Campingplatz am Edersee (Dominic/Pascal)

Pascal konnte sich ein ganz feines, leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. Ja, so kannte er Dominic. Er suchte in seiner Radtasche und warf ihm dann Mückenspray zu. „Das kannst Du gerne machen. Aber erst mal genießen wir unseren Ausflug. - Und auf solche einen Kommentar habe ich gewartet.“ Er zwinkerte freundlich. „Was meinst du, stellen wir noch ein paar Anti-Mücken-Kerzen auf. Ich mag den Citronella-Duft eigentlich nicht. Aber es sieht am Feuer gemütlich aus.“

"Du bist so fürsorglich..." Entgegen der üblichen Gewohnheiten Dominics klang er nicht gar so ironisch wie gewöhnlich. Fast so, als meinte er es ernst. Dann sah er Pascal dabei zu, wie er die Kerzen rundherum aufstellte. Kurze Zeit später stieg ein merkwürdiger Duft auf, den er aber nicht weiter unangenehm fand. Er war weit seltsamere Gerüche gewohnt, die aus Zauberkesseln hinaufstieg und die er durchaus auch mochte. Aber langsam wurde ihm kühl. Er musste aufpassen, dass er nicht zu schlottern anfing. Er wollte nämlich eigentlich noch ein Weilchen hier sitzen bleiben. Er blickte wieder zu Pascal. "Ich weiß nicht... Irgendwie bin ich dafür zu prosaisch. Ich seh das mit den Kerzen funktional. Ich habe auch nie verstanden, was Kerzen mit Romantik zu tun haben..." Dominic legte den Kopf schief. "Wenn ich es genau bedenke..." Dann legte er die Stirn in Falten. Er zuckte mit den Schultern. "Ne."

„Ich finde es sieht zumindest gut aus.“, entgegnete Pascal. Er legte einige Holzscheite auf das Feuer, das bedenklich herunter gebrannt war. Die Sonne sank über den Horizont und es wurde kühler. Er rückte näher zu Dominic und zog die Beine an. „Letztlich ist die Frage, ob Romantik von den Umständen abhängt oder vielmehr von den Menschen, die sich begegnen.“

"Ich bin mir nicht einmal wirklich sicher, was Romantik eigentlich ist." Dominic hatte nach einigen Augenblicken des Sinnierens über diese Frage diese Erkenntnis gezogen. "Von daher kann ich dir in der Frage nicht weiterhelfen. Wahrscheinlich liegt es irgendwo genau zwischen den beiden Positionen, die du beschrieben hast. Aber..." Dominic legte die Stirn in Falten. "...irgendwie ist das Ganze sowieso vertrackt. Woher soll man eigentlich wissen, was Romantik ist, wenn es irgendwie eine Gefühlssache ist, aber jeder was anderes darunter versteht? Genau das Gleiche mit Liebe, oder? Verärgerung funktioniert. Übelkeit ebenfalls. Das spürt man, äußert sich bei jedem gleich, kann man also benennen." Er legte den Kopf schief. "Nicht falsch verstehen die negative Wahl der Beispiele, mir fiel grad nur nichts Besseres ein. Wie soll ich wissen, dass etwas romantisch ist, wenn ich die Beschreibung meiner Gefühle nicht mit einer gültigen Beschreibung von Romantik zur Deckung bekomme... Oder Liebe." Dominic hatte sich warm geredet. Er hatte ein Problem erkannt, das er als recht dringlich erkannte. "Ich weiß nicht... Wie fühlt sich das an, verliebt zu sein?" Er kratzte sich am Hinterkopf. "Das ist ziemlich verwirrend." Er bekam vor Kälte eine Gänsehaut und langsam begann sein Körper zu bibbern.

„Interessant, dass Du unterstellst, dass negative Gefühle allgemeingültiger wären als das Gefühl der Liebe.“, entgegnete Pascal und stocherte im Feuer herum. „Sind es nicht alles Gefühle? Sind sie nicht entweder alle rein subjektiv oder haben sie alle etwas das Menschen gemeinsam ist?“ Er blickte auf und bemerkte das Dominic fror. „Dir ist kalt, hmm? - Hier, nimm meine Jacke und komm näher zu mir ans Feuer.“ Er rückte etwas zu dem Jungen.

