(7.-9. Klasse) Zaubertränke-Pavillon (1) - BEENDET

Damit unachtsame Schüler beim Kochen der Tränke nicht ausversehen die ganze Schule in die Luft jagen oder in Flammen aufgehen lassen, findet sich auf Rungholt der Unterrichtssaal für das Fach Zaubertränke in einem Pavillon in der Nähe der Gewächshäuser. Der Pavillon ist rund mit einem großen Abzug in der Mitte und großen Glasfenstern. Es stehen mehrere Arbeitstische (unter welchen sich die Materialien in Schubladen befinden) mit Feuerstelle für die Schüler bereit. Ein großer Schrank mit Zutaten befindet sich an der Wand vorne beim Lehrerpult.

Vor sich hin summend schloss Magister Mistelfeld den Zaubertränke-Pavillon auf und machte als erstes ein Feuer unter den Kesseln. So viele Schülerkessel und kein Feuer darunter, das wäre einfach zu deprimierend. Die Lehrerin für Zaubertränke holte ihr Lehrbuch aus dem Schrank und blätterte ein wenig herum.

Sie wollte das Schuljahr gleich mit Trankbrauen beginnen, ohne langweilige Theorie oder gar Abfragen. Die Schüler mussten sich schließlich erst wieder an das Leben an der Schule gewöhnen nach den langen Schulferieen. Da würden sie einen mittelschweren Trank brauen. Für die Neuntklässler wäre das eine einfache Widerholung und die Siebtklässler würden nicht gleich überfordert werden.

So lange noch keine Schüler im Raum waren, trällerte Magister Mistelfeld ganz ungeniert vor sich hin und trat zum Schrank, um zu kontrollieren, ob denn auch genug Zutaten für heute bereit lagen.

Gut gelaunt kam Tethys in den Tränke-Pavillon. Magister Mistelfeld war offensichtlich wieder einmal bester Laune und sang vor sich hin. Die Feuer brannten schon unter den Kesseln und Tethys freute sich irgendwie auf die erste Stunde des neuen Schuljahrs. Sie ging zu einem der Arbeitstische und warf ihre Schultasche fast achtlos darauf. Dann ging sie in die Hocke und zog die Schubladen auf, um zu sehen, ob alle Arbeitsmaterialien vorhanden waren, die sie heute brauchen würde. Als Squib durfte Tethys am Unterricht in Begleitung eines magisch begabten Schülers teilnehmen. Da das in ihrer Altersstufe praktisch jeder Schüler war, musste sie aber auch nichts achten. Egal wer mit ihr arbeiten würde, würde für sie genau richtig sein.

Sevda war von der Eulerei nur schnell zum Frühstück gehuscht, um sich dort ein Brötchen zu holen - der Brief an ihren Vater hatte sie zu viel Zeit gekostet, so sehr hatte sie ihn mit Dankesworten überschwallt - und jetzt huschte sie noch kauend in den Zaubertrankpavillon. Noch war sie pünktlich, und sie setzte sich neben Tethys.

Sie trug ihre Haare heute absichtlich in einem Zopf, damit man ihre neuen Ohrringe auch gut sehen konnte. So glücklich und vor allem so selbstbewusst hatte sie sich schon lange nicht gefühlt. Zaubertränke war nicht gerade ihr Lieblingsfach, vor allem nicht, wenn es ans Tränkebrauen selbst ging (wonach es heute ganz aussah), aber nicht einmal das konnte ihr heute die Laune verderben. Nichts hätte ihr die Laune verderben können. Sie strahlte übers ganze Gesicht.

Tethys grinste Sevda vergnügt an, als sich das Mädchen neben sie setzte. Mit Sevda arbeitet Tethys gerne zusammen. Sie waren sicher nicht das beste Team in ihrer Klasse, aber meist bekamen sie ihre Tränke doch ganz gut hin. Tethys hatte ein glückliches Händchen mit magischen Zutaten und Sevda korrigierte sie immer rechtzeitig, wenn Tethys wieder etwas überlesen hatte.

Ein Moment verstrich, dann sprang Tethys wie von der Tarantel gestochen auf. "Oh..." Und dann fiel sie Sevda um den Hals. "Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag." Sie drückte das Mädchen fröhlich. "Puh, hätte ich fast vergessen", gab sie dann zu. "Hast Du schon Geschenke bekommen?" Sie sah Sevda kurz prüfend an. "Die Ohrringe, sind die neu?" Sie waren sehr hübsch und hübsche Dinge stachen Tethys immer gleich ins Auge.

