Bogenfleet: Meerweib und Meier (Buchhandlung)

pp: Bogenfleet: Potthoffs Menagerie (Tierhandlung)

Die Buchhandlung war schon recht voll, als Isaac und seine Mutter Katharina eintraten. Der Junge, der einen sehr kleinen Käfig mit einer winzigen Eule darin in den Händen hielt, sah sich mit großen Augen um. Seine Aufmerksamkeit galt in erster Linie den Büchern. Den Büchern und darin, keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

„Der Laden scheint innen viel größer zu sein als von außen“, flüsterte Isaac seiner Mutter zu, die ihm darauf hin ein strahlendes Lächeln schenkte.

„Er ist magisch vergrößert, weißt du?“, erklärte sie.

„Oh.“ Isaac wirkte nicht sonderlich begeistert.

„Hier habe ich meine ersten Bücher verkauft“, redete Katharina frisch fröhlich weiter. „Das waren noch Zeiten ... oh, ich sehe Torben Meier! Warte hier, Isaac, ich muss ihm schnell Hallo sagen. Aber du weißt dich ja zu beschäftigen, wenn es Bücher hat, nicht wahr?“

„Ich ... jaah“, sagte Isaac und lächelte tapfer. Das Lächeln schwand allerdings rasch, als seine Mutter irgendwo im hinteren Teil des Ladens verschwunden war.  Schüchtern sah er sich rasch um und suchte sich dann eine Ecke bei einem Bücherregal, wo sich noch keine Besucher befanden. Er versuchte, sich auf die Titel auf den Buchrücken zu konzentrieren – manchen erkannte er sogar -, doch trotzdem trommelten seine Finger nervös auf dem Käfiggitter herum, so dass der Sperlingskauz schließlich mit einem für seine kleine Größe erstaunlich lauten Schrei gegen diese dauernde Störung protestierte. Vor Schreck hätte Isaac beinahe den Käfig fallen gelassen. Stattdessen stieß er gegen das Bücherregal und sogleich fiehlen mit einem - ebenfalls unüberhörbaren - Knall eine Reihe von Büchern zu Boden.

Wie ein Reh, dem der Jäger gerade den Lauf seines Gewehres vor das Gesicht hielt, blickten Isaacs Augen nervös umher, während der Rest seines Körpers wie erstarrt war.

Genervt blickte Teddy in der Buchhandlung umher. Das Gespräch interessierte ihn nicht und vor allem interessierte ihn dieser seltsame, angeberische Junge mit diesem seltsamen Haustier nicht! Zauberer! Kapierten die überhaupt irgendetwas?

Plötzlich fiel ein Stapel Bücher um und Teddy erschrak. Die Erwachsenen schienen in dem allgemeinen Tumult nichts bemerkt zu haben, doch Teddy blickte sich um. Er konnte einen Jungen in seinem Alter sehen, der starr vor Schreck stehen blieb und sich nicht rührte. Irgendetwas an dem Jungen schien nicht zu stimmen; war es seine Haltung? Seine schreckensweit aufgerissenen Augen? Der Ausdruck auf seinem bleichen Gesicht? Aber Etwas ließ ihn hilflos wirken…

Ein Gefühl, das Teddy weder aufhalten wollte noch konnte, überkam ihn und seine Ohren wurden heiß. Ohne auf Tante Margarete, Mama, Tatjana oder einen der Neuen zu achten, schritt Teddy hinüber, bückte sich und hob ohne ein Wort zu sagen ein paar der am Boden liegenden Bücher auf.

Isaac brauchte einen Moment, bis der erste Schreckmoment von ihm gefallen war. Es schienen nicht ganz so viele Leute mitbekommen zu haben, was gerade geschehen war, oder sie blickten sich lediglich schnell um und ließen es dabei bewenden. Doch dann kam ein Junge auf ihn Isaac zu. Er schien etwa im selben Alter zu sein. Isaacs Mund fühlte sich plötzlich merkwürdig trocken an und die Beine weich wie Wackelpudding. Wäre er doch nicht mitgekommen, wäre er doch zuhause geblieben! Es würde schon losgehen, bevor die Schule überhaupt begonnen hatte...