"Das habe ich nicht unterstellt," erwiderte Dominic mürrisch, nachdem er in Pascals Jacke geschlüpft war. Sogleich lief ihm ein wohliger Schauer den Rücken hinab. Offenbar tat sie sofort ihre wärmende Pflicht und sorgte dafür, dass er sich wieder wohl fühlte, befand er. Auf das Angebot, näher zu rücken, ging er aus einem Widerstreben, das er sich selbst nicht so ganz erklären konnte, nicht ein. Stattdessen raffte er die Jacke enger. "Ich habe bloß gesagt, dass mir keine besseren Beispiele eingefallen sind. Nimm was positives. Sättigung fühlt sich auch bei jedem gleich an, das ist beschreibbar. Wenn du meinst, das gilt für Romantik und Liebe auch, dann beschreib sie." Dominic stellte fest, dass die Jacke nach Pascal roch. Ein leichter Schwindel befiel ihn.

Ein leises Lächeln huschte über Pascals Gesicht, als er sah, wie Dominic an seiner Jacke roch. Er verbarg es, indem er den Kopf vom Feuer abwandte. „Nun“, begann er vorsichtig, unsicher wie er die nächsten Worte setzen sollte. „Viele beschreiben es als Schmetterlinge im Bauch. So ein kribbeliges Gefühl. Ein angenehmer Schwindel.“

Dominic hörte Pascal zu, der seine Worte mit Bedacht wählte. Offenbar war es wirklich alles andere als einfach, die Gefühle der Liebe zu beschreiben. Vor Allem, wenn er sich die Beschreibung anhörte, die Pascal ihm anbot. Die Symptome kamen ihm bekannt vor, die hatte er heute sogar verspürt. Aber das waren eindeutig Anzeichen für eine Magenverstimmung. In wen sollte er hier bitteschön verliebt sein? Hier gab es nur Pascal und ihn... In sich selbst verlieben war Blödsinn und Pascal... Der war Pascal, nicht irgendwer dahergelaufenes, in den man sich verlieben könnte. Er war was Besonderes.
"Das klingt ja schön und gut, aber ehrlich gesagt klingt das doch irgendwie nach dem Beginn einer Magen-Darm-Grippe. Komisches Gefühl im Bauch, Schwindelgefühle, weil im Körper irgendwas gestört ist... Das hat doch jeder mal. Das klingt nicht wirklich wie Liebe."

Pascal wußte nicht, ob er lachen oder vielmehr bedauern sollte. „Für manche ist Liebe wohl eine Krankheit.“, meinte er trocken. „Aber nicht für mich.“ Er sah Dominic an und seine Augen brannten sich in seine. „Ich wünschte ich könnte es Dir verständlich machen.“ Er zögerte. Dann rutschte er näher zu dem Jungen. Er legte weiteres Holz nach und dabei berührten sich ihre Arme. Sein Körper reagierte auf die Gegenwart des anderen. Feine Gänsehaut überzog seinen Unterarm und er konnte sehen, dass auch Dominic schauderte. „Fühlst Du dich schwindelig?“, fragte er tonlos.

Dominic schauderte in der Tat, als Pascal ihn wie zufällig berührte. Es war, als ob Pascal statisch geladen wäre, nur nicht so unangenehm. Und dann stellte er eine merkwürdige Frage. Er erkundigte sich nach dem Schwindel. "Lass mich überlegen: Ich bin heute etliche Stunden mit dem Rad gefahren, dabei war es warm. Mein Flüssigkeitshaushalt ist nicht vollständig ausgeglichen und trotz Kappe konnte ich nicht alle Sonne von meinem Kopf fernhalten. Ich würde nicht so weit gehen, mir einen Sonnenstich zu diagnostizieren, aber ja, ich verspüre wetterbedingte Schwindelgefühle. Oder nicht bloß wetterbedingt. Ich bin der Sohn einer Ärztin und Bruder eines Arztes. Ich kann mich selbst diagnostizieren, seitdem ich drei bin, damit ich vor der Untersuchung durch meine Verwandtschaft sicher bin. Ich kann dir eine vollständige Auskunft über meinen gegenwärtigen physiologischen Zustand geben, wenn dich das so sehr interessiert. Aber ich sehe nicht, was du mit der Frage bezweckst." Dominic rutschte unruhig auf seinem Hosenboden herum.

