Rungholt: Dünen

An der Küste ragen hohe Sanddünen auf, bewachsen mit scharfkantigem Gras. Hier ist es recht windgeschützt, was im Sommer viele Schüler dazu animiert, es sich mit einer Strandmatte hier gemütlich zu machen. Außerdem hat man einen guten Blick über die Insel mit den verschiedenen Gebäuden, allen voran dem Leuchtturm, der alles überragt.

pp: Speisesaal

Anjun trat aus dem Hauptgebäude und hob schnuppernd die Nase. Der Wind prickelte kalt auf seiner Haut und es roch nach Salz und Meer. Der Geruch des Strandes war noch unvertraut und mit leiser Wehmut dachte Anjun an die warmen, erdigen Gerüche seiner Heimat. Es war wärmer dort und von dem Felsen über den Rhein zu sehen war fast so schön wie fliegen.

Er sah mit sehnsüchtigen Augen in den graublauen Himmel. Die Sonne war nur schwach zu sehen und sturmzerrissene Wolken zogen über den weiten Horizont dahin. Das Mittagessen und die Schularbeiten hatte ihn satt und müde gemacht und Anjun sehnte sich nach etwas Bewegung. Wie gerne wäre er jetzt geflogen. Aber über das Watt fliegen durften sie nur bei gutem Wetter und aufs Quidditch-Feld wollte er auch nicht gehen, denn er war sich ziemlich sicher, dass er Jörn dort treffen würde.

Jedenfalls war dies in den letzten Tagen oft der Fall gewesen. Anjun hatte oft beim Quidditch-Training zugesehen und schließlich Aurora gebeten mitmachen zu dürfen. Diese hatte ihm angeboten mitzutrainieren, um entscheiden zu können, ob er gut genug war und ob das Zusammenspiel mit den anderen funktioniere.

Ein Rabe landete mit ausgebreiteten Schwingen auf dem Weg vor ihm und trippelte auf ihn zu. Ein Lächeln legte sich auf das ernste Gesicht des Jungen, als er sich herabbeugte, um den Vogel auf seine Hand zu lassen.

"Hallo Hugin."

Der Rabe krächtze leise und sah in aus schwarz glänzende Augen klug an.

Der Junge strich über die blauschwarz glänzenden Federn und seufzte. „Wahrscheinlich kann ich mir jetzt abschminken ins Quidditch-Team zu kommen. - Aber was solls. Ich habe eh nicht vor lange in Rungholt zu bleiben.“

Der Vogel schüttelte wie missbilligend die Federn. Vielleicht fand er aber auch nur, dass der Junge sie ihm in Unordnung gebracht hatte.

„Ich hasse Rungholt.“, wiederholte er. Dann lächelte er schief. „Aber die Dünen sind schon ok. Was meinst Du, wollen wir hingehen?“

pp: Speisesaal
Noise entschied sich einen Spaziergang an der frischen Luft zu machen, sie hatte keinen Hunger mehr und war nicht bester Laune, sie erhoffte sich hier zu erholen und munter zurückzukehren, um niemanden mit ihrer schlechten Laune anzustecken. Sie schlenderte die Dünen entlang, bis zum Leuchtturm wo sie sich hinsetzte.
Von dort aus konnte sie Anjun erblicken, was sie nicht viel munterer machte, im Gegenteil, er war ja einer der Gründe, weswegen sie schlechte Laune hatte.
Sie hatte sich vorgenommen ihn zu ignorien, aber die merkwürdigen Gespräche mit seinem Raben haben sie gestört.

Der Wind ließ Schaumkronen auf dem Meer tanzen. Feiner Sand wirbelte um Anjuns Füße. Obwohl es kalt war, hatte er die Schuhe ausgezogen, um die Elemente zu spühren. Über ihm drehte Hugin sein Kreise und fast schien es als wolle er es den Möwen gleichtun, deren Kreischen die Luft erfüllte.

Anjun hob seinen Zauberstab. Er war aus feinem Ebereschenholz gemacht und in seiner Mitte war die Feder eines Hippogriffen. Anjun liebte Hipporiffe. Irgendwie waren sie ihm ähnlich, fand er. Er führte einen schnellen Bogenschlag aus und konzentrierte sich. Wie lange hatte er keinen Fechtkampf mehr trainiert. Es wurde höchste Zeit sich etwas Bewegung zu verschaffen. Er würde sonst wahnsinnig auf dieser Schule werden.

