Ein interessantes Hobby

Nun, Wald ist vielleicht ein wenig übertrieben, wenn man diese Ansammlung niedriger Bäume mit vereinzelten Büschen im sandigen Boden mit einem Wald im Schwarzwald oder im Odenwald vergleicht. Allerdings ist es hier durchaus recht heimelig, im Herbst kann man Beeren pflücken und im Sommer den Schatten genießen. Und hinter der alten Tanne dort drüben hat sich schon so manches Schülerpaar heimlich geküsst...aber Achtung, wenn ein Rabe im Geäst sitzt - es könnte Professor Klotterbeck in ihrer Animagus-Gestalt sein...

Nach dem Mittagessen wollte Meo noch ein wenig alleine sein, also ging sie in den Wald. Sie setzte sich auf einen großen Stein und schloß die Augen. Das kleine Mädchen genoss die Sonne auf ihrem Gesicht und erschrack heftig als ein kleines Pelziges-Etwas in ihren Schoß sprang. Ihr Puls beruhigte sich jedoch schnell wieder als sie erkannte das es Gwinn war und kein tollwütiges Etwas. Sie kraulte den Marder hinter den Ohren und schloss wieder die Augen. Beinahe dachte Meo das sie wieder zu Hause wären und das Mo, Flacks und Awell ihnen entgegen rennen würden. Sie stellte sich vor wie Flacks wieder klein wäre und über seine eigenen Beine stolpern würde. Ein grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus.

Anjun atmete tief den harzigen Geruch des Kiefernwaldes ein. Es war ein heißer Sommertag und helle Lichtflecken tanzten zwischen den Baumschatten im Gras. Im kleinen Wäldchen war nicht viel los. Eines der jüngeren Mädchen saß mit ihrem Mader auf dem Schoß auf einem großen Stein und genoß offensichtlich die Ruhe, die man hier finden konnte.

Der Junge schlenderte zu einer kleinen Lichtung und streifte dann sein Hemd über den Kopf. Mit seinem Zauberstab wirbelte einmal damit durch die Luft, wie um eine Illusion zu erzeugen und steckte ihn dann wieder ein, um nach dem biegsamen Stock zu greifen, den er bei sich getragen und dann auf den Boden gelegt hatte.

Er hob den Stab zum Gesicht, schien eine Art unsichtbaren Gegner zu grüßen und hieb dann scheinbar in die Luft. Er schlug Finten, traf anscheinend seinen sein nicht sichtbares Gegenüber und sprang danach sofort zur Seite. Dann stürmte der Junge auch schon wieder nach vorne. Schnelle Schritt- und Sprungkombinationen vor und zurück steigerten den ohnehin rasanten Bewegungsablauf. Kurz, alle der Rothaarige übte sich in allen Listen und Künsten des Fechtens.

Meo öffnete die Augen ein Stück weit, als ein rothaariger Junge an ihr vorbei ging. Meo machte sich nichts weiter daraus und schloss die Augen wieder. Als sie etwas hörte, das sich anhörte als ob jemand mit einem Stock die Luft durchbrach. Meo war sofort auf den Beinen und stellte sich in die Abwehrstellung die der Kickboxlehrer ihr beigebracht hatte. Mit einem leichtem seufzen stellte sie fest das der Junge der vorhin an ihr vorbei gegangen war jetzt ungefähr 50 Meter von ihr entfernt stannt und mit einem Holzstab auf einenen Imaginären Gegner einschlug. Meo ging auf ihn zu und lehnte sich an einen Baum um ihm zu zusehen. Gwinn war auf ihre Schulter geklettert. "Kannst du nicht vorher bescheidgeben, wenn du aufeinmal losspringst?" kekerte der kleine Mader Meo ihs Ohr. " Ich werde es versuchen, aber ich kann für nichts garantieren." flüsterte Meo in der gleichen Sprache. An den Jungen gewand fragte sie: "Darf ich dich stören?"

Vorwärts, rückwärts, schnelle Ausweichbewegungen und dann der Angriff. Den Gegner treffen. Zurücktreiben. Anjun konzentrierte sich ganz auf seinen Kampf gegen die Illusion, als jemand ihn ansprach. Der Nachtkrabs winkte statt mit dem Stock mit dem Zauberstab und drehte sich dann um.„Du hast es bereits getan.“, stellte er trocken fest und betrachtete das kleine Mädchen mit den wild zerzausten Haaren vor sich. Wahrscheinlich würde sie die übliche Frage stellen.