Tatjana stolperte über die Insel und versuchte sich daran zu erinnern, wo der Zaubertränkepavillon war! Wenn sie Aaltje doch nur nicht aus den Augen verloren hätte! Doch da fand sie den Pavillon und trat erleichtert ein.

Tethys und Sevda waren schon da; und natürlich die Magister! Etwas schüchtern blieb sie in der Tür stehen, fasste sich dann jedoch ein Herz und lief auf die Mädchen zu.

„Sevda! Ich habe dich beim Frühstück vermisst!“ Sie lächelte Tethys grüßend an, blickte dann aber wieder zu Sevda. Ihre Wangen glühten und ihr Herz stieß gegen ihre Rippen, als sie grinste. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!“ Sie war sie nicht sicher, ob eine Umarmung angebracht war und streckte deshalb nur schüchtern eine Hand aus.

Amy betrat den Pavillon und blickte sich um. Nur ein paar 8. Klässler. Prima. Ohne Umschweife suchte sie sich einen Tisch aus, pfefferte ihre Tasche auf das Pult und marschierte mit beschwingten Schritten – unauffällig, aber höflich genug – zu Magister Mistefeld.

„Guten Morgen, liebe Magister Mistelfeld.“ Ihre Stimme war vielleicht einen ticken zu freundlich, als sie die Arme hinter dem Rücken verschränkte und neugierig in den Schrank lugte, in dem die Magister gerade wühlte.

„Ich hoffe, Ihnen sind die Ferien genauso gut bekommen wir mir?“ Sie lächelte ein unschuldiges Lächeln und es hätte nur noch der Heiligenschein über ihrem Haupte gefehlt.

Sevdas Wangen glühten, als Tethys ihr zum Geburtstag gratulierte und als das Mädchen sie dann auch noch auf die Ohrringe ansprach, konnte sie mit dem Grinsen gar nicht mehr aufhören.

"Ja, das sind meine ersten Geschenke", plapperte Sevda drauf los, "die habe ich von meinem Baba bekommen, sind die nicht wunderschön? Ich glaube, er hat sie in der Türkei gekauft diesen Sommer! Und von meinen anderen Geschenken weiß ich noch gar nichts, die von annem und ninem hab ich noch in meinem Koffer, und auch ein Päckchen von Alena aus der Türkei, aber ich hatte heute Morgen noch keine Zeit, sie auszupacken, vielleicht mach ich das vor dem Mittagessen, oder danach, ich weiß es noch nicht. Anne hat wahrscheinlich eh nur şekerler und Börek und Simit eingepackt für mich, manchmal denke ich, sie glaubt wir haben hier nur Froschlaich und Käferaugen zu essen oder so. Willst du nachher mitkommen, wenn ich die Geschenke auspacke?"

Sevda hatte geredet wie ein Wasserfall, und sie hatte nicht einmal bemerkt, dass sie manches auf Türkisch gesagt hatte. Gerade schnaufte sie noch durch vom vielen Reden, da kam Tatjana in den Pavillon und direkt auf sie zu.

//„Sevda! Ich habe dich beim Frühstück vermisst! Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!“//

Auch Tatjana schenkte Sevda ein strahlendes Lächeln, ignorierte die ausgestreckte Hand und zog Tatjana direkt in eine kurze Umarmung. "Danke! Ja, ich hab heute morgen ein bisschen verschlafen, für Frühstück war da keine Zeit mehr. Aber das macht gar nichts, ich habe grade Tethys schon erzählt, dass meine Mama mir wahrscheinlich türkisches Gebäck mitgegeben hat, nach der Stunde renne ich dann einfach schnell zum Zimmer und hole mir was. Soll ich euch dann auch was mitbringen? Es ist bestimmt alles super lecker!"

Wer Sevda kannte, musste überrascht sein von ihrer Quirligkeit heute - natürlich hatte sie oft gute Laune und wenn sie Leute gut genug kannte, dann redete sie oft lebhaft und viel. Aber heute war ein ganz besonders guter Tag. Sevda liebte Geburtstage, und gerade stellte sie fest, dass sie Geburtstage in Rungholt noch viel mehr liebte.

