Hauptgebäude: Bibliothek (1. OG)

Die Bibliothek ist ein magisch vergrößerter Raum, der nach einer Mischung aus altem Papier und Pergament riecht. Es ist hier so still, dass man das Rascheln der Seiten hört und die Bewegung der magischen Bücher in den Regalen. Betritt man den Raum, findet sich rechts der Arbeitsplatz von Herrn Kesselflicker, dem Bibliothekar.

Hier steht auch der große Zettelkasten in dem alle Bücher alphabetisch verzeichnet sind. Leider hilft das nur bedingt, weil ständig Bücher ausgeliehen sind oder sich selbst umstellen. Herr Kesselflicker kennt seine Bücher allerdings und weiß eigentlich trotzdem immer, wo sie sich aufhalten. Im Zweifelsfall sollte man also ihn fragen. Mit dem passenden Buch kann man sich dann an einen der Tische setze, die zu kleinen Gruppen zusammen gestellt wurden und jeder eine Tischleuchte besitzt. Wer es gerne ruhig mag, kann hier ausgezeichnet Hausaufgaben machen. Reden und Essen ist aber natürlich verboten.

pp: Hauptgebäude: Eulerei (Glockenturm)

Immer noch leise pfeifend - er variierte "Zogen einst fünf wilde Schwäne" vor sich hin - war Dominic die Treppe wieder herabgestiegen und der Bibliothek entgegen gegangen. Als er die Hand auf die Klinke legte, hörte er auf zu pfeifen, es gehörte sich schließlich nicht, in der Bibliothek Krach zu machen. Außerdem hatte er heute schwierige und nervtötende Arbeit vor sich. Wenn Anjun glaubte, dieses Buch würde für ihn immer verschlossen bleiben, dann irrte er sich gewaltig. Zugegeben, er war mit konventionellen Methoden nicht weiter gekommen, aber die Auseinandersetzung mit diesem Fatzke Anaximander hatte ihn gestern Abend auf die Idee gebracht, die Antwort in Anjuns Vergangenheit zu suchen. Das würde zu diesem degenerierten Reinblüterpack passen. Sie verfügten zwar über immenses gehortetes Wissen, aber vieles über sie war auch ganz gut dokumentiert. In der Geschichte der Baccaracus gab es sicher den entscheidenden Hinweis, den er brauchte. Irgendein Zauber, den ein Vorfahre erfunden hatte vielleicht oder eine Geschichte, die man sich über die Familie erzählte enthielt einen Schlüssel. Es gab diverse Möglichkeiten. Dominic hielt zwar nicht viel von Familiengeschichte, egal ob die von Muggeln, Magiern oder seiner eigenen, aber wenn es zielführend war, musste er sich doch durchleiden. Erneut holte er sich den Gotha aus dem Regal, ein Handbuch zur Genealogie des deutschen Zaubererblutes, eine Bibliographie zur Zauberergeschichte am Niederrhein und eine für das Rheinland - er meinte zu wissen, dass sie irgendwo am Rhein lebten, aber wo genau, das würde er erst noch herausfinden müssen - und setzte sich damit an seinen Stammplatz, um Literatur zu suchen.

