "Naja zumindest weiss ich jetzt, dass 16:23:05 Uhr die beste Zeit ist um Geschichten zu erzählen. Morgen denk ich dran. Mach dich also auf ne spannende und nervige Geschichte gefasst! Da kenn ich jedenfalls genug von!" grinste er dann, lehnte sich zurück und legte die Hände in den Nacken.

„Natürlich nicht.“, murmelte Anjun, erhob sich und begann im nahe gelegenen Zettelkasten zu wühlen. „Ich meine lediglich, dass sich Flußirrlichter und Seeirrlichter ähnlich sind. Und natürlich Moorirrlichter.“ Ein Zettel nach dem anderen wanderte durch seine Hände.Welche Ironie des Schicksals hatte ihn dazu gebracht ausgerechnet wieder mit Dominic zusammenarbeiten zu müssen.

„Oh nanu... dass die die hier haben...“, meinte er überrascht, als ihm der Name einer Autorin zu Gesicht kam. Andererseits hatte sein Großvater Helmarion der Schule Stiftungsgelder zukommen lassen. Vielleicht hatte man gemeint es auf diese Weise honorieren zu müssen.

Für einen Augenblick überlegte er, dass es wohl besser war das Werk einfach zu übergehen. Es würde nur wieder zu Diskussionen mit Dominic kommen und dazu hatte er nun wirklich keine Lust, doch dann entschied er sich das Buch doch zu holen. Er war was er war und nur weil Dominic nicht seine Magiephilosophie teilte, war er nicht bereit sich seine Meinung verbieten zu lassen.

Zusammen mit zwei weit aus akzeptierteren Werken, die er aber persönlich nicht tiefgründig genug fand, legte er den Foliant auf den Tisch. „Wie schätzt Du eigentlich die Dinkelsack ein?“, fragte er, während er sich überlegte welches der drei neuen Bücher er als erstes lesen sollte. „Wie sollten wir unseren Aufsatz aufbauen, um eine gute Note zu bekommen? - Falls das bei ihr überhaupt möglich ist....“

Auch wenn er sauer auf Dinkelsack war, wollte er dennoch einen guten Aufsatz schreiben. Einerseits brauchte er sie, wenn er Auror werden wollte, andererseits wollte er sein lausige Leistung aus dem letzten Jahr vergessen machen, als er vor lauter Trotz nicht aufgepasst hatte und später nicht mehr mitgekommen war.

„Hat die Magistera eigentlich jemals etwas gegeben, was über eine 2+ hinaus ging?“

Marlon kapierte es nicht. Das machte es eigentlich um so amüsanter. Als Marlon den Kopf schief legte, musste der andere Junge jedoch zweifelnd den Mund verziehen. "Ich denke auch, dass es dir bekannt vorkommen muss." meinte Abel und nickte wissend. Eigentlich wollte er auf diese Weiße alles durch den Kakao ziehen. "Wie das Märchen heißt...? Hm... Das aussichtslose Dreiergespann." antwortete der Junge nach kurzem Überlegen. Ein passender Titel, befand er. //Vielleicht sollte ich Autor werden...// dachte der Junge scherzhaft und grinste belustigt in sich herein. Als Marlon sich zurück lehnte und meinte, er würde morgen ebenfalls eine Geschichte erzählen, meinte Abel scherzend folgendes: "Ich freu mich schon darauf... Aber wahrscheinlich werde ich zu dieser Zeit schlafen, also kannst du es mir vorher als Gute-Nacht-Geschichte erzählen." Dann schaute er den Blonden leicht verdutzt an. Nach kurzer Zeit legte Abel den Kopf schief und fragte: "Hm, sag mal, wann ist euer... 'Date' eigentlich? Solltest du nicht langsam schon los?"