Meo hob beide Augenbrauen als der Junge sagte das sie ihn bereitsgestört habe. "Na dann kann ich dich ja etwas fragen, würdest du mir das beibringen? Ich wäre dir sehr dankbar. Ich bin übrigens Meo." Das kleine Mädchen hörte Gwinn vor sich her zischen "Der ist ja sehr nett, hau ihn doch eine rein, du hast schließlich nur höflich gefragt." Meo lächelte sanft und sagte leise zu dem kleinem Marder "Ich würde genauso reagieren, würde mich jemand beim Training stören." Sie hörte noch ein kleines Murren von Gwinn und dann war er ruhig. Meo schaute den Jungen vor sich an.

Anjun musterte das Mädchen von oben bis unten. Sie konnte höchstens in der siebten Klasse sein und war selbst dafür klein und zierlich. Immerhin stellte sie nicht die übliche Frage, warum er mit einem Stock in der Luft herum fuchtelte. Da Professor Klotterbeck ihm verboten hatte einen Degen zu benutzen, mußte er mit einem biegsamen Stab Vorlieb nehmen und statt eines Gegners kämpfe er gegen eine Illusion.

„Fechten ist eine anstrengende Sportart.“, entgegnete er. „Für den gesamten Körper - aber vor allem für den Kopf, weil es ständige Konzentration erfordert. Tausendfach müssen die verschiedenen Positionen trainiert werden, bevor man sie sicher und schnell beherrscht. Das ist nichts, was man so mal ausprobiert und dann wieder läßt.“

"Ich hatte auch nicht vor es so schnell wieder auf zu geben, ich trainiere seit mehr als 5 Jahren Kung-Fu und Kickboxen, seit 7 Jahren bin ich an einer Balettschule, dazu lerne ich seit 4 Jahren Piano zu spielen, das ist alles etwas was man nicht anfängt um in 2 Tagen wieder aufzuhören." knurrte Meo. "Wie war das mit dem nett sein?" keckerte Gwinn. "Ich bin nett, wäre ich das nicht, würde er schon mindestens zehn Blutergüsse haben." war die Antwort von der Rothaarigen.

Anjuns prüfender Blick lag weiterhin auf Meo. Er studierte ihren sehnigen Körper und wog ihre zornig klingende Antwort ab. Vielleicht war es nicht das übliche Strohfeuer, das bei anderen entflammte, wenn sie die schnellen, eleganten Bewegungen sahen und sofort in Geschichten von den drei Musketieren schwelgten. Immerhin glühte in ihren quecksilberfarbenen Augen ein aggressiver Funke, der hoffen ließ, dass sie tatsächlich nicht so schnell klein bei gab, wie sie behauptete.

„Gut, wenn Du Kampfsport betreibst, hast Du gelernt dich zu bewegen und wenn Du Klavier spielst, übst Du Deinen Geist. - Greif mich an. Ich will sehen was Du kannst.“

Der Junge forderte Meo auf ihn anzugreifen. Meo kekerte Gwinn zu das dieser Lieber von ihr herunterklettern solle und dieser gehorchte sofort. Meo griff nach dem Verschluss ihres Armbandes und legte es ab. Sie stand eine Weile still da und sah dem Jungen in die Augen. Dann schlug sie ein Rad, so dass sie direkt von dem Typen stand. Ihre Faust schnellte vor, unerwartet schnell und kraftvoll

Der Nachtkrabs schwang seinen Stock nach oben und fing damit Meos Hieb ab – schnell und mühelos. Dann machte er seinerseits einen Ausfall und presste das Holz an ihren Oberkörper.

„Wenn das ein echter Degen wäre, dann wärst Du jetzt tot.“, sagte er ruhig und kühl. Dann ließ er die Hand sinken und etwas mehr Wohlwollen zeigte sich auf seinen hellen, aristokratischen Zügen.

„Immerhin bist du körperlich fit und trainiert. Das Rad war als Ablenkung zwar wertlos, aber es zeigt mir, dass Du den Mut zu überraschenden Manövern hast. Und Dein Schlag verrät Schnelligkeit und Kraft.“ Anjun nickte dem Mädchen anerkennend zu.