'Gemeinhin wird der von den Baccaraccus als "Spiegelbann" bezeichnete magische Effekt für eine antiquierte Form des Fidelius-Zaubers gehalten. Als zusätzlichen Schutz vor Muggeln und auch, um neugierige Blicke von ihren Ländereien fern zu halten, setzte die Familie Baccaraccus wahrscheinlich unter Gieselgrimm Baccaraccus diese Legende in die Welt.' Dominic rieb sich ein wenig müde die Augen und blickte auf seinen beschriebenen Pergamentbogen. Auch dieses Buch hatte ihm nicht weitergeholfen, das Buch zu öffnen, das Anjun ihm geliehen hatte. Er kannte jetzt wahrscheinlich mehr Erfindungen der Familie als Anjun selber, aber auf einen Hinweis zur Öffnung des Buches hatte er nicht gefunden.
Dominic streckte sich und dachte über das soeben Gelesene nach. Das war doch im Wesentlichen das, was er auch gesagt hatte, nämlich dass der Spiegelbann nur eine Umschreibung einer Zauberwirkung war, die das Reich der Baccaraccus umgab. Sowieso ein sehr seltsamer Clan. Er wusste nicht so wirklich, was er von dieser Statistik halten sollte, dass in dem Bereich, den man dieser Familie zurechnete, signifikant mehr Kinder spurlos verschwanden. Und dann auch noch die Legenden von Zauberern, die gar nicht so gruselig aussahen, aber dennoch Kinder fraßen. Das deckte sich mit Dominics Wissen, dass Sabberhexen eher ein Problem in Franken waren. Das konnte also nicht darauf bemühen. Hatten die Baccaraccus damit wirklich etwas zu tun, wie einige Autoren vermuteten? Blutrituale? Was er bislang so gelesen hatte, könnte das sogar im Rahmen des Möglichen liegen. Anjun wirkte zwar nicht so, aber seine Menschenkenntnis war schließlich nicht seine Stärke, das wusste er sogar, wenn es ihm für eine Vermutung zupass kam.
'Blutopfer, schwärzeste Magie... So ein mieser kleiner Bastard.' Dominic betrachtete das Buch nachdenklich. Ob man es auch nur mit einem Blutopfer öffnen konnte? Er sollte es heute Abend mit einem Tropfen ausprobieren.

Ein merkwürdiges Geräusch holte Dominic aus seinem vernebelten Gegrübel. Er gähnte herzhaft, denn die Luft in der Bibliothek war wirklich schlecht geworden in der Zeit, seitdem er hier gesessen hatte. Da war das Geräusch erneut, es war unzweifelhaft sein Magen, der Aufmerksamkeit und in erster Linie Füllung verlangte. Vielleicht nicht die schlechteste Idee, fand Dominic. Er hatte den ganzen Nachmittag entgegen seiner Planung in der Familiengeschichte der Baccaracus herumgeschnüffelt und schwankte jetzt zwischen dem Gefühl, ein schmutziger kleiner Eindringling in die Privatsphäre anderer Leute zu sein und der Abscheu über all das, was er über die Familie so gelesen hatte. In der Anfangszeit mit Grindelwald sympathisiert, unausrottbare Gerüchte über Kindesentführungen und Blutopfer, bewusste Verwendung schwarzer Magie. Und das eigentlich schockierende war: Es waren nicht nur bloße Gerüchte, wie es sie immer in der Welt gab, nein. Die Gerüchte wurden auch durch namhafte Autoren in ernstzunehmenden Untersuchungen behandelt und erhärtet.
"Was für Drecksäcke. Und sowas lässt man an die Schule." murmelte Dominic, während er die Bücher wieder in ihre Regale zurückbrachte. Was für eine durch und durch verdorbene Familie das doch war, mit der er es plötzlich zu tun bekommen hatte. Er wusste nicht, ob ihm das gefallen sollte. Er spürte in sich einen gewissen Unwillen, sich weiter mit dem Buch zu beschäftigen und es einfach Anjun zurückzugeben, aber dann müsste er eine Niederlage eingestehen. Und er müsste zugeben, dass er nicht in der Lage war, das Buch zu öffnen. Was für eine Schmach wäre das denn? Nein, das würde er nicht zulassen. Wenn es nicht so gelang, würde er Hilfe brauchen. Aber wen sollte er fragen? Darüber musste er noch einmal schlafen. "Und dann will ich nie wieder was mit ihm zu tun haben." Dominic schauderte es trotz der Wärme. "Was für ein ekliges und verlogenes Pack." Mit diesen Worten verließ er die Bibliothek und machte sich auf zum Speisesaal. Sein Magen verlangte schließlich nach einer Mahlzeit.

tbc: 16:00-16:30: Teetrinken und Freizeit: Hauptgebäude: Speisesaal