Hiroto betrat den Pavillon und blickte sich um. Ein paar Mädchen waren schon da, aber Luca noch nicht. Missmutig stapfte er zu einem leeren Pult und begann wahllos Utensilien in den Schubladen zu sortieren. Er wusste noch gar nicht, was heute drankommen sollte oder was er brauchte. Aber er musste sich beschäftigen.

Er war nicht glücklich über die erste Schulstunde, obwohl es einer seiner Lieblingsfächer war. Hauptsächlich, so dachte er, während er ein paar Phiolen begutachtete, weil es Matts Lieblingsfach war. Er selbst hatte mehr Unfälle provoziert, als Tränke hergestellt. Aber wer würde schon so kleinlich sein?

Er blickte sich um, aber Matt konnte er nicht sehen. Schade, dachte er und runzelte die Stirn, während er noch immer unstet in den Utensilien wühlte. Das Gehabe der Mädchen interessierte ihn wenig.

Meredith kam im Pavillon an und steuerte ohne von ihrem Buch aufzublicken auf einen freien Arbeitstisch zu, der abseits stand. Wer auch immer es wagen sollte, sich zu ihr zu gesellen, würde sie kennen lernen. Sie legte das Buch, in dem sie gerade gelesen hatte, auf den Tisch, blickte auf und erkannte noch keine Arbeitsanweisung.

Seufzend setzte sie sich und las weiter in ihrem Buch.

Tatjana grinste; Sevda schien sich sehr zu freuen. Die Ohrringe waren wirklich sehr schön und Tatjana begutachtete sie so gut es ging, obwohl Sevda so hibbelig wie noch nie war.

„Ich würde gern etwas von dem Gebäck probieren. So etwas habe ich noch nie gegessen.“ Dann biss sie sich auf die Unterlippe. „Aber ich will dir nichts wegessen.“

Etwas beklemmend fühlte sie sich doch; gern hätte sie Sevda ein Geschenk gegeben, aber sie hatte noch gar nichts da. Hoffentlich, so dachte sie, würde ihre Mutter ihr den Gefallen tun und ihr das Briefpapier heute Abend zuschicken? Sie schluckte.

„Aber heute darfst du alles machen!“ Sie grinste Sevda an und umklammerte weiter ihre Schultasche. „Alles, um einen tollen Geburtstag zu erleben! Ich mache auch überall mit.“


(OOC: nicht wundern wegen der Sitzordnung, ich schicke Tatty noch auf keinen Platz, weil bisher nur „meine“ Charas anwesend sind. Sobald jemand anders „frei“ ist, geht Tatty an einen anderen Platz)

Als Luca das Zimmer betrat fiel sein Blick zuerst auf das noch stehende Mädchen. Das war die, die beim Frühstück so unhöflich gewesen war. Er warf ihr einen finsteren Blick zu und schaute sich dann in dem Zimmer um. Mattias war nicht da und das gefiel ihm ganz gut. Dann entdeckt er Hiro und ein Lächeln stahl sich kurz auf seine Lippen. Schnurstracks lief er zu ihm hin und setzte sich neben ihn.

„Hallo Hiro“, begrüßte er ihn mit sanfter Stimme.

Mattias lächelte breit, als er den Pavillion betrat. Er hatte ausgesprochen gute Laune. Heute wäre also seine erste Unterrichtsstunde – wenn auch nur als Assistent. Federnden Schrittes durchquerte er den Raum, zwinkerte Hiroto kurz zu und gesellte sich zu Magister Mistelfeld.

„Einen wunderschönen guten Morgen!“, begrüßte er sie gut gelaunt. Er hatte sich mit ihr schon abgesprochen. Er würde heute eher im Hintergrund sein und sie würde ihn einsetzen können, wo immer sie ihn brauchen konnte.

Ziphin gähnte, als er das Zimmer betrat. Es war einfach noch viel zu früh am morgen! So frühe Stunden sollten verboten sein. Aber dennoch war Ziphin ziemlich froh, dass sie Zaubertränke hatten. Hier würde man seinen Zauberstab nicht großartig brauchen. Er würde es schon schaffen, das mit der Strafe geheim zu halten.