Doch der Junge bückte sich einfach wortlos nach den Büchern. Die Bücher, die er gerade umgestoßen hatte, der fremde Junge lass die auf!
„Ja, ja ... nein, nein!“, stammelte Isaac, stellte den winzigen Eulenkäfig auf den Boden und beeilte sich, selber Bücher aufzusammeln. „I-ich ma-mach d-d-das scho-schon!“

Teddy musste ein Grinsen unterdrücken, als sich der fremde Junge bückte und etwas unbeholfen ein paar Bücher einzusammeln versuchte. Stotterte er etwa? Halb belustigt und halb verwundert blickte ihn Teddy an. Es gab also doch noch normale Leute unter dieser Ansammlung von Zauberern.

„Das kann doch mal passieren. Ich helfe gern.“ Schnell räumte er die Bücher auf einen Stapel, klammerte aber seine Exemplare noch immer an sich. Warum, konnte er selbst nicht so genau sagen. Mit einem flüchtigen Blick bemerkte Teddy den Käfig, den der Junge eilig weggestellt hatte. War da wirklich eine Eule drin? Sein erster Eindruck von dem Tier war, dass es wohl in seiner Jugend nicht sehr viel zu essen bekommen hatte!

Er wusste nicht, wo die Bücher vorher standen, doch – dachte er – sah der Stapel gut aus, den sie beide produziert hatten. Sonst sah es im Laden auch nicht ordentlicher aus. Lächeln richtete er sich auf.
„Hi.“ Er nickte dem Neuen zu. Ihm wollte er seinen Namen sagen. „Theodor. Aber du kannst mich Teddy nennen. Und wer bist du?“

„Ja ... ja ...“, murmelte Isaac verunsichert. Er war es nicht gewohnt, dass andere Kinder ihm mit Freundlichkeit begegneten. „äh – nein, nein. I-ich meine ... ja. Nein, also ... danke ... “ Sein Gesicht glühte bereits vor Scham.

Während dem aufreihen der Bücher piekte Isaac immer mal wieder ein Buch heraus und stellte es an einen anderem Ort wieder hinein. Die Reihenfolge hatte er sich gemerkt und Gott behüte, dass er das Chaos nicht beseitigen würde, welches er angerichtet hatte!

Als sie fertig waren versuchte Isaac so gut es ging das Lächeln des anderen zu erwidern. Theodor also. Er schien wirklich nett zu sein. Aber das musste nichts heißen. Auch in seiner letzten Klasse hatte es solche Kinder gegeben, aber die hatten dann einfach so getan, als ob sie nichts gesehen hätten. Aber das war aus Eigenschutz gesehen, Isaac hatte Verständnis dafür.

„Hallo Theodor ... Teddy“, antwortete er höflich. Er war immer noch unsicher, doch zumindest hatte die Angst soweit nachgelassen, dass er nicht mehr stottern musste. „Ich bin Isaac.“

Wie um gegen die Nichtbeachtung zu protestieren gab die Eule ein weiteres fiepen von sich. Mit einem fast verzweifelten Gesichtsausdruck bückte sich Isaac und hob den Eulenkäfig hoch. Am liebsten hätte er ihn ja irgendwo im hintersten Teil des Ladens versteckt. Ob die Eule wohl einfach wegfliegen und nicht mehr wiederkommen würde, wenn er sie frei ließe?

Isaac schien nervös. Und Teddy musste ein weiteres Grinsen unterdrücken. So was von einem normalen Menschen! Aber irgendwie schien er auch… naja, unsicher.

Teddy biss sich auf die Unterlippe. Unsicher wie seine Schwester Tatjana!