Zu seiner Verblüffung stand jedoch nicht die Illusion vor ihm, gegen die er sonst üblicherweise trainierte. Normalerweise war sein Gegner ein Junge in seinem Alter. Weder größer noch kleiner als er selber. Doch diesmal mußte ihm ein Fehler unterlaufen sein, denn vor ihm stand Jörn. Oder besser gesagt eine Illusion von Jörn. Er mußte in Gedanken noch so mit ihm beschäftigt gewesen sein, dass ihm dieser Zauberpatzer unterlaufen war.

Im Grunde hätte eine einfache Bewegung des Zauberstabes genugt, um den illusionären Jörn wieder verschwinden zu lassen. Aber irgendwie wäre Anjun das wie Feigheit vorgekommen. Der Tutor mocht größer und älter sein, aber er stand nun mal vor ihm und hob den Degen.

Also denn. Er legte die linke Hand auf den Rücken und hob den Degen. Seine Augen blitzten wie der kalte Stahl. Trotzdem verneigte er sich mit einer eleganten Bewegung vor seinem Kontrahenten.

„Auf drei können wir beginnen.“, verkündete er, hob die Hand und zählte. Seine Sehnen spannten sich und er konnte die gleich energiegeladene Anspannung in dem illusionären sehen. Sie standen regungslos, kaum einem Meter entfernt, voreinander, die Degen erhoben.

„Eins, Zwei Drei!“

Anjuns Klinge fuhr wie ein silberner Blitz auf die Illusion zu. Er wehrte sie mit einer raschen Bewegung ab. Ihre Degen kreuzten sich ein paar mal mit klirrendem Schneiden, ohne daß einer von ihnen an Raum gewonnen oder einen Hieb erzielt hätte.

Die Illusion griff an. Im nächsten Augenblick wirbelte Anjun herum und zwang ihn mit schnellen Stößen zurück. Er machte einen geschickten Ausfall. Der andere Junge schwankte, blieb aber breitbeinig stehen, während er die Knie durchbeugte und einen weiteren Hieb abfing.

Abermals ging der Rothaarige zum Angriff über, um Rache an dem Älteren zu nehmen, doch sein Gegner parierte die Hiebe ohne auch nur ins Schwanken zu geraten. Dann trieb er deinen Kontrahenten weit zurück. Der Degen in seiner Hand blitzte wie Quecksilber in der Hitze des Kampfes

Plötzlich wurde Anjun gewahr, dass er nicht alleine war.

Sofort ließ er den Degen sinken und griff nach seinem Zauberstab, um die Illusion zu beenden. Der blitzende Stahl des illusionären Angreifers ging knapp an ihm vorüber, dann hatte er den Ebereschenstab in der Hand. Eilig winkte er damit und die Illsion verschwand. Jetzt konnte er nur hoffen, dass – wer immer es auch war – nichts von dem Kampf bemerkt hatte.

Auf Noises bitterem Gesicht waren nun wieder kleine Grübchen zu erkennen, sie konnte es sich nicht verkneifen, wie sauer, trauwig oder geschockt sie wäre, beim solch einem Anblick! Die Illusion war für Noise nicht sichtbar, sie sah nur einen merkwürdig herumzappelnden Anjun. Das Lachen konnte sie sich grade noch verkneifen, das schmunzeln jedoch nicht.
Jedoch versuchte sie ihn weiterhin zu ignorieren, sie wendete sich einfach ab.
Doch das Geschreie und Gerede war einfach nicht zu überhören.
Sie war kurz davor Anjun eine zu verpassen, immerhin mochte sie ihn nicht und sie war sauer, da sollte man sie lieber in Frieden lassen.

pp: Speisesaal
Mit offenem Mund blieb Diana stehen. Sie hatte eigentlich vor, Noise zu fragen, was los war, und stattdessen sah sie, wie Anjun mit eigentlich niemanden kämpfte. Dann fiel ihr Blick auf Noise, die etwas weiter Abseits von Anjun stand, und rannte auf sie zu. "Wie und was und warum kämpft Pumuckl?", fragte sie. "Okay...das war komisch. Jedenfalls...äh...ja...bist du sauer? Du weißt ja, du kannst dich bei mir ausreden..." Immer noch perplex sah sie von Noise zu Anjun.