Er sah sich um und bemerkte Hiro, der neben Luca saß. Tatsächlich, Luca war da! Und sie saßen nebeneinander. Ziphin grinste. Hiro hatte gestern Abend wohl wirklich den Teufel an die Wand gemalt. Luca sah nicht danach aus, als wolle er Hiro das Leben schwer machen wollen. Er hob die Hand zum Gruß, war sich aber nicht sicher, ob es einer der beiden überhaupt gesehen hatte.

Dann erblickte er „seine“ Mädchen. Sevda saß neben Tethys und Tatjana stand daneben und unterhielt sich mit ihnen. Er könnte sich neben Tatjana setzen! Nun, da der Platz neben Hiro eh besetzt war ... Ziphin ging grinsend auf die Mädchen zu.

„Yo Leute“, begrüßte er sie. „Alles klar? Oi Tatjana, setzt du dich neben mich?“ Es war noch früh am Morgen und er war gerade auch zu fixiert auf das sich-neben-Tatjana-Setzen, daher vergaß er total, Sevda zu ihrem Geburtstag zu gratulieren.

Auf dem Weg zum Pavillon hatte Aaltje Tatjana aus den Augen verloren, sie hatte ihr aber erklärt wo sie hinlaufen musste und hoffte, dass sie ihren Weg finden würde. Etwas abgehetzt und schwer atmend kam sie in den Raum und seufzte erleichtert auf. Es waren noch nicht alle da! Verlegen zupfte sie einmal kurz an ihrem neuen Haar und steuerte auf Sevda, Tatjana, Tethys und Ziphin zu. Sie grüßte schon von Weitem und blieb dann vor Sevda stehen. Etwas unbeholfen fummelte sie am Band ihrer Tasche herum. „Em ja, ich wünsche dir alles Gute, also zu deinem Geburtstag und so.“, druckste sie herum. Es war wahrlich das erste Mal, dass Aaltje jemandem zum Geburtstag gratulierte, überhaupt wusste, dass jemand Geburtstag hatte. Ihren eigenen kannte keiner.

Und plötzlich stand Ziphin neben ihr! Unwillkürlich musste sie grinsen und lief sogar rosa an, als er sie auffordernder, sich neben ihn zu setzen. Eine ganze Stunde mit Ziphin? Das war eine großartige Aussicht!

„Sehr gerne!“ Tatjana biss sich auf die Unterlippe; war das jetzt sehr unhöflich? Aber er würde ihr ihre Dreistigkeit doch nicht übel nehmen, oder?

Dann sah sie einen großen Mann durch den Pavillon laufen; sein Äußeres hypnotisierte sie fast und sie starrte ihm hinterher. Er ging schnurstracks auf Magister Mistelfeld und die kleine 7. Klässlerin zu. Wer war das denn?

Er war ja eigentlich auf alles vorbereitet; und eigentlich brauchte es ihn nicht zu wundern, aber als Luca so plötzlich neben ihm stand, erschrak Hiro kurz. Schnell setzte er eine unbekümmerte Miene auf. Sie hatten sich an diesem Morgen noch gar nicht gesehen; ein Kunststück, wenn man bedachte, dass sie sich ein Zimmer teilten.

„Guten Morgen, Luca.“ Seine Stimme klang nicht besonders freundlich und er wühlte weiterhin in den niedrigen Regalen unter dem Tisch, ohne zu wissen, wonach er eigentlich suchte.

Und dann kam Matt. Sein Herz schien stehen zu bleiben und er vergaß zu atmen. Er war es wirklich! Er würde seinen Zaubertrank-Unterricht gestalten! Und dabei hatte er doch irgendwie gehofft, es sei nur ein Scherz…

Ein Lächeln stahl sich auf seine Züge und er steckte den Kopf schnell wieder in die Regale, damit Luca sein dämliches Grinsen nicht sehen konnte.

Amy blieb die Spucke weg, als sich plötzlich ein großer Mann mit schwarzen Haaren neben sie und Magister Mistelfeld gesellte. Wo kam der denn her? Wer war er? Dunkel erinnerte sie sich an die Rede von Direktorin Klotterbeck… ein Praktikant?