Schnell schüttelte er den Gedanken ab, doch das schlechte Gewissen wurde er nicht so schnell los.
Die Eule bewegte sich und Teddy blickte auf den Käfig, während er versuchte, ein neutrales Gesicht zu machen.
„Was hat sie denn?“

Isaac blickte den Sperlingskauz an, welcher – so schien es ihm zumindest – ihm einen ziemlich vorwurfsvollen Blick zuwarf. Na toll, noch nicht mal sein Haustier mochte ihn. Naja, Isaac war ja auch nicht gerade ein Fan von dem Vogel.

„Keine Ahnung“, gestand er. „Meine Mutter hat ihn mir gerade erst gekauft. Ich wollte eigentlich keine Eule, aber sie möchte, dass ich ihr Briefe schreibe und ...“ Warum erzählte er ihm das eigentlich? Er musste aufpassen, was er sagte. In der Zauberwelt war es ja vielleicht sogar „cool“, ein solches Tier zu besitzen. In einigen magischen Büchern zumindest waren schon Eulen vorgekommen, die wie Haustiere gehalten worden waren. Mit einem weiteren, recht anstrengend aussehenden Lächeln sah er zu Teddy auf. „Aber Eulen sind sicher auch ... ähm ... interessant?“ Er hatte es nicht als Frage formulieren wollen, doch seiner Unsicherheit sei Dank klang es nun so. Noch immer sah Isaac recht überfordert aus mit der Situation.

„Ja, sie tragen die Post aus.“ Teddy schmunzelte und strich sich durch die Haare. Seltsame Sitten. Die er nicht nachvollziehen konnte. Gab es in einer magischen Welt keine besseren Möglichkeiten, Briefe und Päckchen zu verteilen, als Tiere dafür abzurichten?

„Ja, interessant. So interessant, dass meine Schwester lieber eine Katze genommen hat.“ Er grinste. Irgendwie fand er die Aktion seiner Schwester, sich für eine kleine, magere Straßenkatze anstatt einer Eule der angesehensten Eulenzuchtstätte entschieden zu haben, doch ziemlich cool.

Teddy zwang sich, das Grinsen zu einem Lächeln umzuwandeln. „Meinst du, der Knirps packt einen zweiseitigen Brief, ohne zusammen zu brechen?“ Ein Scherz würde Isaac sicher gut tun.

Eine Katze! Oh wie viel lieber hätte er eine Katze bekommen, eine ganz gewöhnliche, normale Katze! Am liebsten hätte Isaac Teddy gleich erzählt, wie interessant Katzen doch seien, dass sie mit ihren Vibrissen ihre Umgebung „fühlen“ konnten oder dass sie süß nicht schmecken konnten, weil ihnen dafür ein Gen fehlte (ja, das bezeichnete Isaac „interessant“), doch er biss sich auf die Zunge. Genau solche Dinge hatten ihn damals in Teufelsküche gebracht.

//„Meinst du, der Knirps packt einen zweiseitigen Brief, ohne zusammen zu brechen?“//

Erschrocken sah Isaac auf die winzige Eule hinab – dass es nur ein Witz gewesen war hatte er offensichtlich nicht begriffen.
„Das habe ich mir gar nicht überlegt!“, sagte er und sah den Sperlingskauz zweifelnd an. „Und dabei schreibe ich doch immer so viel ...“, fügte er murmeln an. Ob man die Eule noch umtauschen konnte? Aber nein, das wäre viel zu peinlich, nachdem ihn die Ladenbesitzerin schon gewarnt hatte.

Teddy bemerkte Isaacs zweifelndes und schon fasst ängstliches Gesicht und lachte leise.

„War ´n Scherz.“ Er stupste Isaac freundschaftlich an die Schulter. Der Junge gefiel ihm. „Bei allem Seltsamen, was hier passiert, denke ich, kann die Eule Kiloweise Pakete tragen, auch wenn wir uns das nicht vorstellen können. Wahrscheinlich kann sie selbst zaubern oder sowas!“

Magische Haustiere! Sein Grinsen gefror, als er an den Kater seiner Schwester dachte. Irgendetwas stimmte mit dem Tier nicht…

„Bist du allein hier?“ Lässig hielt er die Bücher an seine Brust gedrückt, die der andere Theodor herausgesucht hatte. „Ich bin mit meiner Mutter, meiner Schwester und der schlimmsten Tante auf der Welt hier.“ Grinsend deutete er auf eine Ansammlung Menschen. Ein 12 jähriges Mädchen blickte neugierig herüber, traute sich aber wohl nicht, die Erwachsenen zu verlassen.