Ach das sollte es? Den Titel hatte Marlon zumindest noch nie gehört und das abel irgend etwas daran lustig zu finden schien, half ihm auch nicht weiter. Trotzdem....irgendwas kam ihm daran bekannt vor. So viel Naivität, dass er blaue Augen hatte passte wirklich zu Marlon. Man konnte ihn im wahrsten Sinne des Wortes als "Blauäugig" bezeichnen. "Hmpf..... kein Date ok? Aber....." Er schaute kurz auf die Uhr und wurde plötzlich ganz hektisch. "Oh mein Gott! Du hast Recht! Ich bin total spät dran und dabei muss ich doch noch in den Speisesaal! Tut mir echt Leid Abel, ich muss jetzt echt los." hektisch die Bücher in seine Tasche pakend, stand er auf und machte sich auf den Weg um das Essen für das Picknick zu holen. "Ciao!"

tbc: U1 Mittagessen - Hauptgebäude: Speisesaal

Lächelnd schaute sie ihm Anjun hinter her. Sie konnte es schon jetzt kaum erwarten ihn heute Abend zu sehen. Im Schlafsaal zog sie sich erst einmal etwas Outdoor taugliches an. Seit dem Feuerbuendniss, war sie doch ein wenig Kälte empfindlich. Sie packte sich Tinkerbell, die gerade ein Nickerchen auf einem fremden Bett gehalten hatte und fand sogar noch etwas Zeit um in in 80 Tagen um die Welt zu lesen, ehe sie sich zum Strand aufmachte. Die Hausaufgaben würde sie später mit ihrem lernbegierigen Cousin machen.

tbc: U1 Nachmittag - Rungholt: Der Strand

"Glatt 1 im letzten Schuljahr", nuschelte Dominic leise vor sich hin als Antwort auf Anjuns letzte Frage. Es lag ihm fern mit seinen Noten anzugeben, auch wenn er für diese 1 beinahe übermenschliche Kräfte entwickeln musste und es ihn so angestrengt hatte, dass er beschlossen hatte, der Arbeitsaufwand wäre nicht gerechtfertigt. Er hatte das eigentlich auch nur gemacht, um Lucas zu beweisen, dass die Dinkelsack nicht unmenschlich war... Und dass er verbrieft besser in der Schule war als er. Wenn er diesen Schnösel schon in Kräuterkunde und Fliegen nicht schlagen konnte, dann wenigstens in allen anderen Fächern - und das um Längen.
"Dinkelsack ist wohl die fähigste Lehrerin, die wir hier an der Schule haben. Macht guten Unterricht und nur Unterricht. Keine Spirenzchen, fundiert und anspruchsvoll. Effektiv und effizient." Dominic studierte die Einbände, die Anjun angeschleppt hatte. "Ich denke, wir fangen damit an, das See-Irrlicht genauestens zu beschreiben: Entstehung, Physiologie, Psychologie, die Wirkung auf Zauberer und Muggel sowie Gegenmaßnahmen gegen die See-Irrlichter. Dann sollten wir sie mit ähnlichen dunklen Kreaturen vergleichen um Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufzuzeigen und das Wesen anschließend zweifelsfrei klassifizieren." Er zog ein ungewöhnlich aussehendes Buch hervor. "Und wir könnten eventuell vorher auch noch kurz auf Forschungskontroversen eingehen. Unterschiedliche Meinungen machen den Diskurs erst möglich." Er schlug den Folianten auf und überflog das Inhaltsverzeichnis.

"Ja, hau rein!" meinte Abel, als sich Marlon in Eile verabschiedete. Als er die Bibliothek verließ, murmelt Abel leise: "...und so machte sich der Ritter sputend auf, um die Prinzessin auf zu suchen. Der Eremit blieb ein weiteres mal alleine zurück, wieder mit neuen Informationen im Kopf, die er eigentlich gar nicht wissen wollte..." Er seufzte danach laut und schaute in das Buch, das aufgeschlagen vor ihm lag. Doch so blieb er nicht lange, denn sein Kopf sank immer weiter. "...und ein weiteres mal wusste er nichts mit sich an zu fangen..." säuselte er und sein Kopf fiel platt auf das Buch. In dieser Position verharrte er auch ein paar Momente lang still, bis er schließlich auch schon leise vor sich hin schnarchte.

Eine glatte eins! Dass Dominic sehr gut war, überraschte Anjun nicht, dennoch breitete sich der bittere Nachgeschmack der Eifersucht und des Versagens in ihm aus. Es war also möglich und doch hatte er so viel verpasst, dass es ihm unmöglich erschien die gleiche Leistung zu erzielen wie Dominic - ausgerechnet Dominic!! Der Junge war nicht dumm, aber er war in den vergangenen Jahren in einer ganz anders gearteten Magietradition erzogen worden. Wie sollte er nun diese Sichtweise in sich hinein prügeln? Und wollte er das überhaupt?

