Rungholt: Festplatz

"Anjun!", schrie Valentin, "sein nicht so faul, steh auf lass uns feiern!"
Valentin setzte sich zu ihm, "Essen, nur essen und faul rumliegen?", fragte Valentin und verdrehte die Augen.
"Dafür ist immer Zeit, es ist Walpurgis!"

Anjun sah zu Coco hoch. Sie war eine dunkle Siluette vor dem hohen, hellen Feuer. Der scharfe Kontrast brachte ihre schlanke Gestalt zu Geltung, alles andere verschwamm. Ein angenehmer Anblick wie er fand.

Er richtete sich mehr auf und klopfte neben sich auf die Decke. „Es ist mir eine Ehre eine zukünftige Diplomatin begrüßen zu dürfen.“ Er freute sich auf ein paar ungestörte Momente.

Anjun stellte seinen Teller zur Seite und rückte seinen Umhang zurecht, so dass der Samt auch Coco als Polster dienen konnte. Valentins Gebrüll ließ ihn aufblicken und obwohl er ihn um Cocos Willen so rasch wie möglich unterdrückte, wurde ein deutlicher Zug von Genervtheit auf seinen Zügen sichtbar.

Er wandte das Gesicht ab, damit sie es nicht sah und fragte erst nachdem er alle Emotionen aus seiner Stimme verbannt hatte. „Möchtest Du tanzen oder noch etwas mit mir hier sitzen?

"Also, erstmal würde ich gerne meinen Teller leer essen und mich ein bisschen mit dir unterhalten." sagte Coco und schob sich ein Stück Wassermelone in den Mund, nachdem sie sich zu Anjun gesetzt hatte. "Hmm, die sind wirklich lecker. Ich frage mich, wo die zu dieser Zeit Wassermelonen herbekommen. Ach, übrigens: du sahst eben aus, wie ein griechischer Gott." Als ihr durch den Kopf ging, dass man das durchaus auch falsch verstehen konnte, fügte sie noch hinzu:"Ich meine wegen den Trauben und so."

Anjun fühlte wie ihm bei ihren Worten Wärme in den Kopf stieg und war froh, dass sie es wegen der Dunkelheit nicht sehen konnte. „Hmmhmm, Trauben... sind sehr griechisch. Sind auf jedem antiken Bild.“ Na toll, er war auch schon mal schlagfertiger gewesen.

Er blickte zum Feuer wo Diana noch immer tanzte und schwieg einen Augenblick, während Coco neben ihm ihre Wassermelone zu Ende aß. Als sie die Schale zur Seite legte, ließ er sie mit dem Zauberstab verschwinden und reichte ihr seinen Teller. „Hast Du schon mal Cherimoya gegesssen? Schmeckt wie Erdbeeren mit Sahne. Sie kommen aus den Anden und mag sie ganz gerne. - Hmm, meintest Du das ernst, dass Du Diplomatin werden möchtest? Vielleicht wäre Südamerika ja ganz interessant?“

Coco sah zu, wie ihre Schale verschwand und nahm dann den Teller von Anjun an. "Cherimoya? Davon habe ich noch nie was gehört." Aber das rothaarige Mädchen probierte und war begeistert: "Wow, tatsächlich! Erdbeeren mit Sahne. Also, wenn in den Anden alles so gut schmeckt, sollte ich wirklich Diplomatin werden und darauf bestehen, dass man mich nur dahin schickt, wo es Cherimoya gibt."
Sie lachten. "Nein, wirklich. Ich weiß noch nicht recht, was ich nach der Schule machen will. Aber Diplomatin hört sich schon gut an. Ich hätte viel mit Menschen zu tun, würde reisen und neue Kulturen kennen lernen. Südamerika hört sich toll an. Ebenso Asien, Nordamerika, Afrika, Australien und andere Länder in Europa. Und den Sommer verbringe ich am Südpol und verhandel mit Pinguinen.
Weißt du schon, was du machen willst?"