//„...Wahrscheinlich kann sie selbst zaubern oder sowas!“//

Auch Isaacs Gesicht erstarrte. Er schluckte und schaute auf die Eule herab. Am liebsten hätte er den Käfig fallen lassen. Er würde es wirklich versuchen, ob das Tier nicht einfach freigelassen werden konnte. Vielleicht, wenn er es möglichst bald machte, bevor sich die Eule an ihn gewöhnt hatte?

//„Bist du allein hier?“ Lässig hielt er die Bücher an seine Brust gedrückt, die der andere Theodor herausgesucht hatte. „Ich bin mit meiner Mutter, meiner Schwester und der schlimmsten Tante auf der Welt hier.“//

Isaac blickte in die Richtung, in die gezeigt wurde. Er sah das Mädchen, das zu ihnen hinüber blickte und versuchte, zu lächeln. Doch es gelang nicht wirklich. Sie war etwa in dem Alter wie seine letztjährigen Mitschüler.

„Ich bin mit meiner Mutter hier“, erklärte er und wie auf Kommando schritt die Hexe bereits herbei.
„Tut mir Leid, Isaac, ging länger als gedacht!“, rief sie, während sie zu ihnen beiden hinüberschritt, ein halbes Dutzend Bücher unter dem Arm. „Wir mussten noch über die guten alten Zeiten... oh! Hallo!“ Erst jetzt hatte sie Theodor bemerkt und schenkte ihm ein Lächeln. „Du hast schon Freunde gefunden, Isaac? Wunderbar! Gehst du denn auch nach Rungholt?“

Rungholt? Teddy musste erneut ein Grinsen unterdrücken. Waren denn heute nur Rungholtianer unterwegs?

„Ja, Ma´am. Auch Rungholt“ Teddy nickte und betrachtete halb-neugierig die Bücher, die Isaacs Mutter unter dem Arm trug. Waren das Schulbücher? Würde er diese auch benötigen? Seine Selbstsicherheit schwand. Die Schulbücher und die zusätzliche Literatur… wie sollte er das alles nur lesen und behalten können?

Sein Lächeln sah nicht halb so überzeugend aus, wie er es sich gewünscht hätte. „Ich bin froh, weil ich jetzt weiß, dass auch normale Leute auf diese Schule gehen.“ Er nickte zu Isaac, ehe ihm klar wurde, was er gerade gesagt hatte. Seine Wangen liefen rot an; hatte die Frau das jetzt falsch verstanden?

Normale Leute. Isaacs Kinnladen klappte auf. Noch nie in seinem Leben hatte ihn jemand als „normal“ bezeichnet. Auch Katharina schien von der Aussage leicht irritiert, doch lächelte sie sogleich wieder.

„Wie schön, dann kennt Isaac schon jemanden“, sagte sie und wirkte tatsächlich ehrlich erleichtert. Isaac warf ihr einen kurzen Blick zu. Hoffentlich sagte sie nicht irgendetwas, was ihn als eben nicht-normal entlarven würde! „Schau mal, ich habe deine Schulbücher, und hier noch ein interessantes Buch über Arithmantik. Das Fach werdet ihr zwar erst später wählen können, aber ich bin sicher, es interessiert dich.“

„Ähm ... danke, Mutter“, murmelte Isaac leise.

„Such dir ruhig noch ein paar Bücher aus. Aber in Rungholt hat es auch eine Bibliothek, also keine Angst.“

„Hat es auch normale Bücher hier?“

Katharinas Lächeln geriet etwas ins Wanken. „Es hat eine kleine Abteilung von Muggelbüchern dort hinten. Aber die Auswahl ist nicht besonders groß.“

Isaac nickte. „Hast du schon alle Bücher gekauft, Theodor?“, fragte er. Er hatte zwar noch im Hinterkopf, dass er den Jungen eigentlich „Teddy“ nennen sollte, aber irgendwie traute er sich noch nicht recht.