Sicher, er hatte damit rechnen müssen. Dies war schließlich Dominic. Dennoch fühlte Pascal sich wie ein begossener Pudel. Er wünschte sich nichts mehr, als sich ihm zu nähern, ihn zu berühren, vielleicht zu küssen, aber die Mauer, die Dominic um sich herum gebaut hatte, schien ihm auf einmal wieder unüberwindbar noch. Pascal hatte sie Hand ausgestreckt, doch nun blieb sie in der Luft schweben, unschlüssig, ob er es dennoch wagen sollte oder besser wieder Holz auflegte.

"Hey, alles in Ordnung mit dir?" Dominic schaute zur Seite. Pascal hatte die Hand gehoben und hielt sie in der Luft. "Willst du eine Séance veranstalten oder hast du bloß vergessen, was du tun wolltest? In deinem Alter soll das ja hin und wieder vorkommen." Dominic grinste und legte seine eigene Hand auf Pascals ausgestreckte. Langsam schob er sie wieder nach unten. Dann blickte er ihn nachdenklich an. "Wenn du mich fragst, siehst du irgendwie komisch aus. So als ob irgendwas nicht in Ordnung wäre." Für Dominic ungewohnt suchte er Blickkontakt. Er tat das nicht bewusst, irgendetwas in ihm drängte ihn dazu, dies jetzt zu tun. Es war mehr so, als ob seine Augen zu Pascals Augen gezogen wurden, als ob er darauf irgendeinen Einfluss gehabt hätte. Das war unheimlich, wenn auch nicht unangenehm. Und sein Bauch meldete sich auch wieder. Er wurde doch nicht wirklich krank? "Ich... äh... also du... Ist..." Wo war denn seine Eloquenz geblieben?

Ein angenehmes Prickeln erfüllte seine Hand, ging den Arm hinauf, als Dominic ihn berührte. Er war ihm jetzt so nah, dass er den feinen Geruch von Sonnenmilch und seinem Haar wahrnahm. Pascal wußte, dass er jetzt entscheiden mußte. Vielleicht war es falsch. Vielleicht würde er den anderen Jungen völlig verstören. Aber wenn er es nicht tat, Dominic würde es nie von sich aus tun. Vorsichtig hielt er Dominics Hand fest und strich mit der anderen durch sein lockiges Haar. „Es ist nur so, dass es in meinem Magen immer kribbelt, wenn Du da bist.“, hauchte er. Dann küsste er ihn.

Dominic versuchte immer noch gedanklich, einen halbwegs anständigen Satz auf die Reihe zu bekommen. Er wollte doch nur fragen, ob Pascal sich wohl befand. Aber das gelang nicht und erforderte so viel Willenskraft, dass er nicht hörte, was Pascal ihm gerade gesagt hatte und vollkommen wehrlos war, als dessen Lippen seine berührten. Es war nicht so, dass das neu wäre - er hatte schon geküsst - aber das war anders gewesen. Das hier... Dominic war paralysiert von der Gefühlsexplosion, nicht bloß in seinem Kopf, nein, durch seinen gesamten Körper schossen Kaskaden der Wärme und des Wohlbehagens. Aber dieser Sturm der Emotionen überforderte ihn so, dass er kaum auf den Kuss einging und als Pascal sich von ihm löste, er immer noch dasaß und versuchte, den Überschuss zu verarbeiten, wie ein ausgetrockneter Boden, in den das Wasser nicht einziehen will.

Pascal löste seine Lippen sanft von Dominic. Jede Faser seines Selbst war erfüllt von Gefühlen. Noch immer hielt er Dominics Arme, wollte ihn nicht los lassen. Seine Augen suchten seine Augen. Hoffnungsvoll und ängstlich zugleich was er dort sehen würde. „Das wollte ich schon lange tun.“, sagte er leise.