Dominic blickte sich um, als er seinen Teller leergeputzt hatte. Vielleicht gab es irgendwo eine Ruhestörung, die er unterbinden konnte, ließ es dann aber doch bleiben, da ihm einfiel, dass er sich dann genau so benutzen würde wie Vera Tischbein, eine noch schlimmere Unperson als Gobs und glücklicherweise nicht mehr an der Schule, sondern mit Abschluss in der Tasche gegangen. Er blieb also sitzen und blickte ins Rund. Überall ausgelassenes Feiern, angeregte Gespräche, vollkommen unbegründeter Frohsinn. Dominic verstand es nicht. Er stellte seinen Teller neben sich, winkelte die Beine an und ließ sich nach hinten sinken. Er blickte in den Sternenhimmel und verdrängte sein Umfeld, sodass er es nicht weiter wahrnahm, was um ihn herum passierte.

„Ich weiß es ehrlich gesagt noch nicht.“, erwiderte Anjun langsam. „Aber wahrscheinlich werde ich das tun, was die Baccaracus schon immer getan haben: Die Grenze zwischen der Muggelwelt und der magischen Welt zu schützen. Es ist unsere Aufgabe zu verhindern, dass sich diese zwei Welten mischen.“

Er war sich nicht ganz sicher wie sie darauf reagieren würde, denn die meisten Schüler, die er kennengelernt hatten, lehnten die Abtrennung von den Muggeln als rassistisch ab.

„Es gibt vieles, was zu tun sein wird.“, fuhr er fort. „Die Schätze alter Zeit erforschen, sich mit den alten Bewohnern der Erde zu verbrüdern, dunkle Artefakte und unberechenbare Kreaturen hüten und natürlich immer wieder das Züglein an der Wage sein. - Aber bis dahin ist noch Zeit. Und ich glaube ich möchte auch noch mehr von der Welt sehen. Vielleicht chinesische Drachen ansehen? Oder die dunklen Geheimnisse der südamerikanischen Blutzauber erforschen? - Warst Du schon mal im Ausland?“

"Zählt Frankreich als Ausland? Für mich wohl nicht, meine Großeltern wohnen ja dort. Ansonsten war ich noch nie weg. Es zieht mich aber auch in die Welt hinaus. Vielleicht mache ich nach einem grandiosen Schulabschluss erst einmal eine kleine Welttour. Weißt du, einfach den Rucksack packen und schauen, wo der nächste Zug hinfährt. Warst du schon oft im Ausland?", fragte Coco.
Sie überhörte seine Meinung zu der Trennung von der Muggelwelt absichtlich. Das rothaarige Mädchen hatte nichts gegen Muggel. Muggelstämmige fand sie sogar außerordentlich spannend. Wenn zwei Zauberer ein Kind bekommen, welches ebenfalls ein Zauberer ist, so ist das doch nichts verwunderliches. Aber wenn zwei Muggel ein Kind mit magischen Fähigkeiten bekommen, ist das doch wirklich unglaublich.

Eine kurze Pause entstand. Die Vorstellung sich einen Zug zu setzen und einfach loszufahren, bereitete Anjun Unbehagen. Wäre es eine magische Lokomotive, hätte er keinerlei Bedenken gehabt. Er konnte sich gut vorstellen einfach so durch die Welt zu flohpulvern oder die Flügepferde anzuspannen und einfach loszufliegen. Aber es war ganz offensichtlich, dass Coco von einem Muggelzug sprachen. Diese fremde Welt machte Anjun Angst. Sich einfach so unter Tausende von Muggel zu begeben, sich ihrer unveständlichen Technik anzuvertrauen, konnte er sich nicht vorstellen. Doch das zuzugeben, kam keinesfalls in Frage.