Teddy seufzte. „Nein, ich habe noch nicht alle Bücher.“ Dann deutete er zu den Erwachsenen, von denen er herkam. „Aber ich bin davon überzeugt, meine Tante kümmert sich darum.“ Er rollte theatralisch mit den Augen.

Neugierig zog er die Augenbrauen hoch. „Es gibt hier auch normale Bücher? Das kann ich ja kaum glauben!“ Bestärkt durch Isaacs Auftreten und die Aussage seiner Mutter konnte er Sarkasmus nicht unterdrücken. „Haben die auch Romane?“ Ein neugieriges Lächeln huschte über seine Züge.

„Du magst auch Romane?“, fragte Isaac und zum ersten Mal wirkte sein Lächeln aufrichtig.

„Ich sehe, ihr kommt gut aus“, sagte Katharina. „Ich bringe die Bücher mal hinüber zur Kasse und gehe schon Mal und kaufe dir Schreibsachen, ja?“

Isaac nickte und kam sich dabei recht tapfer vor. Katharina lächelte Theodor zu, stellte die Bücher auf dem Thresen neben der Kasse ab und verließ den Laden.

„Wol-wollen wir ... also, wir könnten zusammen ... ich meine, wenn du magst ... könnten wir schauen, ob sie Romane haben.“ Sogleich war die Unsicherheit und Schüchternheit wieder da. Es schien ewig her, dass er ein Kind gefragt hatte, ob es was mit ihm unternehmen wollte – und sei es nur ein paar Schritte zum nächsten Buchabteil zu machen.

Teddy grinste. Warum war Isaac nur so unsicher? Teddy wollte ihn doch gar nicht beißen.

„Klar. Das ist sicher spannender, als sich hier rumzudrücken.“ Er zuckte mit den Schultern und ignorierte Mama, Tante und Schwester. Die Bücher, die er in Händen hielt, behielt er jedoch.
Warum mochte er Isaac, obwohl er so unsicher wirkte, wie Tatjana. Oder vielleicht direkt deshalb? Kurz schüttelte er den Kopf, um diese absurden Gedanken loszuwerden und zwang sich ein Lächeln auf.

„Na, komm. Vielleicht haben dir hier ja sogar Science-Fiction-Sachen."

Isaac starrte Teddy ungläubig an. Am liebsten hätte er den Jungen sofort umarmt oder wäre für Glück in Tränen ausgebrochen. Oder beides. Er beherrschte sich jedoch – zumindest verhältnismäßig. Er konnte aber nicht anders, als loszusprudeln, während sie zu dem Muggelbücherabteil gingen: „Du ... magst Scifi? Ich hab tonnenweise Bücher davon zuhause! Ganz viele Star Trek Bücher, auch Geschichten, die nicht in der Serie oder den Filmen vorkommen. Und ganz viele andere! Was magst du denn so? Ich kann dir welche mitnehmen, wenn du magst!“

Isaac konnte sein Glück kaum fassen. Da war ein Junge, der auch nach Rungholt ging, der nett zu ihm war und gerne Science Ficion hatte? Das ganze musste irgendwo einen Haken haben, bestimmt. In welcher Klasse der Junge wohl war? Wie schön es wäre, wenn er in dieselbe Klasse gehen würde wie er! Isaac stellte sich gerade vor, wie es wäre, mit Teddy zusammen im Unterricht zu sein und bekam glitzernde Augen. Etwas in ihm warnte ihn aber davor, sich zu viele Hoffnungen zu machen. Es würde dann nur noch mehr weh tun, wenn er am Ende wieder alleine sein würde. Und in Rungholt wäre noch nicht mal seine Mutter, die zu ihm stehen würde.

Teddy hob die Augenbrauen, während er sich einen Weg durch die Menschen in eine Richtung schlug, wo er die Romane vermutete.