Sie musste sich zwingen, den Mund zu schließen, aber anstarren musste sie ihn trotzdem. Schnell erholte sie sich von ihrer Starre und grinste ihn an. „Guten Morgen.“ Ihre Stimme klang ganz heiser, deshalb räusperte sie sich und versuchte es noch einmal. „Guten Morgen. Ich habe gerade Magister Mistelfeld nach den Ferien gefragt… aber… naja… Und wie waren Ihre Ferien?“

Mist! Am Liebsten wäre Amy im Boden versunken! Wie konnte sie so etwas Bescheuertes nur fragen! Ihre Wangen liefen rot an und sie hoffte inständig, nicht beobachtet zu werden!

Luca vernahm sehr wohl den nicht gerade freundlichen Unterton in Hiros Stimme. Im ersten Moment fühlte er sich gekränkt und verletzt, doch rasch verdrängte er diese Gefühle und ließ stattdessen zu, dass Wut in ihm aufkam. Hiro sollte sich glücklich schätzen, dass er extra wegen ihm hierher gekommen war und aufhören, sich so komisch zu verhalten! Für niemand anderen hätte Luca diese schreckliche Schule auf sich genommen. Hiro sollte sich geehrt fühlen.

Einen kurzen Blick auf Hiros Grinsen konnte er sehen und er folgte seinem Blick nach vorne. Mattias Lonsky. Seine Augen verengten sich. Dass Mattias sich überhaupt noch „Lonsky“ nennen durfte! Nach all dem, was er getan hatte. Lucas Hände verkrampften sich zu Fäusten. Er ließ den Blick weiter gleiten und erkannte Ziphin, der sich ausgelassen mit fremden Mädchen unterhielt. Mit dem einen Mädchen, das so unhöflich zu ihm gewesen war! Lucas Laune hatte ihren Tiefpunkt erreicht.

„Diese Scheißschule schlägt mir jetzt schon auf den Magen“, murmelte er und verschränkte die Arme vor der Brust; die Hände hatte er immer noch zu Fäusten geballt.

Hiro tauchte wieder auf und sah Luca an, der mit geballten Fäusten und verschränkten Armen dastand. Hiroto musste sich ein Grinsen verkneifen.

Unbekümmert stand er auf und zuckte mit den Schultern. „Du solltest nicht fluchen; das steht einem Lonsky nicht.“ Er folgte Lucas Blick; zuerst Matt, dann auch noch Ziphin. Und wieder unterdrückte er ein Grinsen.

„Du wusstest, was auf dich zukommt. Das hier ist eine Schule und kein Privatunterricht. Hier läuft nun Mal nicht alles nach deinem Willen.“ Er näherte sich dem etwas kleineren Jungen und blickte auf ihn hinunter. Es hätte auch bedrohlich wirken können. Als er sprach, flüsterte er nur.

„Hier gibt es kein Dunkles Zimmer, in das du Leute zum Spaß einsperren könntest. Gewöhn dich dran, Herr Lonsky.“ Je schneller Luca es lernte, desto besser war es. Für alle.

Luca durchfuhr es wie einen Blitz. Doch dann änderte sich seine Haltung von einem Moment auf den anderen und als er zu Hiroto auf sah, da lächelte er sanft. Doch seine Augen waren eiskalt und bohrten sich in die des größeren Jungen. Ganz langsam lehnte sich Luca vor, hob die Hand und legte sie an Hiros Wange.

„Warum sagst du solche Sachen?“, fragte er und auch seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „In letzter Zeit bin ich nachsichtiger geworden ... aber damit hast du mir sehr wehgetan. Muss ich dir noch einmal Disziplin beibringen? Das Zimmer habe ich noch immer für dich reserviert. Muss ich dich nochmals dort einsperren und dich daran erinnern, was du verlernt hast?“

Luca lehnte sich zurück und lehnte sich lässig in seinem Stuhl zurück, ohne Hiro aus den Augen zu lassen. "Aber weißt du, was ich glaube?", fuhr er gelassen fort, noch immer milde lächelnd. "Ich glaube, du kannst nichts dafür. Ich glaube, es ist dieses Umfeld, das dich verdirbt. Vorhin beim Frühstück waren auch zwei Mädchen sehr unhöflich zu mir. Das scheint auf dich abzufärben. Vielleicht sollte ich besser ihnen Disziplin beibringen ..."