"Das klingt nach einem logischem Konstrukt.", stimmte er dem Elwetritschen zu, froh dass man ihm seine Frustration nicht anhörte. Er blätterte in dem Buch zu dem Kapitel über Seeirrlichter, als er sah wie Dominic nach dem Folianten griff. Innerlich ging der junge Baccaracus in Verteidigungshaltung und stellte sich auf eine erneute hitzige Diskussion ein. Doch statt der erwarteten Kritik, schlug Dominic vor verschiedene Sichtweisen auf die Seeirrlichter in den Aufsatz zu integrieren und blätterte gelassen das schwere Buch durch.

Anjuns Schultern entspannten sich und er nickte: "Gute Idee.", murmelte er ein wenig verwundert, dass Dominic zumindest bereit schien die Sichtweise des alten Weges als Forschungskontroverse zu behandeln, anstatt sie einfach abzuurteilen. Um seine Überraschung zu verbergen, blätterte Anjun intensiv in 'Dunkle Wege, dunkle Kreaturen'.

Eine Weile herrschte Schweigen, während sie in ihren Büchern lasen. Schließlich richtete der junge Baccaracus wieder das Wort an den Jungen neben sich. "So weit ich das sehen kann, ist die Beschreibung des Verbreitungsgebiet der See-Irrlichter in diesem Band am genausten. Wusstest du, dass die Nordsee zu einem Hauptverbreitungsgebiet gehört. Gerade die britischen Inseln, aber auch Nordfriesland. Eine Zeit lang haben die See-Irrlichter es ganz arg rund um Rungholt getrieben. Zum Glück haben Hollerbeck und die ersten Lehrer der Schule sie verscheucht. In Norwegen sollen auch viele von ihnen gesichtet worden sein. Sie erscheinen erst wie freundliche Ausflugsboote und locken mit Licht und Heiterkeit. Danach verwandeln sie sich in Deinen schlimmsten Albtraum und reißen dich in ein nasses Grab."

"Nordfriesland..." Dominics Orientierungssinn war zwar ganz gut ausgeprägt, aber das hieß ja noch lange nicht, dass er wusste wie das hieß, was er suchte. Also memorierte er erst einmal eine Deutschlandkarte und lokalisierte dann die nordfriesischen Inseln als die, zu denen auch Rungholt gehörte. Dann schüttelte er den Kopf. "Noch nie gehört, dass es hier welche gab. Wurden offenbar ziemlich nachhaltig von hier vertrieben." Er legte den Kopf schief. "Scheint also ein nordseespezifisches Phänomen zu sein. Schonmal gut zu wissen. Dann können wir sicher auch die Werke über die magische Fauna der Nordsee heranziehen. Du hast kein Magizooologie, oder?" Dominic legte den Kopf noch ein wenig schiefer.
"An und für sich offenbar noch ein ganzes Stück gefährlicher als so ein gewöhnliches Irrlicht, weil sie auch noch besonders harmlos aussehen und wie von dieser Welt. Perfide Dinger..." Dominics Blick hatte das Inhaltsverzeichnis fertig studiert. "Ich glaube, den hebe ich mich für die Kontroverse auf... Oder zumindest für den zweiten Teil bzgl. der Psychologie von See-Irrlichtern." Dominic legte das Buch auf Seite und versuchte nicht, sein Unbehagen darüber zu äußern, dass dieses Buch offenbar frei zugänglich herumstand. Stattdessen zog er ein Stück Pergament hervor und notierte sich darauf die vorgeschlagene Gliederung. Dann griff er nach dem nächsten Buch. "Auch wenn ich gar nicht weiß, ob ich das wissen will oder jemand wissen sollte", murmelte er vor sich hin.

„Doch, ich habe Magiezoologie.“, erwiderte Anjun und versuchte zu überhören was Dominic mehr zu sich selber murmelte. Er wollte diesen Aufsatz nur hinter sich bringen. Mit Dominic über den alten Weg zu sprechen war zwecklos. Er hatte es bereits versucht.“Oh ja, sie sind sehr viel gefährlicher, gerade weil sie so normal und harmlos aussehen. Kennst Du die Geschichte der verwunschenen Schiffe vor Schottland? Sie sehen aus wie gewöhnliche Segelboote auf denen eine heitere Crew bei schönstem Wetter einen Ausflug macht. Hübsche Frauen sind an Bord und sie machen Musik und haben die herrlichsten Speisen. Dann schicken sie ein Beiboot an Land und laden ahnungslose junge Leute ein, damit sie mit ihnen feiern. Wenn sie dann rüber gerudert sind und auch nur einen Fuß auf das Schiff setzen, dann verwandeln sich die See-Irrlichter in scheußliche Altraumgestalten, gerade so wie Irrwichte. Und am Ufer hört man nur noch einen entsetzlichen Schrei, wenn das Irrlichter-Boot plötzlich sinkt.“