„Nun, wir haben des öfteren die alten Zaubererfamilien anderer Länder besucht. Verwandte in Frankreich oder Ungarn, in Irland oder Polen. Manchmal war ich auch dabei, wenn meine Mutter aus politischen Gründen unterwegs war. Zum Beispiel bei einer der alten Familien in Schottland. Oder aber in Japan. Und manchmal hat mich mein Vater auch auf eine seiner Forschungsreise an die geheimen, zaubermächtigen Plätze anderer Länder mitgenommen.“

Dass er in all dieser Zeit nicht ein mal die Welt der Muggel gesehen hatte, erwähnte Anjun jedoch nicht.

"Japan? Klasse. Ich habe schon viel von dem Land gehört. Da soll es doch noch die traditionellen Dämonenjäger geben. Du musst sehr viel gesehen haben. Sprichst du noch andere Sprachen?" fragte Coco ihn.

Sie war fast schon ein wenig neidisch, doch sie ließ es sich nicht anmerken. Das rothaarige Mädchen hatte sich immer gewünscht durch die Welt zu reisen. Aber durch die Krankheit ihrer Mutter war noch nicht mal ein kurzer Urlaub im Ausland möglich und ihre Großeltern hielten Frankreich sowieso für das beste, bodenständigste Land. Warum also verreisen?
In diesem Moment beschloß Coco die Reise tatsächlich durch zuführen. Nach der Schule würde sie die Weltreise machen, ob allein oder mit jemand anderen. Völlig egal! Sie lächelte und schaute zu dem Sternenhimmel hoch. Was für Möglichkeiten es in der großen Welt noch gab. So viel zusehen, so viel zu entdecken.
Dann fiel Coco ein, wie unhöflich sie war. Sie wandte sich sofort wieder Anjun zu, mit dem sie sich doch am unterhalten war.

Der junge Baccaracus lehnte sich zurück und sah in den Nachthimmel. Einzelne Sterne schienen durch dahinziehende Wolkenfelder. Es störte ihn nicht, dass Coco nicht sprach. Die meisten Schüler auf Rungholt sprachen ohnehin zu viel, wußten nicht wann der Moment war zu schweigen. Träume von der Zukunft und anderen Ländern waren solche Momente.

Groß und silbern stand der Mond am Himmel und als Coco sich wieder zu ihm wandte, spiegelte er sich in ihren Augen. Das erinnerte ihn daran, dass er noch ein Geschenk für sie hatte.

„Ich habe noch etwas für Dich.“

Er richtete sich auf und tastete in seiner Robentasche nach dem Birkenholzkästchen. Ein wenig verlegen reichte er es ihr. Wie unhöflich, dass ich es ihr noch nicht gegeben habe, schalt er sich selber.

Das Schächtelchen war recht klein und vollständig aus Birkenrinde gefertigt, die übliche Verpackung für ein Geschenk am Walpurgistag. Als Coco es öffnete, lag darin etwas weiss und klein wie eine Muschel. Sie war mondförmig gebogen, was natürlich sehr gut zu Walpurgis passte, aber wirkte unauffällig, ja fast ein wenig langweilig. Doch als Coco das Kistchen etwas drehte und Mondlicht auf die Muschel fiel, begann sie in einem inneren Licht silbrig und sanft wie der Mond zu leuchten. Es war ohne Zweifel eine Mondscheinmuschel!

"Du hast was für mich?", fragte Coco langsam.
Anjun überreichte ihr ein Birkenholzkästchen, die traditionelle Verpackung für ein Walpurgisgeschenk. Sie war sprchlos und öffnete gespannt das kleine Kästchen. Zum Vorschein kam eine Art Muschel in Mondform. Coco runzelte die Stirn und stieß einen überraschten Laut aus, als das Mondlicht auf die kleine Muschel fiel; sie begann in einem sanften Silberlicht zustrahlen, wie der Mond selber.
"Anjun, das... das ist eine Mondscheinmuschel."
Ihre Stimme war kaum mehr, als ein ehrfürchtiges Flüstern und ihre Augen wollten nicht von dem kostbaren Stück ablassen.