"Uff..." Viel mehr konnte Dominic erst einmal gar nicht sagen. Sein Hirn arbeitete auf Hochtouren, um mit all dem fertig zu werden, was gerade vor sich gegangen war. Seine Wangen und seine Ohren - wie immer untrügliche Botschafter seiner inneren Verfassung - glühten. Pascal hielt ihn immer noch an den Armen und Dominic stellte erstaunt fest, dass er sie nicht wegstoßen wollte, eigentlich im Gegenteil. Vorsichtig schob er sich näher heran. Pascal sagte etwas davon, dass er das schon lange tun wollte. Dominic dachte einen Augenblick darüber nach, wieso er es nicht gleich getan hatte. Wenn man etwas wollte, sollte man es auch tun... Er musste ihn danach fragen. Aber das mit dem Sprechen war immer noch nicht so einfach. Mehr als ein heiseres Krächzen bekam er nicht raus. Stattdessen spürte er das Bedürfnis, das soeben erlebte zu wiederholen und es diesmal auch richtig zu machen. Er blickte in Pascals Augen, in denen er Unsicherheit zu erkennen glaubte. Dann schloss Dominic seine Augen und berührte vorsichtig mit seinen eigenen die Lippen seines Gegenübers.

Pascal wagte kaum zu atmen. Sein Herz flatterte, als Dominic sich ihm näherte und seine Lippen sachte berührte. Er lehnte sich weiter vor, zog ihn zu sich heran und vertiefte den Kuß. Niemals hätte er geglaubt Dominic so nah sein zu können, ihn auf diese Weise berühren, ihn küssen zu können. Er streichelte seinen Rücken und erforschte sanft sein Gesicht. Erst nach einer Weile ließ er ihn mit einem Seufzen los. „Wow, das war... - Danke Dominic.“

Dominic machte große Augen, als Pascal sich wieder von ihm gelöst hatte. Er schauderte wieder einmal, als Pascal ihm über den Rücken strich. Das fühlte sich ungewohnt an. Nicht schlecht, dennoch ungewohnt. Und der Gesichtsausdruck - wie eine Kuh wenns donnert - wollte auch nicht schwinden, auch wenn Pascal ihn wieder losgelassen hatte. "Uff..." Was Besseres fiel ihm immer noch nicht ein. Da war einfach noch zu viel in seinem Kopf. Also starrte er ihn einfach weiter an und versuchte krampfhaft, wenigstens einen geraden Satz auf die Reihe zu bekommen. Was sollte der Kerl von ihm sonst denken? Mit immenser Willensanstrengung presste er schließlich ein "Wiesohastusdannnichtan?" hervor und blickte ihn erwartungsvoll an.

Pascal spürte wie ihm das Blut in die Wangen stieg. Was sollte er auf diese Frage antworten, ohne Dominic zu verletzen? Er fasste seine Hand, so als könne er ihn so nicht verlieren, und senkte den Blick. „Ich fürchtete Du würdest es nicht zulassen.“

Dominic war froh darüber, dass Pascal seine Hand ergriffen hatte, denn er war sich momentan nicht wirklich sicher, was er mit seinem Körper anfangen sollte. Der war irgendwie da, ausgedehnt in Raum und Zeit wie immer, sogar seiner Kontrolle unterworfen und erstaunlicherweise auch sehr bewusst da - er konnte ihn spüren - doch dieses schreckliche Selbstbewusstsein sorgte eben zu solch nagenden Fragen wie 'Wo um Himmels Willen soll ich denn mit meinen Händen hin? Diesen schaufelförmigen Greifinstrumenten, die irgendwie grad erheblich deplatziert und stören sind.' Aber Pascal nahm ihm dieses Probleme zumindest teilweise ganz ab. Blieb der Rest seines Körpers, der genau so lästig, aber da er saß, nicht so agil wie der Rest war.
Und nicht nur das Problem mit den Händen nahm Pascal ihm ab, sondern auch das Grübeln darüber, was es mit seinem Körper sollte, wurde ihm dank der Worte genommen. Pascal hatte es getan, weil... Er Angst vor ihm hatte. Oder so... Er verstand es nicht wirklich."Öhm... Und?" Dominic schaute ein wenig einfältig drein.

Pascal zog Dominc näher zu sich heran, als er seinen fragenden Blick sah. Jetzt war nicht die Zeit zu diskutieren. Tief atmete er Dominics Geruch ein und lehnte seinen Kopf an seine Brust. „Vergiss es.“, murmelte er. „Es ist nicht wichtig. Nur Du bist jetzt wichtig.“ Er küsste ihn erneut.