Dominic schüttelte den Kopf über Anjuns Bericht. Er wäre in dieses merkwürdige Beiboot bestimmt nicht eingestiegen. Wie konnte man nur so wahnsinnig sein und zu wildfremden Frauen in ein Boot einzusteigen, damit man irgend so eine höchst überflüssige Feierlichkeit besuchen konnte? Und gab es an Land nicht genug Feiern für solche Leute, dass sie unbedingt auch noch auf irgendwelche Boote kommen mussten? Vor Allem, wenn es in der Region offenbar bekannt war, dass es zu solchen Übergriffen durch dunkle Kreaturen kam. "Leichtsinn" war deshalb auch Dominics einziger Kommentar zu der Schilderung Anjuns, bevor er einen Augenblick schwieg und noch einmal genauer darüber nachdachte, was der andere Junge ihm geschildert hatte. Vielleicht war die Geschichte ja zumindest brauchbar, um Erkenntnisse daraus zu ziehen.
"Also sollten wir festhalten, dass See-Irrlichter sich offenbar gänzlich materiell manifestieren können und man ihnen gar nicht ansieht, dass sie Täuschungen sind. Damit sind sie wohl den Irrwichten ähnlicher als den Sumpf-Irrlichtern. Das ist wichtig. Sie funktionieren allerdings komplett anders als Irrwichte, denn sie zeigen offenbar nicht die grässlichste Angst eines Menschen, sondern... Sowas wie einen Herzenswunsch? Sicherlich nicht den, aber irgendwie eine..." Dominic zog unvermittelt einen Bleistift hervor und kaute auf dessen Stumpf herum. "Wie würdest du das bezeichnen? Und habe ich was vergessen oder war das das Wesentliche, was sich aus dem Beispiel ziehen lässt? Ich check die Situation ehrlich gesagt immer noch nicht."

"Es gibt auch Schilderungen in denen die Seeirrlichter andere Gestalten angenommen haben. Die von Fischern beispielsweise oder eines Forschungsbootes. Manche sahen wohl auch nur Lichter, weswegen man lange Zeit von unterschiedlichen Phänomenen ausging."

Anjun entspannte sich zunehmend. So wie es aussah, konnte er die Aufgabe für Dinkelsack erledigen, ohne dass es zu wütenden und fruchtlosen Debatten kam. Das hatte er so nicht erwartet. Vielleicht würde diese Sonderaufgabe keine völlige Katastrophe werden. Er schlug eines der Bücher auf und zeigte auf einen Absatz.

"Die Gemeinsamkeit scheint mir zu sein, dass sie jeweils in der Gestalt von etwas das den Verführten erstrebenswert schien auftauchten. Herzenswunsch... hmm.... das klingt mir etwas stark. Wohl aber etwas, das den Betroffenen in dem Augenblick angenehm oder erstrebenswert erschien."

Der Nachtkrab schlug ein weiteres Buch auf und deutete auf eine Kapitellüberschrift und zog den Folianten als Referenz heran.

"Die interessante Frage ist, ob sie Gestaltwandler sind oder lediglich über starke Mentalmagie verfügen. Interessant an dem Bericht aus Schottland ist, dass die See-Irrlichter nicht nur den Opfern, sondern auch zufälligen Beobachtern als etwas positives erschienen. Dies klärt allerdings keineswegs die Frage nach ihrem Wesen, denn auch wenn es demnach wahrscheinlicher scheint, dass sie Gestaltwandler sind, ist nicht völlig auszuschliessen, dass auch die Beobachter einer gewissen Mentalmagie unterlagen."