Anjun strich sich das vom Wind verwirrte Haar aus dem Gesicht. Er hätte den Kampf gerne zu Ende geführt, aber das war unmöglich, wenn die beiden Mädchen da waren. Diana und Noise! Wie hätte es auch anders sein können. Er ließ seine Schuhe an seine Füße schweben, steckte den Zauberstab dann ein und rief nach Hugin.Der Rabe flatterte herab und setzte sich auf seine Schulter.

„Nun, Hinterwäldler und Fragwürdig. Auch ein bischen frische Luft schnappen?“

Noise streckte eine Augenbraue hoch und senkte den Kopf, "Als ob dich das was angehen würde!", sagte sie schnippisch und machte eine abweisende Handbewegung.
"Ach und du? Superman spielen? Ach nein, Tut mir Leid, du weisst ja nicht wer das ist. Aufjdenfall sahen deine Spielereien äußerst merkwürdig aus. Als würdest du versuchen... hmm" Noise überlegte, darauf schnipste sie mit dne Finger. "...sehr komisch.", sagte sie und wendete sich zu Diana.

"Seid wann nennst du mich mit den nachnamen?", fragte Diana verwirrt. Sie hätte nicht gedacht, dass Anjun ihren Nachnamen wüsste. "Meine Mutter ist doch nur ein Muggel, lohnt es sich überhaupt,sich so einen unwichtigen nachnamen zu merken?" jeder wusste, was Anjun von Muggeln hielt, und das machte ihn nicht gerade symphatisch. "Also ehrlicherweise fand ich ja Spiderman toll. Ich finde, das sah aus, als würde er sein Können als Phantomine probieren.", murmelte sie noch und sah zu Noise. "Also ich wollte ja eignetlich fragen, was mit dir los ist..."

Noise war etwas irritert, sie hatte keine Lust auf solche Disskussionen "Ähm... mit mir? ähm", sie versuchte auszuweichen. Schnell wendete sie sich zu Anjun
"Dasselbe gilt beim mir, so ein unwichter Nachname... Fragewürdig! Würde es der Nachname meiener Mutter sein, denn kenn ja auch jeder. Meine Großeltern halt. Naja..!"

"Noise Fragewürdig, wehe du weichst jetzt von Thema ab! Du weißt genau, ich kann es nicht ab, wenn du mir nicht erzählst, was los ist", grummelte Diana und verzog ihr gesicht. Einmal haben die Cousinen 2 Wochen lang nicht miteinander geredet, weil sie dachte, jeweils die andere wäre sauer auf sie, obwohl es so nicht war. seitdem versucht Diana immer möglichst sofort Konflikte aus dem Weg zu räumen. "Komm schon, heute ist die Walpurgisfeier, da können wir uns nicht streiten...naja, nicht genau streiten, aber...sag doch einfach, was los ist!"

Anjun schüttelte irritiert den Kopf. Diese beiden Mädchen waren definitv seltsam. Und wer war überhaupt Spiderman? Mußte irgend ein Muggel sein. Er maß die beiden Mädchen noch mal mit Blicken und stappfte dann an ihnen vorbei die Düne hoch.

Noise runzelte die Stirn "Ich brauche einfach Ruhe, alles etwas stressig",sagte Noise gelassen und setzte isch wieder hin. "Nun Anjun, liebster. Möchtest du uns nicht beichten, was du dort gemacht hast?",fragte sie.

Anjun hob den Degen, den er wieder in die verzierte Scheide gesteckt hatte mit beiden Händen hoch und zuckte dann mit den Achseln. Was sollte es. Die Mädchen waren eben neugierig oder hatten zu wenig zu tun.

"Also wenn du Ruhe brauchst..." Diana zuckte mit den Achseln, sah Noise und Anjun noch ein letztes mal an, und verzog sich zurück in den Speisesaal. Dort wartete noch ihr Pudding, den Jörn hoffentlich nicht aufgegessen hat. "Wenn du doch reden willst, ich fresse mich im Speisesaal voll, Noise!"
tbc: Speisesaal

pp: Langhaus/Nachtkrabs: Aufenthaltsraum

Coco betracht die Dünen. Sie waren eine der schönsten Plätze in Rungholt. Sie zog die frische Luft ein und spürte, wie sie frei wurde. Eigentlich hatte sie gehofft Noise oder Diana zu traffen, stattdessen bemerkte sie Anjun, der mit einen Degen gegen einen imaginären Gegner kämpfte. Fechten. Das war ein Sport, den ihr Großvater vergöttert hatte. Coco fand die Bewegungen sehr fließend und elegant und hätte gerne selber das Fechten gelernt.
Ihr Großvater war jedoch dagegen gewesen. Er war jemand von der alten Schule und da gehörte auf jeden Fall kein fechtendes Mädchen rein.
Um Anjun nicht zu stören, setzte sie sich einfach in den Sand, wo sie gerade stand und schaute ihm nachdenklich zu, während sie durch ihre Fingerspitzen den Sand rieseln ließ.