„Wer fechten lernen will, braucht erstens Geduld, zweitens Geduld und drittens Geduld" Der junge Baccaracus sah ihr direkt in die Augen. "Als ich mit dem Fechten begonnen habe, habe ich zuerst wochenlang überhaupt gar keine Waffe in die Hand bekommen. Du mußt nämlich erst Arme und Beine aufeinander abstimmen, den ganzen Bewegungsablauf koordinieren lernen. Wenn Du dazu bereit bist, dann werde ich Dich unterrichten.“

"Wenn Du dazu bereit bist, dann werde ich Dich unterrichten." äffte Gwinn den Jungen nach. Meo konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, antwortete aber nicht. Das kleine Mädchen rieb sich den Arm, der Hieb mit diesem Stab war sehr schmerzhaft gewesen. Sie war es nicht gewohnt unbewaffnet gegen einen Jungen mit einem Stock zu kämpfen. "Wenn ich dazu bereit wäre, würdest du mir dann verraten wie du heißt?" fragte die Rothaarige. Sie bückte sich um ihr Armband aufzuheben und legte sich das dünne Silberkettchen um das Handgelenk.

"Ich bin Anjun Baccaracus!" Der Nachtkrabs streckte ihr seine Hand entgegen. Die leise Zwiesprache zwischen Meo und ihrem Mader beachtete er kaum. Er war viel zu sehr Magier, um sich über so etwas zu wundern. Dass das Tier bissige Bemerkungen machte, konnte er sich denken. Das Grinsen des Mädchens war eindeutig. Außerdem entsprach das dem frechen Charakter von Madern.

Wenn ihn etwas wunderte, dann nur ein ihm unbekanntes Mädchen in Mardersprache sprechen zu hören. Seines Wissens wurde dieses nur im Hause von Germingen vererbt. Allerdings hatte seine Familie in den letzten Jahren nur selten Kontakt zu den von Germingens gehabt. So war es gut denkbar, dass er es mit einem ihm unbekannten Teil zu tun hatte. Eine rein zufällige Begabung wäre ihm indes lieber gewesen...

"Dein Name ist Meo, nicht wahr?"

"Ja, Meo Vonn, das sagte ich bereits, warum?" fragte Meo. Die Rothaarige schüttelte Anjuns hand. Sie streckte sich, dehnte ihre Glieder. Das leise mürrische Knurren von Gwinn überhörte sie. "Baccarus, ist das nicht einer vom Snob-Club?" fragte Gwinn. "Und, wenn? Bis jetzt hat er sich nicht sehrWir-sind-so-etwas-von-reinblütig,-dass-uns-die-Magie-zum-A****-herausscheint-Mäßig verhalten." erwiederte Meo in der Mardersprache.

Vonn – der Name sagte Anjun nichts. Wahrscheinlich einer der kleineren Halbblutfamilien, wenn sie nicht ganz und gar muggelgeboren war.

„Weil Du mit Deinem Marder sprichst.“, erwiderte er und zog seinen Zauberstab. „Können alle in Deiner Familie das?“ Er beobachtete wie Meo ihren Arm rieb und berührte sie schließlich mit seinem Zauberstab an der Stelle wo er sie geschlagen hatte. „Episkey!“, murmelte er und Meo fühlte ein Brennen in ihrem Arm. Gleich darauf ließ der Schmerz nach und Anjun steckte seinen Zauberstab wieder weg.

"Danke. Ich weiß es nicht, ich kenne eigentlich nur meinen Vater, meine Mutter ist gestorben, ich war damals noch nicht mal 1 Jahr alt." Meo schluckte, sie fand es toll das ihr Arm nicht mehr weh tat. Aber warum erzählte sie diesem Anjun das eigentlich? "Willst du ihm sonst noch etwas erzählen, vieleicht gleich deine ganze Lebensgeschichte?" kekerte Gwinn. Von Meo kam nur ein: "Halt die Klappe."