"Oder die Mentalmagie ist so stark, dass sie zur Massensuggestion ausreicht" warf Dominic ein. "An diesem Punkt müssen wir offenbar noch ein wenig tiefer in die Materie eintauchen. Irgendjemand wird sich ja wohl eingehender damit beschäftigt haben und auch belastbare Informationen dazu vorlegen können."
Dominic knabberte noch ein wenig an seinem Bleistift herum und dachte darüber nach. Schien sich niemand auch nur einen einzigen Gedanken darüber gemacht haben, dass man für dieses Thema auch ein Grundlagenwerk brauchen würde. Er schüttelte den Kopf und fuhr mit dem Finger eine Zeile entlang. Er runzelte die Stirn und studierte etwas ganz unten, eine Fußnote. "Er hätte es doch wirklich mal direkt zitieren müssen. So weiß doch niemand, wie man das macht..." murmelte er in seinen nicht vorhandenen Bart. Dominic blickte sich irritiert um.
"Brauchst du den Folianten da noch?" Dominic langte schon danach, ohne eine Reaktion von Anjun abzuwarten und blätterte nachdenklich darin herum, bis er an einer Stelle hängenblieb. "Uff.. Das ist hart." Dominic legte die Stirn in Falten. "Also gut. Der Gnomenmurmler verweist auf den hier," Dominic klopfte auf das Werk von Anjuns Verwandter. "um uns zu erklären, wie man ein See-Irrlicht angeblich loswerden könnte. Ziemlich komplizierte Beschwörung. Braucht eine ganze Weile und dürfte auch nicht jedem gelingen, aber so wie ich das verstehe, hilft das auch wirklich und endgültig. Was anderes ist wohl nicht bekannt, sagt er hier." Dominic klopfte auf den Gnomenmurmler. "Was hältst du davon?" Er reichte Anjun beide Werke und deutete auf die entsprechenden Textstellen. "Die Auflage ist nicht mehr ganz aktuell, vermute ich. Ist aber auch erst vor drei Jahren herausgekommen. Könnte sich natürlich mittlerweile geändert haben, aber da glaub ich nicht dran, sonst hätten wir irgendwas davon gehört. So eine spektakuläre Entdeckung würde ja wohl durch die Presse gehen. Das sollten wir in jedem Fall in den Aufsatz hereinbringen, sonst haut die Dinkelsack uns das Werk um die Ohren, bis es völlig zerrupft ist." Dominic legte den Kopf schief und kaute noch ein wenig auf seinem Bleistift herum. Er hatte kein Problem, aus dem Werk zu zu zitieren, solange es dabei nicht um irgendwelche fragwürdigen Praktiken ging. Aber er wollte erst einmal hören, was Anjun dazu zu sagen hatte.

"Wir können Kesselflicker danach fragen, ob es eine Neuauflage des Gnomenmurmlers gibt. Und wir sollten uns die einschlägigen Periodika ansehen. Fall ein bahnbrechender neuer Spruch entwickelt wurde, dann wird es in einer wissenschaftlichen Zeitschrift erwähnt worden sein."

Der Nachtkrab warf einen Blick über Dominics Schulter. "Es scheint die Feldversion eines Grossrituals zu sein, um ganze Küstenabschnitte vor See-Irrlichtern zu schützen. Leider steht hier nur ein Verweis auf das Ritual. Schade."

Er warf einen Blick auf Dominc, der aber ruhig weiterlas und keine Einwände gegen zauberstablose Magie erhob.

"Hier steht auch noch, dass man mit einem einfachen Stupor oder aber einem Impedimenta die Macht der See-Irrlichter unterbrechen kann. Wenn auch nur für eine halbe Minute." Der Junge kaute nachdenklich an den Lippen. "Hast du schon was über ihren Ursprung gelesen?"

Dominic nickte knapp, als Anjun vorschlug, die Zeitschriften durchzugehen und nach einer Neuauflage zu fragen. Er notierte es auf seinem Pergament, holte den Zauberstab hervor und verfärbte die entsprechende Notiz auf Rot, damit deutlich wurde, dass es kein Stichwort war und sofort ins Auge stach. Dann legte er das magische Stück Bambus zu den anderen Gegenständen auf seinem Tisch. Dann dachte er einen Augenblick nach.
"So wie es aussieht, gehen die meisten Leute davon aus, dass es Überbleibsel der Seelen von Menschen sind, die bei Schiffsunglücken ums Leben gekommen sind. Einige gehen auch davon aus, dass es sich bei den Irrlichtern um Opfer von Piraten und Freibeutern handelt, die auf der rastlosen Suche nach Rache für das sind, was ihnen angetan wurde. Also die Überreste aus geplünderten Häfen und Küstenabschnitten, die die Piraten suchen und darüber wohl vergessen haben, dass es auch gute Menschen gibt. Aber Genaues weiß man nicht, weil die Entstehung noch nie beobachtet wurde. Man konnte auch nie eins wirklich untersuchen... Das ist merkwürdig..." Dominic legte die Stirn in Falten. "See-Irrlichter können von erwachsenen Zauberern nicht gesehen werden." Er zog die Brauen hoch. "Steht hier zumindest.