Hiroto fühlte Lucas eisige Hand an seiner Wange und ein Schauer lief ihm über den Rücken. Am liebsten hätte er ihn angeschrien und hätte sich aus der Berührung gewunden. Aber er erstarrte. Von ihm aus konnte Luca ihn die ganzen Ferien über in das Dunkle Zimmer sperren, aber hier auf Rungholt, war er frei! Frei mit seinen Freunden Zeit zu verbringen, frei, das zu sagen, was er wollte! Selbst wenn er in Lucas Gunst fiel und damit seine Eltern, er wollte sich nicht sein Leben von Luca bestimmen lassen! Nicht hier auf Rungholt!

Dann plötzlich erstarrte er. Was hatte Luca da angedeutet? Langsam blickte er in die Richtung, in der die 8. Klässler standen und sich unterhielten. War das nur wieder eine Drohung? Aber nein, solche Dinge nahm Luca ernst.

Hiro lief kreidebleich an. Er wusste, Luca war geschickt und gut genug, jemandem einen Fluch an den Hals zu hetzen, ohne dass es jemand mitbekam; ohne dass man ihm etwas nachweisen konnte. Ein Lehrgeschenk seines Vaters…

„Nein.“ Hiro trat einen Schritt näher, um leiser sprechen zu können. „Es ist nicht das Umfeld! Lass sie in Ruhe!“ Er ballte eine Hand zur Faust und wusste plötzlich nicht mehr, was er tun sollte. Würde Luca wirklich einem Mitschüler etwas antun? Er blickte in die graublauen Augen und war sich sicher. Ja; er hatte Hiro in der Hand. Mehr, als jemals zuvor.

Natürlich zog Sevda an ihrem Geburtstag die Achtklässler förmlich an. Nur Ziphin schien ihn vollkommen vergessen zu haben. Tethys grinste, während Tatjana und Ziphin sich als Team zusammen taten. Ob das eine gute Idee gewesen war? Sie mochte Ziphin, aber ihre Tränke braute sie lieber mit Sevda. "Ich mag die Sachen auch probieren", sagte sie schließlich zu ihrer Tischnachbarin. "Ich weiß zwar schon nicht mehr, was das alles war, aber die Sachen von Deiner Mama sind immer lecker." Tethys hatte schon mehrmals etwas abbekommen, wenn Sevda ein Carepaket erhalten hatte. Sevdas Mama schien gerne zu backen und zu kochen.

Magister Mistelfeld schmunzelte vor sich hin, als Amalia herüber kam und sich gleich mit Mattias konfrontiert sah. Sie kannte den jungen Mann noch aus seiner eigenen Schulzeit. Hatten die Mädchen da auch so auf ihn reagiert? Oder war es einfach, weil er so ein hübscher junger Mann geworden war? Sie überließ Amalia Matt (oder umgekehrt) und wandte sich an die Schüler, die eifrig am Schwatzen waren.

"So, wir fangen dann gleich an", verkündete sie. "Setzt Euch schon mal alle auf Eure Plätze und schlagt das Buch auf Seite 138 auf. Wir werden heute die Schrumpflösung brauen. Lest bitte alle die zehn Punkte der Rezeptvorschrift durch. Dann besprechen wir den Trank noch einmal gemeinsam und danach könnt Ihr beginnen. Herr Lonsky wird herumgehen und helfen, wo es noch nötig ist. Wobei ich hoffe, dass Ihr den Trank auch ohne seine Hilfe ganz gut hinbekommen werdet."

Lucas Lächeln wurde breiter und dunkler, als er die Reaktion Hiros bemerkte. Er hatte einen Nerv getroffen, das wusste er. Endlich kehrte die Macht zurück, die er schon halb verloren geglaubt hatte. Er fühlte sich gleich unweiten besser. Das Schuljahr könnte doch noch gut werden.

//„Es ist nicht das Umfeld! Lass sie in Ruhe!“//

Luca sah Hiro kalt an. „Erteil mir keine Befehle“, zischte er, Worte, die er von seinem Vater schon sehr oft gehört und übernommen hatte. Er stellte die Ellbogen auf die Tischkante, faltete die Hände und legte sein Kinn darauf. Dann begann die Magisterin zu sprechen und er hob eine Augenbraue. Schrumpflösung? Wofür sollte so etwas nützlich sein? Doch er kramte sein Buch hervor und meinte, wie nebenbei, während er durch die Seiten blätterte: „Du solltest halt nicht gegen mich spielen, wenn du nicht willst, dass deine ‚Freunde’ als Bauernopfer enden.“ Er sah zu Hiro auf, lächelte und begann zu lesen.