Der junge Mann hielt den Kopf leicht geneigt, während er ihre Reaktion beobachtete. Er schmales Lächeln spielte um seine Lippen; nur leicht hoben sie sich, aber sanft und zufrieden. Sie mochte es und freute sich über diese Schönheit. Das war alles was zählte. Er war ein wenig nervös gewesen, da er noch nie zuvor ein Walpurgisgeschenk selber hatte aussuchen müssen.

„Es freut mich, dass es Dir gefällt. - Auch wenn es etwas zu spät kommt...“

"Ein wenig zu spät?" Sie sah ihn verwirrt an.
"Genau richtig, Anjun. Schau, zu Beginn des Walpurgisfestes hätte der Mond noch nicht so geschienen, wie jetzt. Ich, oh weh, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, außer `Danke´. Vielen Dank, Anjun. Ich", Coco lief leicht rot an, " ich habe gar nicht daran gedacht für dich ein Geschenk zubesorgen. Tut mir Leid."
Es war ihr wirklich sehr peinlich. Sonst hatte sie die Walpurgisnacht immer in Kreisen der Familie gefeiert und außer den verschiedenen Vorführungen, wurden keine Geschenke gereicht. Coco hätte nicht gedacht, dass Anjun ihr etwas schenken würde.

Die Musik hatte für einen kurzen Augenblick aufgehört zu spielen und man hörte zwischen fröhlichen Stimmen das Prasseln des Feuers. Dann begannen Fiedel und Föte eine Art Jig zu spielen.

„Es ist gut.“, erwiderte er behutsam und sah sie an. „Ich brauche nichts. Nichts, außer vielleicht noch ein bischen zu tanzen oder hier zu sitzen und zu plaudern. Oder auch zu den anderen zu gehen. Ganz wie Du möchtest.“

Jelina ließ sich vorsichtig neben dem Mädchen mit den langen Haaren auf die Knie sinken. Ein bisschen ärgerte sie sich über sich selbst, weil sie den Namen von dem Mädchen nicht wusste. Eigentlich kannte sie hier fast gar keinen mit Namen, wie ihr auffiel. Die Einzige, deren Namen Jelina wusste, war Elisabeth.
"Ist die Hand gebrochen?" Das Mädchen neben ihr sah sie neugierig an. Auch die anderen hatten schon gefragt, was mit ihrer Hand war.
Jelina nickt. "Bin im Wald gestolpert und schief aufgekommen. Bin aber mit einer Beule weggekommen. Und natürlich die Hand, aber solange es nur die Linke ist." Sie grinste schief.
"Wer ist denn eigentlich gewählt worden? Ich hab ja leider fast alles verpasst."

"Ach, dieser Miesepeter Dominic ist jetzt Oberhexe - soll wohl ein Witz sein." Margo deutete grobe in die Richtung, wo sich auch der ältere Schüler aufhielt.

Sie war aber viel mehr an der Hand interessiert. "Wie wurde das denn behandelt?" Margo musste sich unbedingt mal ein paar Bücher über Zaubereimedizin ausleihen, obwohl die wahrscheinlich sehr kompliziert sein würden. Margo hoffte dennoch, dass sie die Einfacheren halbwegs verstehen würde. Vielleicht sah sie sich auch mal im Krankenzimmer um.

Jelina folgte der Hand des Mädchens mit den Augen, aber wer von den Schülern Dominic war, wusste sie nicht. Sie beschloss, bald mal danach zu fragen.
Noch einmal ließ sie den Blick schweifen, bis sie sich wieder zu dem anderen Mädchen umdrehte, die sich mittlerweile schon anderen Themen zugewandt hatte.
"Oh, das war keine so große Sache.", antwortete Jelina. "Der Arm ist geschient worden und dann hab ich noch den magischen Verband bekommen. Ich hab Glück gehabt, dass der Arm nur einfach gebrochen war, hat Frau Hindendrupp gesagt. Sonst hätte sie ihn richten müssen." Bei dem Gedanken daran schauderte sie. "Zum Schluss hab ich noch Skelewachs bekommen, das beschleunigt die Heilung...Und schmeckt einfach widerlich.", fügte sie hinzu.
"Wieso fragst du eigentlich so genau?" Jelina sah das Mädchen neugierig an.