„Nur Kinder? Das ist ja absonderlich!“ Anjun runzelte überrascht die Augenbrauen und blätterte in einem der Bücher. „Allerdings erklärt das dann auch, warum die schriftlichen Quellen so rudimentär sind. - Dann gehören Kinder wohl auch zu den bevorzugten Opfern der See-Irrlichter, nehme ich an. - Ob das Dinkelsacks Art ist und davor zu warnen?“ Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Ich frage mich, wie die See-Irrlichter wohl aussehen. Oder wie sie mir wohl erscheinen würden. - Gut zu wissen, dass man sie mit dem Stupor oder einem Impedimenta auf Abstand halten kann. - Wie wollen wir unseren Aufsatz den zusammenschreiben? Jeder einen Part?“

"In der Tat. Man kann so einfach nichts erforschen, was man aus Prinzip schon nicht erkennen kann sondern sich auf die Berichte von Personen verlassen muss, deren Wahrheitsgehalt man auf absolut keine Art und Weise bestimmen kann. Und es erklärt auch, wieso es keinen wirklichen Bannfluch zu geben scheint, wenn man von dem Ritual absieht, weil niemand es so wirklich entwickeln konnte." Dominic legte den Kopf schief. "Ich glaube aber, die Dinkelsack hat uns das Referat aufgenötigt, weil es über See-Irrlichter kaum brauchbare Informationen gibt. Vielleicht will sie uns damit provozieren. Wenn sie warnen wollte, könnte sie das ja direkt und für alle tun, nicht wahr?" Dominic schüttelte den Kopf.
"Ich denke, jeder schreibt einen Teil des Aufsatzes. Wenn wir es wirklich zusammen schreiben wollten, würde das nur unheimlich viel Aufwand produzieren, weil wir Beide die gesamte Hintergrundlektüre bräuchten und um jede einzelne Formulierung diskutieren müssten. Da hab ich keinen Bock drauf. Was willst du machen?"

„Gut, dann mache ich etwas über die Herkunft, Erscheinungsweise und Verbreitung der See-Irrlichter.“, stimmte der Nachtkrab seinem älteren Mitschüler zu. „Die Zusammenfassung und das Schlußwort schreiben wir dann gemeinsam.“ Anjun war recht zufrieden. Das war ja weit weniger lästig gewesen als befürchtet. Er hatte nicht erwartet, dass Dominic so kooperativ sein würde. „Treffen wir uns dazu in ein paar Tagen wieder in der Bibliothek?“

Dominic nickte. "Du weißt ja, wo du mich finden kannst", erwiderte er mit einem Hauch von Ironie in der Stimme. "Ich werde mich dann gleich daran machen, mir die Zeitschriften bzgl. eines See-Irrlicht-Gegenfluches anzusehen." Dominic erhob sich von seinem Platz und streckte sich. Dabei stellte er fest, dass er sich lange nicht so beklommen gefühlt hatte wie nach Verkündung der Zusatzaufgabe. Anjun hatte sich erstaunlich normal verhalten, so ganz anders als erwartet. Andererseits gab er sowieo nicht viel auf seine Menschenkenntnis. Davon abgesehen, dass er in allen Menschen das Schlechte und Verachtenswerte erkannte, sah er nicht sonderlich viel in ihnen, was er als Eigenschaften bezeichnen könnte. "Oder gibt es noch etwas?" Er glaubte nicht daran und so klang seine Frage auch, aber der Höflichkeit halber stellte er sie.

"Ich denke wir haben alles geklärt." Anjun erhob sich und wählte zwei der Bücher aus, die sich besonders mit seinem Thema beschäftigten. Über die Textseiten der anderen strich er mit seinem Zauberstab, um sie später auf ein Stück Papier zu kopieren. Er nickte Dominic noch einmal zu und machte sich dann daran Biblithekar Kesselflicker zu suchen, um die Bücher auszuleihen.

TBC: Langhaus der Nachtkrabs