Für einen kurzen Augenblick stieg Trauer in die frechen Augen des lockigen Mädchens und der Junge begriff, dass er das falsche Thema angeschnitten hatte. Er wandte sich ab, um ihr die Gelegenheit zu geben sich wieder zu fassen. Er ging ein paar Schritte in den Wald hinein, um den Boden nach einem passenden Stock abzusuchen, den Meo für ihr Training verwenden konnte. Als er ein ihm angenehm erscheinenden Ast gefunden hatte, richtete er seinen Zauberstab darauf, glättete ihn und gab ihm den letzten Schliff mit Hilfe des Zaubers. Er wog ihn in den Händen, bearbeitete ihn noch einmal bis er vollkommen zufrieden war.

„Ich habe diesen Ast für Dich bearbeitet, damit er sich in etwa anfühlt wie ein Florett. Er ist schön leicht. Probiere mal wie er in deinen Händen liegt.“

Anjun gab Meo einen Ast. Sie räusperte sich und sagte: "Äh, soll ich jetzt mit dem Ast in der Luft herum wirbeln oder ihn nur in den Händen halten ...? Ich kann Kickboxen und Kung-Fu, woher soll ich jetzt wissen was du meinst?" Meo bedachte Gwinn mit einem Blick der ihm sagen sollte das er dsa Maul halten sollte.

„Wie fühlt es sich an? Bequem? Ist er Dir zu leicht oder zu schwer? Und dann bewege Dich mal mit ihm.“ Der Junge machte einen Ausfall, imitierte eine Battutta und ging dann in die Riposte, um ihr zu zeigen was er meinte. „Du mußt noch keine richtigen Fechtbewegungen machen. Mach einfach wie Du meinst. Ich will nur sehen wie gut er in Deinen Händen liegt.“

Meo ahmte Anjun nach und stellte fest, das der Stab sehr gut in der Hand lag und weder zu leicht noch zu schwer war. Sie nickte und verstand was er meinte. "Er ist perfekt! Was ist eigentlich so schlimm daran das ich mit Madern sprechen kann?" Meo war neugirig.

„Schlimm?“, fragte der rothaarige Junge zurück. Er fragte sich, wie das Mädchen darauf kam. Möglicherweise dachte sie an Parsel, die Fähigkeit mit Schlangen zu sprechen. Eine Eigenschaft, die man schwarzen Magiern nachsagte. „Nichts ist schlimm daran mit Madern reden zu können. Es ist nur keine besonders häufige Gabe. Selbst unter Magiern. Ich habe bislang erst eine Familien kennengelernt, die es konnte.“

Er nickte zufrieden, als er Meos Bewegungen mit dem Stab beobachtete. Es war ihm gelungen den Stock gut auszugewichten und auf das Mädchen anzupassen.

"Und warum hast du mich dann gefragt wie ich heiße, wo ist da der Zusammenhang?" fragte Meo während weiter Bewegungen mit dem Stab vollführte. Sie konnte mit Mardern sprechen, warum fragte er sie dann nach ihrem Namen? Wo war da der Zusammenhang? Sie sprach ja kein Prasel, oder so. Das kleine Mädchen runzelte die Brauen.

Anjun wirbelte einmal mit einem Reinigungszauber um sich selber und angelte dann nach seinem Hemd. „Ich habe mich gefragt, ob Du aus der Familie von Germingen kommst. Meines Wissens ist sie die einzige Magierfamilie Deutschlands, die mit Madern reden kann. Aber vielleicht irre ich mich auch und es gibt noch mehr davon.“

"Mhh ... achso." entgegnete Meo. Gwinn kletterte wieder auf ihre Schulter und wies mit der Schnauze auf ein kleines silbernes Kettchen im Gras. Meo runzelte die Stirn als sie bemerkte das es ihr Armband war. Sie ging darauf zu und ging in die Hocke um es auf zu heben. Das Anhängsel in dem ein Bild von ihrer Mutter hing war geöfnet. Ihre Mutter war schön, dünn, groß und hübsch.

Anjun knöpfte sein Hemd zu und fuhr sich mit der schmalen Hand durch das dichte rotglänzende Haar, um es zu ordnen bevor er wieder zurück zum Schulgebäude ging. Auch Meo zog ihren Schmuck wieder an, den sie für den Kampf zur Seite gelegt hatte. Das sie dabei für einen Augenblick das Bildnis ihrer Mutter betrachtete, nahm der ältere Nachtkrabs nur am Rande wahr. Stattdessen nahm er seinen Stab und nickte dem Mädchen zu. „Also wenn Du willst, dann hole ich Dich ab, wenn ich wieder trainiere.“