„Klar mag ich Sci-Fi. Das ist wie Magie! Nur besser!“ Beinahe hätte er gelacht, als ihm auffiel, was er da eigentlich gesagt hatte. Unsicher blieb er stehen. „Also, damit meine ich nicht…“ Omann, was sollte er sagen?

„Ich lese es halt gern.“ Kleinlaut ging er weiter. Isaac war auch ein Zauberer, sonst würde er wohl kaum für die Zaubererschule einkaufen. Teddy musste aufpassen, was er so über Magie sagte. „Ich habe Jules Verne gelesen und eigentlich mag ich die Kurzgeschichten von einem Namensvetter von dir sehr gern.“ Er grinste. „Isaac Asimov. Aber Star-Trek-Bücher habe ich noch keine gelesen.“

Wie Magie? Mit Magie hatte er Science Fiction noch nie verglichen und irgendwie gefiel ihm das nicht. Nein, das war nicht wie Magie, mehr wie Wissenschaft. Logisch zu erklären. Aber er traute sich nicht, Theodor nicht wiedersprechen, und so nickte er nur mit einem scheuen Lächeln und sah sich die Bücher im Regal an. Viele waren es nicht und die wirklich interessanten Bücher kannte er bereits fast alle. Die Auswahl beschränkte sich hauptsächlich auf ein paar bekannte Romane, Kochbücher und dann jede Menge Bücher über Haushaltsgeräte und Muggelsachen, welche die Zauberer interessierte, die selber keine Ahnung hatten von Dingen wie Elektrizität. Etwas enttäuscht verzog Isaac das Gesicht.

// „Ich habe Jules Verne gelesen und eigentlich mag ich die Kurzgeschichten von einem Namensvetter von dir sehr gern.“ Er grinste. „Isaac Asimov. Aber Star-Trek-Bücher habe ich noch keine gelesen.“ //

Das Lächeln kehrte zurück. „Habe ich auch gelesen. Ich mag den Roboter Norby total gerne! Wusstest du, dass Isaac Asimov Eugene Roddenberry kannte, den Schöpfer von Star Trek? 1979 hat er dann sogar als Special Science Consultan bei der Entstehung von Star Trek: Der Film geholfen. Und außerdem war er ...“ Doch plötzlich stockte er in seiner Schwärmerei. Erschrocken darüber, dass er so frei von der Leber weg geplaudert hatte, biss er sich auf die Lippen. Teddy war ja froh darüber, jemanden getroffen zu haben, der ‚normal’ war. Er musste aufpassen, was er sagte! „Ja, ja – nein, nein, ich meine, tut mir leid“, murmelte er rasch und fügte wie in der Hoffnung, seine Besserwissenplapperei wieder gut zu machen an: „Ich, ähm ... lese auch gerne.“

Teddy blickte aufgeregt zu den Büchern im Regal. Doch schon bald überkam ihn Enttäuschung. Die Bedienungsanleitung einer AEG-Waschmaschine war nicht das, was er erwartet hatte. Doch Teddys Blick glitt aufs Nachbarregal. Kräuter und Gewürze des Mittelmeerraumes… Wohl etwas anderes als Thymian und das andere Kraut… das so gut roch…

Isaac plapperte völlig ungehemmt über Gene Roddenberry; den Namen hatte Teddy schon einmal gehört. Doch plötzlich verstummte Isaac, begann wieder zu stottern und schloss kleinlaut ab.

>> „Ich, ähm ... lese auch gerne.“<<

Teddy grinste. „Ja, das merke ich.“ Er lachte und gab sich einen Ruck, um das Kräuterkundebuch aus dem Regal zu ziehen. Er wollte nur wissen, was Zauberer mit Thymian machen konnten.