Nosie saß hinter dem Leutturm, sie sah Coco kommen, aber Coco sie anscheinen nicht. "
Hey Coco!",rief sie, stand auf und winkte ihr.

Coco blickte freutig auf, als sie Noises Stimme hörte. Sie sah sich um und bemerkte, wie Noise wild winkend neben dem Leuchtturm stand. Coco winkte lachend zurück und ging zu ihr. Auf den Weg klopfte sie den Sand von ihren Händen und bemerkte entsetzt, dass der Ring, ein altes Erbstück ihrer Familie, den sie von ihrer Großmutter für den heutigen Abend geschenkt bekommen hatte, nicht mehr an ihrem Finger war. "Oh nein!", rief sie entsetzt, lief zurück zu der Stelle, an der sie gesessen hatte und begann wie wild nach dem Ring zusuchen.

Anjun folgte dem Weg durch die Strandrosen zu den letzten Dünen. Zu dieser Jahreszeit blühten sie noch nicht, aber das erste kräftige Grün spross bereits. Etwas oberhalb der Düne konnte er die Siluette eines Mädchens erkennen. Er kniff die Augen zusammen, um besser gegen die Sonne sehen zu können. Den wehenden roten Haaren nach, konnte es Coco sein.

Coco fluchte. Ihre Großmutter würde ihr beim lebendigen Leibe die Haut abziehen, wenn sie den Ring, der schon seit Generationen in der Linie de Lune an die Nachfolgerin weitergegeben wurde, nicht wieder fand.
Was müssen diese dummen Ringe auch so klein sein? Sie hatte ihn erst heute morgen mit der Post geschickt bekommen. Cocos Großmutter fand, dass ein Tanz die perfekte Einweihung für die neue Ringträgerin wäre.
Wer konnte schon ahnen, dass er, noch bevor der Tanz überhaupt begongen hatte, verloren ging?

Der Junge erklomm die letzte Düne, hinter der der Weg zu den Langhäusern führte. Der Sand rutschte unter seinen Füßen. Nur wo der Strandhafer wuchs, ließ es sich leicht gehen. Hugin hüpfte vor Anjun her. Der Rabe flatterte mal hierhin und mal dort hin. Er pickte am Strandhafer und hielt mit scharfen Augen nach den kleinen Insekten im weichen Sand Ausschau. Dabei kam er bis auf wenige Meter an Coco heran.

Der Ring war nicht da! Coco ließ sich auf den Rücken in den Sand fallen, schlug die Hände vors Gesicht und ließ ein paar wüste Flüche los. Als sie sich wieder beruhigt hatte, atmete sie erstmal wieder richtig durch. Sie nahm sich vor Noise zu bitten, ihr beim Suchen zu helfen. Coco stand auf und als sie ihre Haare über die Schulter zurückschmiß, sah sie erschrocken, dass Anjun nur wenige Schritte vor ihr stand. Vor ihm hüpfte ein Rabe hin und her, der ihm Sand nach Leckereien suchte.

Noise sah Coco auf sie zukommen, doch plötzlich drehte sie sich um un schaute erschrocken, als hätte sie Geister gesehen, was hier eigentlich garnicht so unnormal wäre.
Deswegen entschied sie sich zu Coco rüberzulaufen und begrüßte Sie. "Hey Coco, was ist denn los?"

„Hallo Coco!“, grüßte er und musterte die sandige Kleidung des Mädchens. Er sah die Anspannung auf ihrem Gesicht. Sie schien über irgend etwas unglücklich zu sein. Aus den Augenwinkeln nahm er Noise war und seufzte innerlich. Rungholt war definitiv zu klein und Noise schien überall zu sein. Immer da, wo sie ihn ärgern konnte. Für einen Augenblick überlegte er einfach weiter zu gehen, aber dann gab der unglückliche Ausdruck in Cocos Augen den Ausschlag und er blieb stehen. „Was ist?“, fragte er rau.