Elisabeth kaute still an ein paar Weintrauben, während die Wolpertinger das andere Nachtkrabs-Mädchen über die gebrochene Hand ausfragten. Allerdings interessierte sie sich weniger dafür, wie es denn behandelt würde, sondern eher für Jelina. "Hat es denn sehr weh getan?" fragte sie mitfühlend, während sie weiter vom Obstteller naschte. "Gebrochen klingt... naja, nicht sehr angenehm." Eigentlich wollte sie gerne noch fragen, was für ein Buch sich ihre Klassenkameradin letzte Woche aus der Bibliothek geholt hatte. Anscheinend war es ein sehr gutes, da sie Jelina noch vertiefter als sonst darin hatte lesen sehen, aber sie traute sich nicht, das Thema wieder auf Bücher zu bringen, da die Wolpertingerinnen offenbar nicht so interessiert daran waren.

Aber vielleicht könnte sie sie ja nach dem Fest im Langhaus danach fragen. Sie nahm den Obstteller und hielt ihn der anderen Nachtkrabs hin. "Magst du auch ein bißchen Obst? Vor allem die Schokofrüchte sind sehr lecker, aber der Rest auch. Alles sehr saftig."

Högni grinste noch immer, als er Anjuns Kompliment entgegennahm, um es gleich darauf zu erwidern. Der Junge war doch wirklich nett. Er wusste nicht, was manche an ihm zu bemängeln hatten. Irgendwie war Högni da vielleicht einfach offener als manche seiner Mitschüler. Mit Dominic hatte er auch nie ein Problem gehabt. Warum auch? Man musste ihn nur zu nehmen wissen (und im Ernstfall sich schnell ducken können, wenn er den Zauberstab zog).

Apropos Dominic.

Högni brachte seinen Besen weg und passierte auf dem Weg zurück Dominic, der sich etwas Abseits des Trubels hielt und ganz weltvergessen wirkte. Schnell und mit einem verborgenen Grinsen steckte er ihm unbemerkt den einen seiner zwei Birkenzweige an und ging dann ans Buffet, um mit einem vollbeladenen Teller zu Amabella hinüber zu kommen. "Na, wie sieht es aus?", wollte er wissen. "Habe ich was verpasst?" Er ließ sich neben ihr nieder und steckte ihr ganz unauffällig den zweiten Birkenzweig zu. Dann widmete er sich dem Fingerfood auf seinem Teller.

Dominic war gedanklich ganz woanders und vollkommen mit sich selbst und seinen Gedanken und seinem Leben beschäftigt, während er die Sterne betrachtete. Als er eine Weile so dagelegen hatte, durchzuckte ihn die Erkenntnis, dass es selbst Zauberer gab, die glaubten, dass da oben in den Sternen ihre alltäglichen Problemchen vorweg genommen worden waren. Als ob der Weltwille oder Schicksal oder wie man es auch nennen wollte, wie ein offenes Buch jede Nacht über einem hängen würde. Der Ärger über diese unbegründete Arroganz holte ihn in die Wirklichkeit zurück, die sich anders anfühlte als die, die er verlassen hatte. Er setzte sich auf und entdeckte an sich einen Birkenzweig. Dominic verzog seine sowieso schon missmutige Miene noch ein Stück weiter. Das war ein Scherz.
Er blickte sich um, konnte aber keinen Täter entdecken. Je nachdem war das ein netter Scherz oder eine bösartige Gemeinheit. Dass so ein Birkenzweig absichtlich und mit hehren Absichten angesteckt wurde, konnte er sich in seinem Fall nicht vorstellen. Er warf seiner Umgebung noch einen bösen Blick zu, dann zückte er den Zauberstab und ließ den Birkenzweig ins Feuer fliegen. Er hatte sich dafür entschieden, dass es eine bösartige Gemeinheit war, ebenso wie seine Wahl zur Oberhexe. Er legte sich wieder hin und blickte wieder ins Leere.