„Aber das mit Gene Roddenberry wusste ich nicht.“ Anerkennend nickte er, während er den Klappentext des Buches überflog. „Aber die Kurzgeschichten haben mir eigentlich immer besser gefallen, als dieser Epos.“

Dann grinste er erneut, als ihm etwas einfiel. „Außer die Musik. Die finde ich toll. Wer verwendet schon ein Theremin?“

„Tatsächlich wurde das Theremin für einige Science Fiction Filme verwendet, als Erzeuger unheimlicher Musik und musikalischer Effekte, die Gänsehaut auslösen sollten. Zum Beispiel in ‚Gefahr aus dem Weltal’ oder ... aber, nicht so wichtig ...“ Er hatte es schon wieder getan! Irgendwann würde er sich die Zunge abbeißen. Er musterte Teddy, wie er ein Buch über Kräuter studierte. Es schien ihn zumindest noch nicht verscheucht zu haben. Eigentlich war es ja schon verwunderlich, dass er das mit dem Theremin überhaupt wusste! Teddy schien wirklich anders zu sein, als alle Kinder, die er bisher getroffen hatte.

Er überflog noch einmal die Bücher, dann zupfte er einen dünnen Kinderroman heraus, warf einen Blick auf den Buchrücken und stellte es wieder zurück. Vielleicht würde er seine Mutter noch überreden können, in einen "richtigen" Buchladen zu gehen?

Isaac sprach enthusiastisch über etwas und Teddy blickte amüsiert auf. Er schien eine Menge Ahnung zu haben, doch plötzlich zügelte er sich selbst, senkte den Blick und murmelte etwas Allgemeingültiges.

Teddy grinste. Und erstarrte plötzlich, als er die durchdringende Stimme seiner Tante hörte, die ihn rief! Oh, nein!
„Theodor! Theodor, wir möchten weiter! Bitte bring die Bücher, die du dir ausgesucht hast!“ Alle Leute im Laden schienen sich umzublicken und einige Schüler schienen sogar zu lachen. Es war oberpeinlich!

„Sorry, Isaac. Ich muss gehen.“ Unwillkürlich zog er die Schultern ein. „Wir sehen uns, ja?“

Und er hoffte, dass Isaac nicht bemerkte, dass er das Kräuterkundebuch zu den restlichen Büchern in seinem Arm packte.

// „Wir sehen uns, ja?“ //

„Ja, ja – nein, nein ... ich meine: doch, doch!“, entgegnete Isaac. Als Theodor schon verschwunden war, blickte Isaac immer noch auf die Türe. „’Wie sehen uns, ja?’“, murmelte er. Er konnte sich nicht erinnern, dass ein Kind ihm mal so was gesagt hatte. Ohne darauf zu achten, was für ein Buch es war, zog er eines aus dem Regal, klappte es auf und verbarg sein Gesicht darin, so dass niemand sein breites Grinsen sehen konnte...

Als seine Mutter eine halbe Stunde später wieder in den Laden kam, fand sie ihren Sohn überraschend zufrieden vor. Er hatte nun doch einige Bücher gefunden, die ihm gefielen. Das meiste waren tatsächlich magische Bücher, die aber ein Thema theoretisch erläuterten, ohne irgendwie selber magisch zu sein. Katharina bezahlte die Bücher und die beiden verließen den laden.

tbc: Rausgeschrieben

tbc rausgeschrieben

Shouky überlegte kurz. Sollte sie sich einfach so abwimmeln lassen? Oder sollte sie den Jungen trotzdem begleiten? Aber was, wenn er das tatsächlich nicht wollte? Vielleicht warteten ja draußen seine Eltern. Vielleicht gab es ja doch jemanden, der ihn begleitete. Nachdenklich blieb Shouky ein paar Sekunden stehen und sah ihn genau an. Sie war sich nicht sicher, was sie tun sollte, aber letztendlich zuckte sie mit den Schultern. "Okay. Falls du es dir anders überlegst .. ich bin bestimmt noch eine Weile hier", sagte sie schließlich lächelnd. "Falls du also doch gerne Begleitung hättest, komm einfach wieder zu mir und sprich mich an. Ich bin jederzeit bereit, dich zu begleiten." Grinsend klopfte sie ihm kurz auf die Schulter. "Und wenn nicht, dann sehen wir uns am ersten Schultag an der Wassernixe!"