Amabella hatte sich nur halbherzig mit ihrem Essen beschäftigt und eher Högni beobachtet. Wie gut er doch aussah und wie gewitzt er war. Einfach toll. Und doch... Jetzt nicht verzweifeln, Bella, du kriegst ihn schon noch rum! meldete sich ihre innere Stimme zu Wort. Sie beobachtete ihn weiter, bis er sich wieder zu ihr setzte.

"Hey, ihr habt ja ne ganz schöne Show da abgeliefert." meinte sie zu ihm, während sie ihm seinen Hut zurückgab. "Ansonsten ist es noch genauso wie vor einer Viertelstunde, als ihr losgeflogen seid. "

Dann lachte sie. "Was hälst du davon ein kleines Milchorakel zu machen. Ich halte zwar nichts von Wahrsagerei, aber die einschlägige Literatur geht von mystischen Energien am heutigen Abend aus. Wer weiß, was dann so was ergibt."

Eulalia stand einige Zeit etwas verloren an einer Seite und aß. Sie musste immer noch über ihre Niederlagen hinweg kommen, aber war schon wieder fast gut drauf. Jetzt musste sie das nächste bisschen in Angriff nehmen. Aber da brauchte sie nicht kämpfen, denn da hatte sie schon gewonnen. Grinsend scannte sie die Menge der Schüler auf der Suche nach Anselm.
Es dauerte kurz, aber dann fand sie ihn. Schnell holte sie ihren Birkenzweig hervor und ließ ihn schnell und präzise an Anselms Gürtel heften.
Dann lief sie zu ihm herüber: "Na du Flugass. Wieder gelandet?" fragte sie scheinheilig, aber grinsend.

"Tolle Idee." Högni war sofort Feuer und Flamme. Er hatte ohnehin nicht wirklich viel Hunger. Die Nacht war viel zu aufregend, um viel zu essen oder sich gar damit die Zeit zu vertreiben. "Und von den anderen traut sich nicht wirklich jemand. Dabei hatten wir es in Wahrsagen bereits. Milch habe ich auch am Buffet stehen sehen - schon abgemessen in Holzschalen." Er stellte seinen Teller auf der Picknickdecke beiseite und zog Amabella auf die Beine. "Weißt Du schon, was Du das Orakel fragen wirst? Ich helfe Dir auch bei der Auslegung." Da die Fragen nicht laut gesprochen werden konnten, war dieser Teil immer besonders amüsant, wie Högni fand.

Anselm hatte sich mit am Längsten in der Luft gehalten, dafür nicht ganz so sehr auf spektakuläre Manöver gesetzt wie einige andere Mitglieder der AG. Schließlich war er dann aber doch gelandet und überlegte, wie er Eulalia seinen Birkenzweig unauffällig unterjubeln konnte, als sie auch schon auf ihn zugerauscht kam und ihm keine Chance ließ, sich einen Plan auszudenken. Einfach überreichen wollte er ihn aber auch nicht. Vertrackte Sache.
"Naja, du weißt doch, dass ich gedanklich nie wirklich lande, sondern eit über den Wolken throne." Anselm fummelte an seinen Haaren herum, verhedderte sich aber gründlich.
"Ouch!" Seine Finger steckten irgendwie mit in dem Flugdutt drin und jede Bewegung tat weh. Er setzte eine Leidensmiene auf. "Euuuuuuuulchen, kannst du mich befreien? Das ist meine Zauberstabhand und mein Lieblingshaar."